Süddeutsche Zeitung - 06.09.2019

(Michael S) #1

DieTeilnehmerliste ist soexklusivwie sel-
ten zuvor: DieVorstandschefsvonBASF,
Siemens und Allianz reisen nach Peking,
dazu dieAutobosse gleich aller drei großen
Hersteller.Daimler,BMW undVolkswa-
gen, niemand willfehlen dieser Tage.Zu
wichtig ist China als Absatzmarkt. 2018
wardie Volksrepublik zum dritten Mal in
Folge der größte deutsche Handelspart-
ner.Und im ersten Halbjahr 2019 nahm
das Handelsvolumen noch einmalumvier
Prozent auf fast 100 Milliarden Eurozu.
So gut die Zahlen sind, so unsichersind
dieZeiten. Peking politisiert die Wirtschaft
wienoch nie: DieKrise inHongkong, der
Handelskrieg mit den USAund ein zuneh-
mend unfairer ökonomischerWettstreit
verunsichern vieleUnternehmen.


Ganz offen erpresst die Zentralregie-
rung inPeking dieKonzerne in der ehema-
ligen Kronkolonie: Wenn ihr es nicht
schafft, dass eureMitarbeiter inHongkong
endlich aufhören zu demonstrieren,leidet
das China-Geschäft. Die Fluggesellschaft
CathayPaficichat das als Erstes zu spüren
bekommen, aber auch Rechnungsprü-
fungsfirmen und Banken rücken nun in
denFokus. Deutsche Firmen sind bislang
verschont geblieben. Wielange noch?


Die meistenKonzernlenker geben sich
wortkarg. Selbst der sonst so auskunfts-
freudige Siemens-ChefJoeKaeser,der seit
Anfang desJahres den einflussreichen Asi-
en-Pazifik-Ausschuss leitet und damit
eigentlich der Klassensprecher der deut-
schen Wirtschaft in China ist, hat erst für
kommendeWoche zur Pressekonferenz
geladen–wenn allewieder in Berlin sind.
DieHoffnung ruht alleine auf der deut-
schen Kanzlerin. Sie soll eineweitere wirt-
schaftliche Öffnung derVolksrepublik an-
mahnen: einengleichberechtigten Markt-
zugang für deutscheUnternehmen in Chi-
na–sowie für chinesische Firmen in
Deutschland–und einen fairenWettbe-
werb auf Drittmärkten. Bewegung erhofft
man sich auch bei denVerhandlungen
über ein Investitionsschutzabkommenzwi-
schen der EuropäischenUnionund China.
DieBundesregierung willdies möglichst
während der deutschen EU-Ratspräsident-
schaftverabschieden, die am 1.Juli 2020
beginnt.
In SachenHuawei, dem umstrittenen
chinesischenNetzwerkausrüster,kommt
dieKanzlerin mit einer klaren Botschaft:
Kein Unternehmenwerde aufgrund seiner
Herkunft ausgeschlossen, an einem tech-
nologischen kalten Krieg zwischen denVer-
einigten Staaten und Chinawerdeman
sich nicht beteiligen. In der Bundesregie-
rung wirdindiesen Tagen letzte Hand an
den Katalog mit denverlangten techni-
schen Standards der5-G-Komponenten

gelegt, imHerbst soll über das novellierte
Telekommunikationsgesetz beratenwer-
den. Es sieht eine Art Beweislastumkehr
vor. KünftigmüssenUnternehmen wie et-
wadieTelekomnachweisen, dass dievon
ihr eingekauftenTeilesicher sind. Die Bun-
desregierungverschafft sich damitSpiel-
raum,Ja oderNein zu sagen. Die endgülti-
ge politische Entscheidung ist damit aufge-

schoben.Auch dieEntwicklung inHong-
kong könnte eine Rolle spielen.WürdeChi-
na ausgerechnet im 30.Jahr des Mauer-
falls die Proteste niederschlagen, wirdder
Widerstand gegen chinesischeZulieferun-
genwachsen.Vorallem im Bundestag.
Die bisherigen Signale aus Berlinver-
steht dieFührunginPekingals einvorsich-
tigesJa,Huawei-Technikwerde zugelas-

sen, wenn auchvermutlich nicht in den so-
genannten Kernbereichen des Netzes.
Allerdings wissen sie auch, dass dieBun-
desregierung noch Erwartungenhat –et-
wadenvereinbarten Cyberkonsultations-
mechanismus endlich zum Laufen zu brin-
gen. Berlin sucht nach einem Ort, wo man
Beschwerden auf den Tisch bringen kann,
etwaüber Hacker-Angriffe aus China.
Ansprechen dürfteMerkel inPeking
auch das Thema Sozialkredite fürUnter-
nehmen in China. In einer aktuellen Studie
warnt dieEuropäische Handelskammer
vorden Risiken. Ein „radikalerWandel“ sei
in Sicht, heißt in dem Papier.Demnach sei
es „zutiefst besorgniserregend“,inwelch

geringemAusmaß Firmen bislang für die
anstehenden Veränderungen vorgesorgt
hätten. Das Sozialkreditsystem zur Bewer-
tung undKontrollevonFirmenkönne da-
bei „LebenoderTodfür einzelneUnterneh-
men“bedeuten.
Bis 2020 soll nachPlänen der Regierung
in China ein landesweites Sozialpunktesys-
tem eingeführt und nach und nach ausge-
bautwerden. Es sollVertrauenswürdigkeit
ermitteln und zwischen „guten“und
„schlechten“Bürgern unterscheiden. In
Pilotprojekten gibtesetwa Punktabzüge

für Regelverstöße,Verkehrsvergehen oder
Zahlungsverzug bei Rechnungen.Auch all-
zukritischeÄußerungen in sozialenMedi-
en könnten einesTages dazu führen, dass
jemand im Punktesystem nach unten
rutscht,warnen Kritiker.Allerdings stehen
viele Details noch nichtfest.
Geplant ist, dass nicht nur Einzelperso-
nen, sondern auchUnternehmengenauer
unter dieLupe genommenwerden.Höhere
Punktzahlenkönnen niedrigere Steuersät-
ze, bessereKreditbedingungen, einfache-
renMarktzugang und mehr öffentliche Be-
schaffungsmöglichkeiten für Unterneh-
men bedeuten. Niedrigere Punktzahlen
führen zumGegenteil undkönnen sogar
zu einemAusschlussvomMarkt führen.
Schwierig ist, dass noch vieles im Fluss
ist: So finden sich in den etwa 350veröf-
fentlichtenVorschriften undGesetzestex-
ten immer wiederParagrafen zur nationa-
lenSicherheit, diesichsehrweit auslegen
lassen.Zudem fürchtet die Handelskam-
mer,dass das Sozialkreditsystem in Han-
delsauseinandersetzungen, wie derzeit
mit den USA, missbrauchtwerden könnte.
Nämlich dann,wenn einUnternehmen als
eine „schwervertrauensunwürdige Fir-
ma“eingestuft wirdund den Marktzugang
in Chinaverliert. Punktabzüge sind dem-
nach möglich,wenn etwa „dasVertrauen
der chinesischenVerbraucher“ erschüttert
sei. Doch wie definiert man das? Im Kanz-
leramt hat man die Studie gelesen.
christoph giesen,georgmascolo

vonstefanbraun

D


ieses Mal sind es die Krankenvon
Wuhan, dieAngelaMerkel interes-
sieren. DiePatienten, diePfleger,
dieÄrzte und alles,wasindem Kranken-
haus passiert.Wasesgibt an technischer
Ausstattung; wievielZeit bleibtfür diePfle-
ge;wasman erfahren kann über den Ein-
satz digitalerDatenverarbeitung.Undda-
zu kommt natürlich dieFrage, wie sich die
Kooperation mit Deutschland dort entwi-
ckelt. DieKanzlerin fährt nach China, und
das,wasneben den üblicherweise wichti-
genGesprächen hängen bleiben dürfte,
wirddas KrankenhausvonWu’an sein.
Merkel setztdamit fort,wasfür sie
selbstverständlich geworden ist,wenn sie
nach China aufbricht. Siefährt nicht nur
nachPeking, sondern auch in dieProvin-
zen. Sie spricht nicht nur mit derStaatsfüh-
rung, sondern auchmit möglichst vielen
Menschen.Merkel saugtregelrecht auf,
wassie über dieGesellschaft und dieGe-
schichte, überPekings lautvorgetragene
Ansprüche und seine gar nicht laut ausge-
sprochenen Sorgen erfahren kann. Das be-
völkerungsreichste Land der Erde ist für
dieKanzlerinlängst zu einem ganz eige-
nenForschungsgebiet geworden.


Zum zwölften Malreist siehin, das ist re-
kordverdächtigfür einen Staat, der nicht
in der EU liegt. Aber das ist nurlogisch.
Wirtschaftlich ist China längst eineWelt-
macht; politisch dürfte es das über kurz
oder langwerden. Deshalb stellen sichMer-
kelund vieleinBerlin und Brüssel dieFra-
ge, ob die EU zwischen den USA und China
auf Dauer überhaupt noch eine Rolle spie-
lenwird–oder schwächelt und schrumpft
und irgendwann abstürzt.
Umso mehrist dieKanzlerin bestrebt,
nicht nur die immer ähnlichen offiziellen
Gespräche zu führen. Siewill verstehen,
wasesdortanChancengibt undwelche Ge-
fahren lauern; siewill vorbereitet sein auf
das,wasvon diesem Land inZukunft aus-
geht. Dabei begleiten sieFaszination und
Entsetzen gleichermaßen.Faszinationwe-
gen derGeschichte und Tradition undwe-
gen derGeschwindigkeit und Energiebei
denVeränderungen,vorallem bei der Digi-
talisierung. Dazu aberkommt das Entset-
zen über ein immer autoritärer handeln-
des Regime, das sich spätestens seit dem
Parteitag der KP Chinas 2017 zu einer Al-
leinherrschaft des Präsidenten entwickelt.
Voreinem knappenJahrzehnt hatte die
Kanzlerin noch dieHoffnung, das Land
werdesich parallel zur wirtschaftlichen
Entwicklung politisch öffnen. In einer Dis-
kussion an der Kaderschmiede derKom-
munistischenPartei hatte sie, daswar
2010, nicht nur überGeld, Finanzkrise und
Weltwirtschaft gesprochen. Sie redete
auch über dieVorteile wettstreitender
Ideen. DieDemokratie, soMerkel damals,
profitierevonder Konkurrenz derGedan-
kenund Vorschläge, und genau das schaffe
das für eine wirklich kreative Wirtschaft of-
fene Klima in derGesellschaft.Außerdem,
erklärte Merkel dem Parteinachwuchs,
würden sich die Interessen auf lange Sicht
auch durch Machtwechsel ausgleichen.
Umso mehr frage sie sich, wieein Einpartei-
enstaat all dies überhaupt leistenkönne.
Damals schienen manche Studenten
nachdenklich zuwerden; heute weiß man,
dass sich in China ein ganz anderes Den-
kendurchgesetzt hat.Jedenfalls an derPar-
tei-und Staatsspitze. So hat sich Präsident
Xi auf dem Parteitag der KP 2017 eine nahe-
zu allumfassende Macht gesichert.
Das freilich hatMerkel nicht gehindert,
bei ihren Visiten dieAugenweit aufzuma-
chen. Mal besuchte sieeinen riesigenGe-
müsemarkt in Chengdu, um bei den Bau-


ern nicht nurGewürze für zu Hause zu er-
werben, sondern sich auch ein bisschen
waserzählen zu lassen über dieLebensum-
stände. Dabei stellte sieschmunzelnd fest,
dass dieAusstattungder Bauern mit mo-
dernsten Digitalkameras deutlich besser
warals die der mitgereistenJournalisten.
So wurden bei dieser Visite nicht dieGast-
geber,sondern dieGäste zum Objekt größ-
ten Interesses.

Ein andermal reiste sie in die Wirt-
schaftsmetropole Shenzen, um sich zeigen
zu lassen, inwelchenAusmaßen schnell
wachsendeStart-ups mitden Gesundheits-
datenvonMillionenKunden Milliarden
verdienen. Dann wieder ließ siesichnach
Shanghai fliegen, um sich–begleitet und
angeleitetvonden örtlichenParteioberen
–über gigantische Stadtbebauungspläne
zu beugen. Dazwischen nahm sie sich eine
Kochstunde in Sichuan,wodie chinesische
Küche besondersberühmt ist.Undsie
reiste zur berühmtenTerrakotta-Armee in

Xian, um diesePhase der chinesischenGe-
schichtekennenzulernen.Ideen und Stoff
für neueReisen, neue Erfahrungen, neue
Erkenntnisse sind ihr bis heute nie ausge-
gangen.
Die eindrücklichste Erfahrung aller-
dings sammelte sie wahrscheinlich im
Jahr 2010, als sie das chinesische Protokoll
mit einem Sonderwunschkomplett aus
der Bahnwarf. Weil Merkelwährend der
ReiseGeburtstag hatte undPeking ihr ei-
nenGefallen tunwollte, bat sie um ein
Abendessen mit fünf Bürgermeistern.Was
vollkommen unüblichwar, wurde unge-
wöhnlich spannend.
Merkel fragte die fünfHerren, jeder ein
Stadtoberhauptübermindestenszehn Mil-
lionenMenschen, mitwelchen Sorgen sie
abends ins Bett gehen und mitwelchen sie
am nächstenMorgen aufwachen würden.
Das Ergebnis: Durch die Bank berichteten
dieverdutztenHerren überverheerende
Luftverschmutzung, katastrophale Ver-
kehrsverhältnisse, eine zunehmend mise-
rableVersorgung mit Grundwasser–und
das rasantwachsende Problem, gut ausge-
bildeten jungenMenschen nicht genügend
guteJobs anbieten zukönnen. Mit einem
Mal lag offen auf dem Tisch, dass China

nicht nur groß und mächtig geworden ist,
sondern auch gravierende, manchmal be-
drohliche Probleme mit sich selbst hat.
Vielleichtist das der Grunddafür,dass
Merkel selten mit übergroßen Erwartun-
gen anreist, aber immerleiseHoffnungen
im Gepäck hat. China dominiert vieles,
aber es hat auch Probleme. Das ist bei al-
lemzur Schau gestellten Selbstbewusst-
seins Pekings auch dieses Mal nicht

anders. Der Handelsstreit mit den USAge-
fährdet das für dieBefriedigung derwach-
senden Ansprüche in der eigenenGesell-
schaft dringend nötige Wirtschaftswachs-
tum.Undder Konflikt umHongkong wird
fürPeking dann zum Problem,wenn die
für China immens wichtige EU–beispiels-
weise durchfataleBilder der Aggression –
an ChinasVerlässlichkeit und Integrität
zweifeln würde. Das mag beimVerkauf
vonAutoskeine Rollespielen. Aber in den
nächstenJahren wirdesfür europäische
und deutsche Firmenvorallem darum

gehen, ob sie sich auf eine wirklich enge,
durch die Digitalisierung zutiefstverzahn-
te Kooperation mit chinesischen Firmen
einlassen–oder ob siesich am Ende doch
wieder Amerika zuwenden.
Längst zeichnet sich gerade im Kampf
um Macht und Einfluss im Internet eine
Schlacht ab, dievieleEuropäerzwingen
könnte, sich zwischen China und den USA
zu entscheiden.Kommt es dazu,könnte
sich selbst ein starkesChina kaum leisten,
alleEuropäer zuverlieren.Ausdiesem
Grund kannHongkong eine große Rolle
spielen. Dass dieFührung dort das umstrit-
teneAuslieferungsdekret nun zurückgezo-
gen hat,könnte ein Indiz dafür sein, dass
Peking einenKonfliktvermeiden möchte.
Entsprechend wirdMerkel das Thema
ansprechen. So viel scheint sicher zu sein.
Selbst diedeutsche Wirtschaft hat das am
Donnerstagmorgen gefordert. Dabei aller-
dings wirdsich die Kanzlerinehervonden
offenen Hilferufen ausHongkong leiten
lassen alsvomjüngsten Tweet des US-Bot-
schafters. Richard Grenell hatte in kraft-
strotzender Art zur Kanzlerin-Reise er-
klärt, „business as usual“ gehe nicht mehr,
jetzt müsstenMenschenrechteVorrang ha-
ben. Sagt der Botschafter Donald Trumps.

Daskönne doch gar nicht sein, empörte
sich Chinas Internetgemeinde am Mitt-
woch kurz nach Bekanntwerden der Ent-
scheidung, dass die Regierungschefinvon
Hongkong das umstritteneAuslieferungs-
abkommen zurückzieht.Hongkongs Bür-
ger müssten also nur ihreStadt in Brand
setzen und dann bekommen sie,wassie
wollen.„Vielleicht sind wir alsFestlandchi-
nesen einfachwenigerwert“,sodas bittere
Urteil eines Internetnutzers.
Undüberhaupt:Wochenlang hatten die
chinesischenMedien gegen dieDemons-
tranten in der chinesischen Sonderverwal-
tungszone gewettert, diese als Kakerlaken
undAufrührerverunglimpft. DasGesetz
wiederumbezeichneten sie immer wieder
als notwendig und gerecht. Klein beige-
ben, das sindChinas Staatsbürger bei Pro-
testen nichtvonihrer Regierung gewohnt.
Sowaren nun selbst die lügenerprobten
Staatsmedien überfordert, derNachricht
einen überzeugenden Dreh zu geben.

Diekomplette Rücknahme des Entwur-
fesfür dasAuslieferungsabkommen zwi-
schenHongkong und China ist das ersteZu-
geständnis, das Peking den Demonstran-
ten nach dreiMonaten gemacht hat. An-
fangOktober feiert dieVolksrepublikih-
ren70. Gründungstag. Das ganze Land
putzt sich heraus zu einem der wichtigsten
Jahrestage diesesJahrzehnts. Der Druck
auf Peking ist hoch, bis dahin die Lage in
Hongkong zu entspannen. DieZentralre-
gierung will unbedingtverhindern, dass
dieWelt am 1.Oktoberauf brennendeBarri-
kaden in der chinesischen Sonderverwal-
tungszoneblickt,anstattaufdiePanzer,
dieandiesemTagals Teil einerMilitärpara-
de über denPlatz des Himmlischen Frie-
densrollenwerden.
Ob das gelingt, ist unklar.Nachdem Pe-
king die ersteForderungerfüllte, haben
dieDemonstranten überNacht ihreSlo-
gans überarbeitet.Nunheißt es: FünfFor-
derungen undkeineweniger.ZumWochen-
ende wurden dafür erneut Proteste ange-
kündigt. Viral ging das Video aus einer
Schule, an der dieSchüler am ersten Schul-
tag anstelle der chinesischenNationalhym-
ne das Lied „DoYouHear thePeopleSing?“
sangen. Ein Lied,das bei den Demonstrati-
onen angestimmt wird. Mitversteinerter
Miene standen die Lehrer auf der Bühne,
während dieSchüler die Begleitmusik
deutlich überstimmten. Mangelnder Re-
spekt gegenüber der chinesischenNatio-
nalhymne steht inHongkong seit diesem
Jahr unter Strafe. Es drohen bis zu dreiJah-
re Haft. Stadtweitstreiken Studenten eini-
gerUnis, Schülerstreiks finden ebenfalls
regelmäßig statt. Bestürzung löste diese
Woche auch ein Suizidaus. Eswarwohl der
achte mit direktem Bezug zu den politi-
schenZuständen inHongkong.
Kritisiert wurde am Donnerstag erneut
auch dieWeigerungvonRegierungschefin
CarrieLam, diebestehende Untersu-
chungskommission zur Polizeigewalt
durch ein wirklich unabhängiges und ei-
genständiges Gremium zu ersetzen, etwa
mit einem Richter an der Spitze.Ausihrer
Sicht sei es „nicht gerecht“,die Mitglieder
der jetzigenKommission als regierungs-
freundlich zu beschreiben, sagte Lam am
Donnerstag bei einer Pressekonferenz in
Hongkong.Deren Mitglieder seien schließ-
lich ausreichend „glaubwürdig und unab-
hängig“. leadeuber

2 HF2 THEMA DESTAGES Freitag, 6. September 2019,Nr. 206 DEFGH


VorzehnJahren hatteMerkel


dieHoffnung, dass sich


das Land politisch öffnenkönnte


Wirtschaftliche Öffnung: Deutsche Firmenverlangen besserenZugangzum chinesi-
schenMarkt–Blick auf die Börsenmetropole Shanghai. FOTO: JOHANNES EISELE/AFP

Die Kanzlerin soll’s richten


DeutscheUnternehmen hoffen, dass Angela Merkel die chinesischeFührung zu einem fairerenUmgang mit ihnen bewegenkann. Es gibt dawohl ein bisschenVerhandlungsmasse


Reise in die Zukunft


Bei ihren Besuchen in China willdie Kanzlerinverstehen,welcheChancendie Kooperation
mit dem Riesenland bietet undwodie Gefahren lauern. Diesmal dürfte es davorallemumHongkong gehen

Folklore fürsFoto:AngelaMerkel besuchte bei ihrer Chinareise vor dreiJahren den früherenKaiserpalast in Shenyang imNordosten Chinas. FOTO: IMAGOSTOCK&PEOPLE

DerKampf


gehtweiter


Hongkongs Protestbewegung
will nicht klein beigeben

EinGespräch mit
Bürgermeistern offenbarte
diewahren Probleme

Amerikas Botschaftergibt
Merkel auf Twitter Ratschlägefür
ihreGespräche in Peking

Zum70.Jahrestag der
Gründung derVolksrepublik will
Pekingkeine Krawalle

Die Zentralregierung inPeking


erpresst dieKonzerne


in der ehemaligenKronkolonie


Die EU-Handelskammerfürchtet,
dass das neueSozialpunktesystem
politisch missbraucht wird

Merkels China-TripSchon zum zwölften Malreist die Kanzlerin in dieVolksrepublik. Das Land fasziniert sie wie kaum ein anderes.


Natürlich stehen dabei stets politischeKonsultationen undGespräche zumWohl der deutschen Wirtschaft imVordergrund.


Dochist AngelaMerkel bei ihren Visiten auchbemüht,Kontaktzuden Menschenzubekommen–und zu derenProblemen

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