Neue Zürcher Zeitung - 13.09.2019

(Romina) #1

2INTERNATIONAL Freitag, 13. September 2019


Die Flüchtlingslagerauf Lesbos sind überfüllt. GIORGOSMOUTAFIS / REUTERS

Hunderte Flüchtlinge pro Tag


(dpa)·Der Flüchtlingszustrom aus der
Türkei nach Griechenland dauert an.
Innert 24 Stunden erreichten bisDon-
nerstagmorgen 427 Menschen die Inseln
Rhodos,Lesbos und Samos im Osten
der Ägäis und damit die EU, wie die
griechischeKüstenwache mitteilte. In
den für rund 6300 Menschen ausgeleg-
tenRegistrierlagern auf Lesbos, Chios,
Samos, Leros undKos harren bereits
mehr als 20 000 Menschenaus.Weitere
4000 Menschen sind in kleineren Lagern
undWohnungen untergebracht.
Am Mittwoch war der Leiter des viel
kritisiertenRegistrierlagers von Moria
aufLesbos, GiannisBalbakakis, zurück-
getreten. Er gehe erhobenen Hauptes,
sagte er der griechischen Nachrichten-

agentur ANA MPA. «Ich bin müde.»
Humanitäre Organisationen kritisieren
seitJahren die Zustände in Moria und
anderenLagern auf denInseln.
Ein im März 20 16 geschlosse-
ner Flüchtlingspakt zwischen der EU
undderTürkei sieht vor, dass die EU
alle Flüchtlinge und Migranten, die
illegal über dieTürkei auf die griechi-
schen Inselnkommen, zurückschicken
kann. Die Bearbeitung der Asylanträge
kommt wegenPersonalmangels jedoch
auch heute nur mühsam voran. Die neue
konservative griechischeRegierung,die
seitJuli im Amt ist, hat angekündigt, die
Asylverfahren zu beschleunigen.Wer
kein Asyl bekommt, soll sofort in die
Türkei zurückgeschickt werden.

Ermittlungsverfahren


gegenMacron-Vertr auten


(dpa)·FrankreichsJustiz hat gegen den
Präsidenten der Nationalversammlung,
Richard Ferrand, ein Ermittlungsver-
fahren wegen desVerdachts der uner-
laubten Einflussnahme eingeleitet.Das
teilte die Staatsanwaltschaft von Lille
mit, wie die französische Nachrichten-
agentur AFP am Donnerstag berich-
tete.Ferrand ist einWeggefährte von
Staatspräsident Emmanuel Macron und
ein wichtigerPolitiker derRegierungs-
mehrheit. Hintergrund der Ermittlun-
gen ist ein Immobiliengeschäft aus der
Zeit, alsFerrand Chef der Krankenver-
sicherungsvereine der Bretagne war. Die
Enthüllungszeitung «Canard Enchaîné»
hatte bereits vor mehr als zweiJahren
berichtet, dass die Organisation 2011
Räume vonFerrands Lebensgefährtin
angemietet hatte. DerPolitiker hat stets
betont,rechtmässig gehandelt zu haben.


IN KÜRZE


Mehr Überwachung an
Bahnhöfen in Deutschland
(dpa)· Diedeutsche Bundesregierung
und die DeutscheBahn wollen die
Überwachung anBahnhöfen auswei-
ten. Wie Verkehrsminister Andreas
Scheuer (CSU) am Donnerstag mit-
teilte,wollen die Ministerien fürVer-
kehr und Inneres sowie die Deutsche
Bahn sechsWochen nach der tödlichen
Attacke auf ein Kind amFrankfurter
Hauptbahnhof die Zahl der Sicherheits-
kräfte anBahnhöfen erhöhen sowie die
Videoüberwachung und die biometri-
sche Gesichtserkennung ausweiten.
Am Hauptbahnhof vonFrankfurt am
Main hatte ein Mann EndeJuli einen
achtjährigenJungen und dessen Mut-
ter vor einen einfahrenden ICE gestos-
sen.Das Kind starb noch im Gleisbett.

Frankreichs Regi erung
trei bt Rentenreformvoran
(dpa)· Beider geplanten grossenRenten-
reform inFrankreich strebt dieRegie-
rung eineParlamentsabstimmung vor
der Sommerpause 2020 an.Das sagte
Premierminister Édouard Philippe am
Donnerstag inParis. ZurVorbereitung
des politisch heiklenVorhabens sind
bis Ende diesesJahres Gespräche mit
Sozialpartnern undBürgern geplant.Das
Projekt giltalswichtigste Sozialreform in
der noch bis 2022 dauernden Amtszeit
von Präsident Emmanuel Macron.Das
neueSystem soll von 2025 an eingeführt
werden und die Zersplitterung in Einzel-
systeme für bestimmte Berufsgruppen
beenden.Arbeitnehmer sollen auch dazu
gebracht werden,länger zu arbeiten.Aus
Protest gegen die Pläne haben Gewerk-
schaften für diesenFreitag zu einem
Streik inParis aufgerufen. Arbeitneh-

Ex-«Cumhuriyet»-Mitarbeiter
in der Türkei freige spro chen
(dpa)· Eine Kammer des obersten türki-
schen Berufungsgerichts hat im promi-
nentenVerfahren gegen ehemalige Mit-
arbeiter derregierungskritischen Zei-
tung «Cumhuriyet» denFreispruch für
fast alle Betroffene angeordnet.Fünf
von ihnen, die bereits im Gefängnis sas-
sen, sollen freikommen.Das sollte laut
dem Anwalt AbbasYalcin noch am
Donnerstagabend geschehen.Laut der
staatlichen Nachrichtenagentur Ana-
dolu unterliegen die fünf künftig aber
einerAusreisesperre.Ein weiterer be-
reits inhaftierter Mitarbeiter muss im
Gefängnis bleiben. Das Verfahren soll
gemäss Medien nun an das untergeord-
nete Gericht zurückgegeben werden.
Das ist normalerweise eineFormalie. In
dem auch international verfolgtenFall
waren im April 20 18 insgesamt drei-
zehn ehemalige Mitarbeiter der «Cum-
huriyet» zuteilweise mehrjährigen Haft-
strafen verurteilt worden.

Ferrand erklärte lautAFP nun, er wolle
sein Amt als Präsident der Nationalver-
sammlung weiterführen.

AUFGEFALLEN


Sturmwarnu ng


für die Wetterfrösche


Peter Winkler,Washington· Für die USA sind dieFolgen des
Wirbelsturms «Dorian» glimpflich ausgefallen.Das hat vor
allem mit viel Glück zu tun, weil derKurs des Hurrikans für
die Atlantikküste günstig war.Aber es hat auch mit den Pro-
gnosen undWarnungen zu tun, die der nationaleWetterdienst
jeweils mehrereTage imVoraus absetzt. Diese Prognosen er-
möglichen es der Bevölkerung und den Behörden, sich vorzu-
bereiten, was lebenswichtig sein kann. Manche munkeln zwar,
es werde gerne übertrieben und aufPanik gemacht. Aber es
hat sich noch nie jemand darüber beklagt, es seien zu wenige
Menschen umgekommen. Man nimmt es hin, dass dieWetter-
frösche übervorsichtig sind.
Mit «Dorian» ballten sich auch politische Gewitterwolken
über dem nationalenWetterdienst zusammen. Seine Exper-
ten hatten es gewagt, PräsidentTrump zu widersprechen, als
dieser ohne Grundlage eine dringende Sturmwarnung für den
Gliedstaat Alabama veröffentlichte.Trump war nicht amüsiert.
Sein Stabschef Mick Mulvaney, HandelsministerWilburRoss
und schliesslich auch die nationale Behörde für Meeres- und
Wetterforschung (NOAA), die über denWetterdienst gebie-
tet, waren sich alle nicht zu schade, die widerspenstigenWet-
terfrösche in Alabama zur Ordnung zu rufen, auch wenn diese
völligimRecht waren. Um Druck zu machen, drohteRoss der
Führung der NOAA sogar mit der Entlassung.
Zwar muss etwas einfältig sein, wer sich fürWettervorher-
sagen aufPolitiker verlässt. Aber gleichzeitig möchte man
doch hoffen, dass gewisse Dinge – wie etwaWetterprogno-
sen – nicht in den Strudel derPolitik geraten.Das scheint ein
frommerWunsch zu sein.DassPolitiker Experten zum Lügen
zwingen, kann gefährlich werden. So ist dieThese, mankönne
tropische Stürme mit Atombomben zerstören,bevor sie Scha-
den anrichten, offenbar nicht auszurotten. Einerihrer Anhän-
ger istTr ump. Die Meteorologiebehörde begründet auf ihrer
Website eingehend, warum das nicht funktioniert und auch
sonstkeine gute Idee ist. Bleibt zu hoffen, dass der Präsident
hier nicht eine weitere Unbotmässigkeit wittert.

Israel wei st Bericht
über Spionage zurück
(dpa)· Die israelischeRegierung hat
einen amerikanischen Medienbericht
über mögliche Spionage-Abhörtätig-
keiten in der Nähe des Weissen Hau-
ses inWashington zurückgewiesen. Das
Büro von IsraelsMinisterpräsident Ben-
jamin Netanyahu bezeichnete den Be-
richt als «unverfrorene Lüge». In einer
Mitteilung hiess es am Donnerstag:«Es
gibt eine langjährigeVerpflichtung und
eine Anordnung der israelischenRegie-
rung, keine Geheimdienstoperationen in
den USA auszuführen. DieseVorgabe
wird strikt umgesetzt, ohneAusnahme.»
Die Zeitung «Politico» berichtete unter
Berufung auf drei frühereamerika-
nische Geheimdienstmitarbeiter, die
USA seien in den vergangenen zwei
Jahren zum Schluss gekommen, dass in
der Nähe desWeissen Hauses entdeckte
Mobilfunk-Abhörgeräte wahrscheinlich
auf Israel zurückgingen. Die Geräte imi-
tierten dieFunktion von Mobilfunkmas-
ten und brächten Handys dazu, Informa-
tionen zu übermitteln.

Sieben Tote in der Türkei
nach Bombenexplosion
(dpa)· Bei einer Bombenexplosion im
kurdisch dominierten Südosten derTür-
kei sind sieben Dorfbewohner getötet
worden. Der Sprengsatz sei am Donners-
tag im BezirkKulp in der Provinz Diyar-
bakir explodiert, teilte die örtlicheRegie-
rung mit. Sie machte «Mitglieder einer
separatistischenTerrororganisation» für
dieTat verantwortlich. DieseFormulie-
rung verwenden türkische Behörden in
derRegel für Mitglieder der verbote-
nen ArbeiterparteiKurdistans (PKK).
Der türkische StaatschefRecepTayyip
Erdogan kündigte in einer vom Präsi-
dialpalast verbreiteten Erklärung an, es
werde alles in Bewegung gesetzt, um die
Verantwortlichen dieser «schrecklichen
terroristischenTat» zu fassen.

Schütze von El Paso
wegen Mordes angeklagt
(dpa)· Der mutmasslicheTodesschütze
von ElPaso ist inTexas wegen Mor-
des angeklagt worden. Bei einerVer-
urteilung droht dem21-Jährigen die
Todesstrafe, wie aus einer Mitteilung
der Staatsanwaltschaft vom Donners-
tag hervorgeht. DerTexaner wird be-
schuldigt, AnfangAugust in einerWal-
mart-Filiale in ElPaso an der Grenze
zuMexiko dasFeuer eröffnet und 22
Menschen getötet zu haben. Ermittler
behandeln die Bluttat als inländischen
Terrorismus.Die Ermittlungen hatten
ergeben, dass der Mann bei seinem An-
griff vor allem Mexikaner töten wollte.
Unter den Opfern war auch ein deut-
scher Staatsbürger. Der 21-Jährige hatte
sich schliesslich derPolizei ergeben und
sich selber als Schützen bezichtigt.

merkönnen inFrankreich derzeit mit
62 Jahren inRente gehen. EineRente
ohne Abzüge gibt es bei einemRenten-
eintritt vor 67Jahren aber nur unter be-
stimmten Bedingungen.

DerTatverdächtige, ein in der Schweiz
wohnhafter Eritreer, wurde gefasst und
ist vorläufig in einem psychiatrischen
Krankenhaus untergebracht.

JosefHöger,«BlickvomGartenauf BurgundSchlossLiechtenstein beiMödling», 1844
©LIECHTENSTE IN.ThePrincelyCollections ,Vaduz–Vienna

lgt.ch/values


«UnsereFamilieinvestiert


langfristig –seit1136.»


S.D. PrinzPhilipp vonund zu Liechtenstein ,LGT Chairmanseit 1990

VALUES WORTHSHARING

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