Spektrum der Wissenschaft - 05.2019

(Sean Pound) #1

AHMED ELGAMMAL, ART & AI LAB RUTGERS UNIVERSITY


Das Computerprogramm AICAN hat dieses Bild
generiert und »St. George Killing the Dragon« genannt.
Das KI-Kunstwerk wurde bei einer Auktion im
November 2017 für 16 0 00 US-Dollar versteigert.

Programm gewöhnliche Porträts gezeigt hatten. Wie soll
man solche unerwarteten Ergebnisse bewerten?
Dabei hilft uns die Theorie des britisch­kanadischen
Psychologen Daniel E. Berlyne, der mehrere Jahrzehnte
lang das menschliche Empfinden von Ästhetik untersuchte.
Er fand heraus, dass Innovation, Überraschung, Kom­
plexität, Mehrdeutigkeit und Exzentrizität die stärksten
Reize von beliebten Kunstwerken ausmachen. Die defor­
mierten KI­Porträts erfüllen einige dieser Eigenschaften,
denn sie sind sowohl innovativ als auch überraschend und

exzentrisch. Sie erinnern an die berühmten Bilder des
britischen Malers Francis Bacon, etwa »Three Studies for a
Portrait of Henrietta Moraes«. Viele Menschen sind jedoch
der Meinung, dass im Unterschied dazu den maschinell
gefertigten Gesichtern etwas fehlt: die Absicht.
Während es Bacons Ziel war, seine Gesichter zu verfor­
men, entstanden die ungewöhnlichen KI­Porträts aus
Versehen. Hier hat es der Algorithmus nicht geschafft, ein
menschliches Gesicht richtig nachzuahmen. Dennoch
hat Christie’s genau diese Art von Bild zu einem Schwindel
erregenden Preis versteigert.
Nicht allen gefällt die neue Kunstform. Der berühmte US­
amerikanische Kunstkritiker und Pulitzer­Preisträger Jerry
Saltz sagte etwa in einem Interview mit dem kanadischen
Lifestyle­Magazin »Vice«, er finde KI­Bilder wie »The
Butcher’s Son« von Mario Klingemann (siehe Bild S. 71)
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