Süddeutsche Zeitung - 06.09.2019

(Michael S) #1
München–Die E-Mailversprach „gute
Nachrichten“und MillionenDollar.Ihr Ab-
senderwarBrianHook, Sondergesandter
der USAfür Iran, der Empfänger ein gewis-
ser Akhilesh Kumar,Kapitän desvonIran
gecharterten SupertankersGrace 1,der zwi-
schenzeitlichvonGibraltarsBehördenfest-
gesetztworden war und jetzt alsAdrian Da-
rya 1vorder syrischenStadtTartus liegt.
DasGeld lobteHook aus, fallsKumar das
Schiff an einen Ort steuert, an dem dieUSA
es beschlagnahmenkönnten. Der indische
Kapitän ging darauf nicht ein und wurde
daraufhinvonden USAmit Sanktionen be-
legt. Die Episode, zuerstvonderFinancial
Timesberichtet und inzwischenvomUS-
Außenministerium bestätigt,zeigt, wiever-
bissenWashingtonversucht, mit allen Mit-
teln den Druck auf das Regime inTeheran
weiter zu erhöhen.
Sie lässt zugleicherahnen, wie schwer
sich Frankreichs PräsidentEmmanuelMa-
cron bei seinenVermittlungsbemühungen
zwischen denKontrahenten tun dürfte, die
darauf gerichtet sind, dasvonUS-Präsi-
dent Donald Trump als „schlechtester
Deal aller Zeiten“geschmähteAtomab-
kommen zuretten. Irans Präsident Hassan
Rohani kündigte in derNacht zum Don-
nerstag an, sein Landwerdesich nicht
mehr an die Klauseln aus demPakt von
2015 halten, dieForschung und Entwick-
lung an modernen Gasultrazentrifugen
zurUrananreicherung beschränken.

Das hört sich zunächst weit weniger pro-
vokativan, alswenn Iran etwaverkündet
hätte,Uran künftig wieder auf 20 Prozent
anzureichern.Jedoch sind gerade solche
fortgeschrittenen Zentrifugen problema-
tisch mitBlick auf dieZukunft des irani-
schenAtomprogramms. Sie würden Irans
Fähigkeit erhöhen, in kurzer Zeit große
MengenUran anzureichern–und somit
dieVorwarnzeitverkürzen, sollte Iran den
Stoff herstellenwollen, aus dem die Bom-
be ist: hoch angereichertesUran. Diese
Spanne auf einJahr heraufzusetzen,war
das zentraleZieldes Atomabkommens.
Teherankönnte imFalleeiner Einigung
dieEntwicklungsarbeiten sofort wieder
einstellen–irreversibel ist der Schritt aber
nicht. Denn die Erkenntnisse, die Irans
Wissenschaftler imZugevonTestreihen
gewinnen,wären damitjanicht wieder ver-
loren.WeitereSchrittekönnten laut der ira-
nischenNachrichtenagenturTasnim am
Samstag bekannt gegeben werden.

WeitereSchritte hat auch BrianHook
verkündet. EinNetzwerkvonFirmen und
Personen sowie elfTanker haben dieUSA
auf dieSanktionslisten gesetzt. Ihnen ge-
mein ist, dass sie anÖlverkäufen beteiligt
gewesensein sollen,deren Erlöse den irani-
sche Revolutionsgarden zugekommen sei-
en. Zugleich setzte das US-Außenministeri-
um Belohnungenvonbis zu 15 Millionen
Dollaraus, die dazu beitragen,die Finanzie-
rung dervonden USAals Terror-Organisa-
tion eingestuftenRevolutionsgarden zu un-
terbinden. Das lässt nicht erwarten, dass
Trump MacronsWunsch nachkommt, be-
grenzt iranischeÖlexporte zuzulassen.
Kurzzuvor hatteWashington auch das
vorgeblich zivileRaumfahrtprogramm
vonIranmit Strafen belegt. Der Abschuss
einer Trägerrakete, dieeinen Satelliten ins
All bringen sollte,warvergangeneWoche
gescheitert, nachdem es bei den Startvor-
bereitungen zu einer Explosion gekom-
menwar.Die Entwicklung ballistischer Ra-
keten durch Iran ist ein wichtiger Streit-
punkt. Raketen für dieRaumfahrtverwen-
denweitgehend dieselbeTechnologie.
Einweiterer Streit bahnt sich zwischen
Iran und der Internationalen Energiebe-
hörde in Wien an. DieInspektoren hatten
in einer LagerhalleinTurquz Abad beiTe-
heran radioaktive Partikel nachgewiesen.
Das Gebäude hatte Israels Premierminis-
ter BenjaminNetanjahu vergangenen Sep-
tember als Lagerstätte fürAusrüstung aus
dem eingemottetenProgramm zur Ent-
wicklung eines Atomsprengkopfes be-
zeichnet. IranverweigertAuskünftezuder
Einrichtung,die es alsTeppichwäscherei
bezeichnet hat. paul-antonkrüger

vonsilkebigalke

SanktPetersburg –Dafür,dass Wladimir
Bortkoaus dem Filmgeschäftkommt,war
seinAuftrittwenig überzeugend. ÜberMo-
nate hatte er in SanktPetersburg den Kan-
didaten für dieKommunistischePartei ge-
spielt.Nunerklärte er in einerTalkshow, er
wolle doch nicht antreten für dasGouver-
neursamt in Russlands zweitgrößter Stadt.
Er begründetediesmit drohenderWahlma-
nipulation.Wahrscheinlicher ist, dass der
Kreml das Risikonicht eingehenwollte:
BortkosUmfragewertewarenwohl zu gut.
Der bekannte Regisseur hätte den Kreml-
Kandidaten Alexander Beglowwomöglich
in eine zweite Runde gezwungen.
Für denbleiben nur noch zweiHeraus-
forderer übrig, einevonihnen istNadesch-
da Tichonowa,Abgeordnete in der gesetz-
gebendenVersammlungvonSanktPeters-
burg. Sie schlägt ein Treffen imNobelhotel
nebenanvor. „Bortko“,sagt siekopfschüt-

telnd: Obwohl derkommunistische Kandi-
dat ihrKonkurrentwar,ist sein Rücktrittei-
ne schlechteNachricht.Nunwerdenwohl
wenigerMenschen zurWahl kommen.
In vielen russischenRegionenwerden
am SonntagKommunalräte, Stadtparla-
ment, Gouverneure gewählt.Vorigen
Herbst ging dieser Sammelwahltag nicht
gut für dieRegierung aus, mehrereihrer
Kandidatenverloren überraschend. Die-
sesJahr geht der Kreml scheinbarkein Risi-
ko ein. InMoskaudürfen bekannteOpposi-
tionspolitiker wegen angeblicherFormfeh-
lernicht für das Stadtparlament antreten,
seitWochen wirdprotestiert. In Peters-
burgzieht sich der stärksteHerausforde-
rerplötzlich ausdemGouverneursrennen
zurück. DieRegierung will den Anschein
demokratischerWahlen erhalten, aber zu-
gleich das Ergebnisvorherbestimmen. Ein
Balanceakt, der kaum noch gelingt.
Nadeschda Tichonowatritt für diePar-
teiGerechtes Russland an. Sie gehört zu

denParteien, dieimnationalen Parlament
sitzen und sich der Regierung nicht in den
Wegstellen, eine Artloyale,berechenbare
Opposition. Tichonowa weiß, dass sienur
mit dem Segen der Regierungspartei Eini-
ges Russland kandieren kann und spricht
das offen an. „Siemüssen jaWahlen abhal-
ten“, sagtsie.„Unddafür brauchen sieKon-
kurrenz.“Die Kandidaten der dreiParla-
mentsparteien hätten siezugelassen.
„Aber die anderen, dieaußerhalb des Sys-
tems sind, nicht.“
Sie selbstbrauchte 155vomNotar be-
glaubigteUnterschriftenvonanderen Ab-
geordneten für ihreKandidatur.InRuss-
landverhindernGesetze wiedieser soge-
nannteMunizipalfilter eine unabhängige
Opposition. Tichonowasagt, sie möchte
diesen Filterabschaffen, das „Machtmono-
pol“ der Regierungspartei brechen. Sie
weiß, dass siedazu kaumkommen wird.
Trotzdem wirbt sie nun um BortkosWäh-
ler. Deswegen, sagt sie, trage sieeinen ro-

tenWollumhang über einem dunkelblau-
en Kleid–rot für dieKommunisten.
„Bortkowurde dazu aufgefordert zu-
rückzuziehen“, sagt der Politikwissen-
schaftler Wladimir Gelman, ervermutet
Druckvonder Regierung. Die hattewenig
Glück mit ihrem Kandidaten: Beglowwur-
de imHerbst 2018 zumGouverneur; sein
Vorgänger hatte sich unbeliebt gemacht,
weil er sichwenig um die Stadt, aber sehr
um dieBelange der russisch-orthodoxen
Kirche kümmerte. Dieserwollte er sogar
dieIsaaks-KathedraleimHerzen der Stadt
überlassen,waszuProtesten führte. Sein
Nachfolger Beglow wirdnun für seine
merkwürdigen PR-Auftritteverlacht. Als
Petersburg im Schneeversank, griff der
Gouverneur selbstzur Schaufel. Seine ein-
geschneiten Bürger ärgerten sich, dass
ihm nichts Besseres einfiel. „Beglow hat
vieleFehler gemacht“,sagtGelman. „Aber
es gibt nur einen wirklichenWähler,und
der heißtWladimir Putin.“

Am selben Tag, an dem BeglowimAmt
bestätigtwerden soll,wählen dieSankt
Petersburger ihreVertreterinmehr als
100 Stadtbezirken.Auch dort testet man
nun aus, wie viel Opposition möglich ist.
Für denHeimatbezirkvon PawelTschupru-
nowgilt: garkeine. Er tritt für diePartei
Gerechtes RusslandvonNadeschda Ticho-
nowaan.Nicht,weil er deren Programm
gut findet, sondern um sich die beinahe
aussichtslose SammlungTausenderWäh-
lerunterschriften zu ersparen.
Sein Bezirk heißtTschornajaRetschka,
schwarzer Fluss,dort sitzt der 26-Jährige
im Cafévoreinem Becher grünenTee.
Neben seinemStuhl steht der Rucksack
mit allen Dokumenten für seine Kandida-
tur.WenigeTage vorder Wahl hofft er im-
mer noch, zugelassen zuwerden. Sein lan-
gerWegdorthin begann damit, dass die
Wahlkommissionfür seinen Distrikt nicht
zu findenwar,nirgendwoAdresseoder Öff-
nungszeiten angegeben hatte. Als er dann

vorder richtigen Tür stand, stieß er jeden
Tagauf eine lange Schlange, oft mit densel-
benGesichtern.Falsche Kandidaten,ver-
mutetTschuprunow, dieden Wegversper-
rensollten. Einmal ging er schon um vier
Uhrfrüh los, doch dieSchlangewarschon
da. Er hat sich beiGericht beschwert, wand-
te sich an dieMedien.Schließlich nahm die
Kommission seine Papiere entgegen.
Tschuprunow zeigtdie Bestätigung der
Kommission dafür,was er alles abgeliefert
hat. Doch nun heißt es, dassUnterlagen
fehlten–trotz Quittung.
Tschuprunowist 2011 zum Studium
nach Petersburggezogen, ist in derJugend-
bewegungWesna, „Frühling“,die auch die
Wahlen beobachten will. Er möchte in den
Kommunalrat gewählt werden. Dort wird
über denlokalen Haushalt entschieden,
überParks und Spielplätze.„Wennicheu-
er Kandidat werde, willichVideoaufnah-
men unserer Sitzungen machen“, steht auf
seinerVisitenkarte. Erverspricht Transpa-
renz. Dafür muss er es auf den lokalen
Wahlzettel schaffen, bisher stünden dort
nur KandidatenvonEiniges Russland,
sagt er.Längst hat das Bezirksgericht ent-
schieden,dasserregistriertwerden muss,
doch dieWahlkommission ignoriert das.
Nicht in jedem Bezirk sieht es so
schlecht aus.„Trotz des Drucks gibt es eine
ordentliche Zahl unabhängiger Kandida-
ten“, sagt PolitikwissenschaftlerGelman.
Bezirkswahlen bekommen selten vielAuf-
merksamkeit. Doch dieUnzufriedenheit
mit dem Status quo, sagter, lasse das Inter-
esse derMenschen an Politikwachsen.
Bei derGouverneurswahl willPawel
Tschuprunow fürNadeschda Tichonowa
stimmen,weil sie sich der Opposition zu-
mindest nicht in denWegstelle. „Meiner
Meinung nach sind das alles falsche Kandi-
daten“, sagt er.Doch aus Protest zu Hause
bleiben nützt nichts. DieWahl ist gültig,
egal wie niedrig dieBeteiligung ausfällt.

Rom –Luciana Lamorgese twittert nicht,
und das ist schon mal ein Segen.AufFace-
book ist sieauch nicht,wenigstens nicht öf-
fentlich. Es wirdalsokeine Liveschaltun-
gen mehr gebenvomDach des italieni-
schen Innenministeriums, mitMonologen
undverzerrtem Gesicht, wie man sievon
Matteo Salvini gewohntwar. In ihrerAu-
ßenwirkung istItaliens neue Innenministe-
rin, 66Jahre alt, ausPotenza in der süditali-
enischen Region Basilicata, ein perfekter
Gegenentwurf zu ihremVorgänger: nüch-
tern beamtenhaft, nie einWort zu viel.Und
daswarihrenFörderern fast genauso wich-
tig wie ihrePositionen zu jener Frage, die
über Erfolg und Misserfolg ihrer Mission
entscheiden wird: die Migration.
Lamorgeseist am Donnerstag zusam-
men mit ihrenKollegen des Conte II, des
neuen KabinettsvonMinisterpräsident
Giuseppe Conte, im Quirinalspalastverei-
digtworden.21Minister sind es insge-
samt, ein eher umfangreichesTeam also.
MiteinemDurchschnittsaltervon47,4Jah-
renist es die jüngste Regierung in der Ge-
schichte der italienischen Republik, La-
morgeseist ihr ältestesMitglied. ElfMinis-
terkommen aus Süditalien, zwei aus Rom
und nur siebenaus demNorden,wasdort,
zumal in Kreisen der rechtenPartei Lega,
wieeine Kampfansage empfunden wird.
DieCinque Stelle stellen zehn Minister, der
sozialdemokratischePartito Democratico
neun, einerkommtvonder linkenPartei
„LiberieUguali“,die sich dem neuenKoali-
tionsduo anschließt.Ihr erster Beschluss:
Sienominierten den früherensozialdemo-
kratischen Premier PaoloGentilonials Ita-
liens neuen EU-Kommissar.

Luciana Lamorgese ist die einzigePartei-
lose im Conte II, und auch daswareine be-
wusste Entscheidung. Das Inneremit sei-
nen sensiblen Themen Sicherheit und Im-
migrationwarvon Salviniwährend seiner
14 MonatedauerndenAmtszeit überemoti-
onalisiert, dramatisiert und politisiertwor-
den: Das Ministerium diente ihm alsKon-
sensmaschine. Erwarzwarnicht oft im Bü-
ro,seineAuftritte inPolizeikleidung soll-
ten aber signalisieren, dass er ganz allein
das Land und seine Grenzen schütze. Er
ließ Häfen für Rettungsschiffeschließen
und schimpfte deren Crews„Vizeschlep-
per“.Kapitänin Carola RacketevonderSea
Watch 3nannte er eine „reiche, deutsche
Göre“, „Kriminelle“,„Piratin“, „Zecke“ –
nun ist gegen ihn in Mailand ein Ermitt-

lungsverfahrenwegenVerleumdung einge-
leitetworden.
Dank Lamorgese, einer Karrierebeam-
tin, soll derUmgangItaliens mit den Mi-
granten und denNGOs normalisiert und
möglichst entpolitisiertwerden. Seit vier
Jahrzehnten steht die neueMinisterin
schon im Dienst des Innenministeriums,
davoneinigeJahrelang als Kabinetts-
chefin zweier Minister.Sie kennt den Appa-
rat. Ab 2003warsie Präfektin. So, „prefet-
to“, nennt man in der italienischenVerwal-
tungsordnung Leitungspersönlichkeiten
und Emissäredes Innenministers in den
Provinzen. Lamorgeseleitete die Präfek-
turvonVenedig und zuletzt jene Mailands.
Als sie imvergangenenHerbst in den Ru-
hestand trat, in einer Zeremoniemit Wür-
denträgern aus allenParteien, hielt Salvini
dieAbschiedsrede. Erlobte ihre Arbeit in al-
len Tönen, öffentlich. Es fällt ihm deshalb
jetzt schwer, sie zu kritisieren, wie es die
rechten Zeitungen tun. „Freundin der Mi-
granten“, nennen sie Lamorgese.Gemeint
ist das als Beschimpfung.
Dabei gilt siekeineswegs als lax. Den
MailänderHauptbahnhof,die Stazione
Centrale, ließ sie mit allerKonsequenz räu-
men, als sich dort gestrandete Einwande-

rereingerichtet hatten. Dochgleichzeitig
schaffte siees, dass zuvorrenitente Bürger-
meister der Lega Migranten in ihrenGe-
meinden aufnahmen–nach ihren Regeln
und ihremVerteilungsschlüssel,dem „Pro-
tocollo migranti“.
Überträgt man dieMethode auf ihre
neue, nationaleFunktion, würde das be-
deuten, dass Lamorgese bald in Brüssel bei
denPartnerstaaten der EU um eine gerech-
tereVerteilung der Ankömmlinge wirbt
und kämpft, vielleichtauch für eine Re-
form des Dubliner Asylabkommens.Je
schneller,desto besser.Ein Dilemma er-
wächst ihr nämlich umgehend an den Süd-
grenzen: Öffnet siedie Häfen in Lampedu-
sa und Sizilien wieder,bevorEuropa sich
solidarischer zeigt mit denexponierten
Ländern, wirdSalvini die Ankunftvonje-
dem Schiff genüsslich ausschlachten, mit
Liveschaltungen und Tweets.
Zurtraditionellen Schlüsselübergabe
im Ministerium wurde er nicht erwartet.
Salvini ist gerade imUrlaub im Trentino,
wieerüber die sozialenMedien allewissen
lässt, auf Pilzsuche.Nötigwardie Einfüh-
rung allerdings ohnehin nicht, Lamorgese
kennt das Innenministerium besser als ihr
Vorgänger. olivermeiler

Schwervermittelbar


Die USA erhöhen imAtomstreitweiter den Druck auf Iran


GetrübteAussicht nach dem Filtern


Vorden russischenRegionalwahlen am Sonntag sorgt der Staatbei derZulassungder Kandidaten dafür,
dassesmöglichstwenigeunliebsameÜberraschungen gibt.Die Oppositionsollklein und überschaubar sein

RuhigereGewässer


Italiens neue Innenministerin setzt sich beim Thema MigrationvonVorgänger Salviniab


Wien–Die ÖsterreichischeVolkspartei
(ÖVP)von SebastianKurz sieht sich
mitten imWahlkampf als Opfer eines
groß angelegten Hackerangriffs. Über
fünfWochenvonEndeJuli bis Anfang
September seien aus demNetzwerk
riesigeMengen an Daten abgezogen
worden. Ziel sei es gewesen, „Daten zu
entwenden, zu platzieren, zu manipulie-
renund zuverfälschen“, sagte Kurz.
Damit solleder ÖVPbei derWahl am



  1. September geschadetwerden. Dies
    sei jedoch „nicht nur ein Angriff auf die
    Volkspartei, sondern auch ein Angriff
    auf das demokratische System“. Die
    ÖVPhatte zwei Cybersecurity-Firmen
    mit der Überprüfung ihrer IT-Anlagen
    beauftragt, nachdem bereits in zwei
    Fällen interne Dokumenteandie Öffent-
    lichkeit gelangtwaren. Zuletzt hatte das
    StadtmagazinFalteranhand interner
    Unterlagen aus derPartei über eine
    „doppelte Buchführung“ berichtet, mit
    der die Überschreitung der gesetzlich
    vorgeschriebenenWahlkampfkosten-
    Obergrenze kaschiertwerden solle. Die
    ÖVPhatte daraufhinvonfalschen Be-
    hauptungen gesprochen und eineUnter-
    lassungsklage gegen das Magazin ange-
    kündigt, diedortveröffentlichten Zah-
    lenaber nicht dementiert. Als am Don-
    nerstagmorgendie österreichischen
    Medien in derÖVP-Zentraleüber die
    Erkenntnisse zu einem Cyberangriff
    informiert wurden, wurde einerFalter-
    Reporterin derZugangverwehrt.
    Konkrete Hinweise zu denUrhebern
    des Hackerangriffs gibt es noch nicht,
    spekuliert wirdüberAuftraggeber aus
    dem politischenUmfeldoder auch über
    ausländischeGeheimdienste.Kurz
    sprachvoneiner„neuenDimension“
    für Österreich undverwies aufver-
    gleichbare AngriffeinFrankreichund
    im US-Wahlkampf. Der Sprecher der
    Übergangsregierung nannte dieÖVP-
    Berichte „zutiefst besorgniserregend“.
    Noch am Donnerstag wurde derVerfas-
    sungsschutz eingeschaltet. pm


Kabul–Die radikalislamischen Taliban
setzen ihreAngriffsserieinAfghanistan
fort. Bei einem Anschlag auf einenKon-
trollposten im Zentrum der afghani-
schen Hauptstadt Kabul kamen am
Donnerstag mindestens zehnMen-
schen ums Leben.Außerdem habe es
mindestens 42Verletzte gegeben, sagte
der Sprecher des Innenministeriums,
Nasrat Rahimi, am Donnerstag. Behör-
denangaben zufolge detonierte ein mit
Sprengstoff beladener Minibus bei dem
Kontrollposten, der mit Kräften des


Geheimdienstes NDS, derPolizei und
Armee besetztwar(FOTO: AP).Inunmittel-
barerNähe befinden sich Einrichtungen
desGeheimdienstes sowie das Haupt-
quartier derNato-Mission „Resolute
Support“.Die Taliban bekannten sich
zu dem Angriff, der der vierte in Afgha-
nistan innerhalbvonfünfTagen ist. Am
Montag hatte der US-Chefunterhändler
ZalmayKhalilzad nach 18Monaten
Verhandlungen mit denTaliban verkün-
det, man habe sich „grundsätzlich“auf
ein Abkommen geeinigt. dpa


Ankara–Der türkische PräsidentRe-
cepTayyip Erdoğan hat demWesten
mit der Öffnung seiner Landesgrenzen
für syrischeFlüchtlinge gedroht.Wenn
nicht baldeine Sicherheitszone imNor-
den Syriens entstehe,wodie Flüchtlin-
ge aus der Türkei hinziehenkönnten,
„werden wir gezwungen sein, dieTore
zu öffnen“, sagte Erdoğan am Donners-
tag in einer Rede.„Wir können nicht
dazu gezwungen werden, die Last allei-
ne zu tragen.“Bisher habe die Türkei in
der FlüchtlingskrisevomRest derWelt
nicht ausreichendUnterstützung be-
kommen, so Erdoğan. DieTürkei will
mit den USAeinen 30 bis 40 Kilometer
breitenStreifen inNordsyrien als Sicher-
heitszonefestlegen, aus dem die mo-
mentan dort herrschenden Kurdenmili-
zen abziehen sollen. In dem Gebiet sol-
lenetwa eine Million der 3,65 Millionen
Syrer untergebrachtwerden, die derzeit
als Flüchtlinge in der Türkeileben. ap


Brüssel–ImKampf gegenTerrorismus
arbeiten die EU-Staaten künftig enger
zusammen. Seit Anfang desMonats
können nationaleErmittlungsbehörden
auf eine gemeinsame Datenbank zugrei-
fen, wie die EU-Justizbehörde Eurojust
am Donnerstag mitteilte. Eurojust-Prä-
sident LadislavHamran sprachvon
einem „großen Schritt im Kampf gegen
Terrorismus“.Das sogenannteJustitiel-
le Terrorregister ist eineFolge der An-
schlägevonParis 2015, bei denen Isla-
misten 130Menschen ermordeten. Die
grenzüberschreitendeVerbindung meh-
rererVerdächtiger sei damals schnell
erkanntworden. Die neue Datenbank
sammeltzentralejuristischeInformatio-
nen,umVerbindungenzwischenTerror-
verdächtigen herzustellen. dpa


8 HF2 POLITIK Freitag, 6. September 2019,Nr. 206 DEFGH


PräsidentRohani droht im Streit um das
Atomprogramm und signalisiert zugleich
Entgegenkommen. FOTO: MOHAMMAD BERNO/AFP

Frisch vereidigt:InnenministerinLuciana Lamorgese,AußenministerLuigi DiMaio
und der Minister für Europa-Fragen, EnzoAmendola. FOTO: ALESSSANDRO DIMEO/AP

Nunheißt es plötzlich,
dassUnterlagenfehlten
–trotz Quittung

Tour deKrim: Präsident Putin vor dreiWochen bei einemMotorrad-Festival.Auch auf der annektiertenHalbinsel wird am Sonntag gewählt. FOTO: A. DRUZHININ/DPA

Seit vierJahrzehnten arbeitet
Lamorgese im Innenministerium.
Siekenntden Apparatbestens

Auch dasvorgeblich zivile
Raumfahrtprogramm hat
Washington mit Strafen belegt

ÖVPsprichtvonHackerangriff


Anschlag inKabul


Erdoğan droht


NeuesTerrorregister


AUSLAND

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