Schwarze Löcher waren zu jener Zeit nicht mehr als
eine kuriose Möglichkeit aus Albert Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie. Schon dem jungen Physiker Karl
Schwarzschild war 1915 an der Ostfront des Ersten Welt-
kriegs aufgefallen, dass manche Lösungen der einstein-
schen Feldgleichungen scheinbar widersinnige Ergebnisse
lieferten: Für extrem dichte Massehaufen spucken die
Gleichungen einen Radius aus, ab dem das Gravitationsfeld
gegen unendlich zu streben scheint – als würde man eine
Zahl durch null teilen.
Ein Punkt, an dem die Zeit stillsteht
Das konnte nicht sein, fanden Einstein, Schwarzschild und
viele andere. Doch in den folgenden Jahrzehnten beschäf-
tigten sich Astrophysiker immer wieder mit der Frage, was
mit Sternen passiert, die sämtliche Atomkerne in ihrem
Inneren zu schwereren Elementen verschmolzen haben. In
den 1930er Jahren kristallisierten sich Antworten heraus:
Sterne vom Format unserer Sonne fallen zu einer milchig
schimmernden Kugel von der Größe eines Planeten zusam-
men, einem Weißen Zwerg. Plasmakugeln mit etwas größe-
rer Masse kollabieren dagegen zu einem extrem kompakten
Objekt vom Format einer Großstadt, einem Neutronenstern.
Aber was, wenn ein noch schwererer Stern in sich zu-
sammenfällt? Robert Oppenheimer, der spätere Vater des
amerikanischen Atombombenprogramms, machte sich
dazu kurz vor dem Zweiten Weltkrieg Gedanken. Seinen
Rechnungen zufolge konnte nichts und niemand den Kol-
laps aufhalten – er setzt sich einfach immer weiter fort. Die
Materie müsste für alle Ewigkeit auf einen Punkt im Zent-
rum stürzen, prognostizierte der US-Amerikaner.
Oppenheimer berief sich dabei auf Einsteins Relativitäts-
theorie: Laut ihr dehnen Massen das Gefüge von Raum und
Laboratories im US-Bundesstaat New Jersey wollten da-
mals Funksprüche per Kurzwelle über den Atlantik senden.
Auf der Suche nach möglichen Störquellen stieß der Physi-
ker Karl Jansky auf ein rätselhaftes Signal, das seinen
Ursprung in der Mitte der Milchstraße zu haben schien. Das
war nicht die einzige mysteriöse Strahlungsquelle am
Nachthimmel: Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten
ehemalige Militärfunker um den Briten John Gatenby
Bolton weitere Regionen am Firmament, aus denen extrem
schwache, aber klar nachweisbare Radiowellen zur Erde
drangen.
Erst in den 1960er Jahren lokalisierten Astronomen den
genauen Ursprung der Signale: Sie kamen aus einzelnen,
Millionen Lichtjahre entfernten Galaxien, darunter auch
M87. In ihnen schien ein gigantisches Feuerwerk im Gang
zu sein. Ein Feuerwerk, das das Weltall mit Strahlung
flutete. Nur woher nahmen diese »aktiven Galaxienkerne«
die nötige Energie? Selbst verschmelzende Atomkerne, wie
man sie zu jener Zeit aus Sternen oder Wasserstoffbomben
kannte, schienen hierfür nicht auszureichen, bei Weitem
nicht.
Nach einigem Grübeln stießen Physiker auf eine andere
Möglichkeit: Materie im freien Fall. Rechnungen zeigten,
dass ein Objekt, das lange von einem Gravitationsfeld
beschleunigt wird, enorme Bewegungsenergie gewinnt.
Wird das Objekt dann abrupt abgebremst oder umgelenkt,
wandelt es die Energie in Wärme oder Strahlung um. Und
wie es der Zufall wollte, diskutierten die Gelehrten Mitte der
1960er Jahre gerade engagiert über etwas, was Materie die
nötige Beschleunigung verpassen konnte.
Die Observatorien des Event Horizon Telescope im
Jahr 2017: das James Clerk Maxwell Telescope und
das Submillimeter Array auf Hawaii, das Submillimeter
Telescope in Arizona, das Large Millimeter Telescope
in Mexiko, APEX und ALMA in Chile, das South Pole
Telescope am Südpol und das 30-Meter-Teleskop des
IRAM-Observatoriums in Spanien.
SMA
JCMT
IRAM
(Spanien)
SPT (Antarktis)
LMT (Mexiko)
APEX
ALMA
(Chile)
SMT (Arizona)
(Hawaii)
SUW-GRAFIK, NACH EHT COLLABORATION: FIRST M87 EVENT HORIZON TELESCOPE RESULTS. I. THE SHADOW OF THE SUPERMASSIVE BLACK HOLE. ASTROPHYSICAL JOURNAL LETTERS 875, L1, 2019, FIG. 1; ERDE: NASA
Radiowellen und Millimeter-
strahlung
Das Event Horizon Telescope fängt Strahlung einer
Wellenlänge von 1,3 Millimetern auf; das entspricht
einer Frequenz von 230 Gigahertz. Für Physiker
fällt sie damit gerade noch in den Bereich der
Radiowellen, die auch viele Zentimeter, Meter oder
Kilometer lang sein können. Bei sichtbarem Licht
liegen benachbarte Wellentäler hingegen nur
0,0004 bis 0,0007 Millimeter auseinander. Mit der
Wellenlänge verändert sich die Art und Weise, wie
Strahlung mit Materie interagiert: Während eine
Hauswand oder interstellare Staubwolken sichtba-
res Licht zurückhalten, kann Millimeterstrahlung
beides passieren. Für den Nachweis der Wellen
sind jedoch spezielle Parabolantennen nötig. Sie
müssen eine besonders glatte Oberfläche auf-
weisen und sollten sich weit oberhalb des Meeres-
spiegels befinden, da Millimeterstrahlung von
Wasserdampf in der Atmosphäre absorbiert wird.