Die Zeit - 22.08.2019

(Nora) #1

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Wenn die AfD Muslime besucht, hilft Humor beim
Gesprächseinstieg. »Willkommen in unserer hochum-


strittenen Einrichtung«, begrüßt Reda Errafi seine Gäste.
Er ist Vorsitzender des Kulturvereins Assalam in Görlitz.


Hochumstritten, denn: Den Gebetsraum betrieb zuvor ein
Verein namens Sächsische Begegnungsstätte (SBS). Diese


rechnet der Verfassungsschutz den Muslimbrüdern zu. Die
Landesregierung bestätigte daraufhin dem AfD-Landtags-


abgeordneten Sebastian Wippel, dass es Hinweise auf eine
personelle Verbindung zwischen SBS und Assalam gebe.


Die AfD machte Stimmung auf Face book und mit Flug-
blättern: »Keine Islamextremisten in Görlitz dulden!«


Der Verein lud Wippel ein. Der sagte zu. Die Assalam-
Mitglieder staunten – und legten für einen Beamer zu-


sammen. Als das Treffen schließlich stattfindet, im Januar
2019, zeigen sie Bilder von ihrer Ex kur sion zur Polizei-
direktion, vom Fastenbrechen mit deutschen Gästen. Ihr
Verein, so ihre Botschaft, setze sich für In te gra tion ein,
wolle mit der SBS nichts zu tun haben.
Die AfD-Männer wirken bald weniger skeptisch. Und
wollen mehr wissen: Wie kommt der Imam zu den
Inhalten seiner Predigt? Müssen Kinder ihren Teppich im
Unterricht ausrollen? Wippel sagt, im Netz würden Mus-
lime diskutieren, ob der gute Muslim arbeiten gehen solle.
Errafi arbeitet als Ingenieur, ein weiteres Assalam-Mitglied
ist Produktionsleiter für eine französische Firma in Polen,
wohnt lieber in Görlitz. Ein Dritter war in Syrien Arzt
und macht gerade die Fachsprachenprüfung. Da klinkt
sich Wippels Büroleiter ein. Er sitze im Görlitzer Kreistag
im Gesundheits-Ausschuss, sagt er und fragt den Arzt, wie
lange so eine Anerkennung dauere, bis er dann in Deutsch-
land praktizieren dürfe. Er klingt ernsthaft interessiert.
In Görlitz fehlen Ärzte.

Schlichtungsgespräch,
Görlitz, 24. Januar 2 019
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