puter zusammen. Damit erhält das Bild eine deutlich besse-
re Auflösung. Theoretisch kann ein VLBI-Verbund dadurch
Werte eines gigantischen virtuellen Teleskops von der
Größe der Erde erreichen (siehe »Wie das ›Foto‹ entstanden
ist«, unten).
Im Jahr 2000 ist allerdings klar: Für die Beobachtung
eines Schwarzen Lochs im Zentrum einer Galaxie ist die
Technik noch nicht gut genug. Denn im großen Stil funktio-
niert VLBI damals nur für Strahlung mit einer Wellenlänge
von drei oder mehr Millimetern. Für ein Bild des Schwarzen
Lochs müsste man hingegen bei einem oder einigen zehn-
tel Millimetern Wellenlänge beobachten. Und hier steckt
VLBI nach wie vor in den Kinderschuhen, trotz erster ermu-
tigender Tests durch die Gruppe um Zensus.
Dichte Staubwolken und turbulentes Gas versperren
den Blick in Richtung Schwarzes Loch
»Wir haben uns nach und nach an immer kürzere Wellen-
längen und größere Basislinien herangepirscht«, erinnert
sich der Bonner Astronom. Anfang der 2000er Jahre koordi-
niert Zensus etwa einen transatlantischen Zusammen-
schluss von europäischen und amerikanischen Radioteles-
kopen, die bei drei Millimetern beobachten, das Global
mm-VLBI Array. Es sind wertvolle Erfahrungen für die
spätere Arbeit mit dem Event Horizon Telescope – aber für
einen klaren Blick ins galaktische Zentrum reicht es noch
nicht, auch wegen der verwendeten Wellenlänge.
Hat sie einen anderen Wert als einen oder einige zehntel
Millimeter, werden die Wellen entweder von der Erdatmo-
sphäre abgefangen, oder sie kommen erst gar nicht durch
die dichten Staub- und Gaswolken, die sich zwischen der
Erde und dem Zentrum der Milchstraße ballen. Rund 10 000
Lichtjahre von der Erde entfernt driftet besonders turbulen-
tes Gas durchs All, das sämtliche Bilder von Sagittarius A*
wie Milchglas verzerrt.
Millimeterwellen können dieses Hindernis am ehesten
durchdringen. Anfang der 2000er Jahre gibt es jedoch nur
wenige Anlagen, welche diese Form der Strahlung auffan-
gen können. Die Oberflächen der Parabolantennen müssen
dafür deutlich glatter sein als bei Radioteleskopen für
größere Wellenlängen. Für den VLBI-Betrieb benötigt man
zudem Rekorder, die sehr hohe Datenraten aufzeichnen
können.
Daneben ist der Standort entscheidend: Die Teleskope
sollten mehrere Kilometer oberhalb des Meeresspiegels
stehen, da Wasserdampf in der Atmosphäre die Signale
abschwächt. Als wäre das noch nicht genug, ist das Wetter
ein wichtiger Faktor: Nur wenn der Himmel wolkenlos ist,
können die Forscher aus den Daten am Ende ein stimmiges
Bild rekonstruieren.
Das Event Horizon Telescope nimmt daher erst Gestalt an,
als eine Reihe neuer Observatorien in Betrieb geht, die gut
für Millimeter-Beobachtung geeignet sind. Etwa das Large
Millimeter Telescope in Mexiko, das auf dem Gipfel des 4600
Meter hohen Sierra Negra in den Himmel blickt. Oder das
Atacama Pathfinder Experiment (APEX) auf dem Chajnantor-
Hochplateau in Nordchile, 5100 Meter über dem Meeresspie-
gel. Die Aus- und Nachrüstungen dieser und anderer Teles-
kope wird Jahre in Anspruch nehmen. Letztlich kommt dabei
Wie das »Foto« entstanden ist
Wer zwei Teleskope zusammenschaltet, baut
damit ein Interferometer. Lichtwellen eines fernen
Objekts, die sich bei der Zusammenführung konst-
ruktiv überlagern, erscheinen für das Teleskoppaar
als heller Streifen. Strahlung, die sich gerade
auslöscht, wird hingegen zu einem dunklen Be-
reich. So legt das Interferometer gewissermaßen
ein schwarz-weißes Streifenmuster über den
Himmel – Strahlung aus den hellen Regionen kann
es nachweisen, jene aus dunklen Gegenden nicht.
Je größer der Abstand zwischen den Telesko-
pen, desto feiner wird das Muster. Hieraus bezieht
die Technik der Very Long Baseline Interferometry
(VLBI) ihr enormes Auflösungsvermögen. Zum
einen koppelt sie Teleskope, die tausende Kilome-
ter voneinander entfernt sind. Zum anderen ändert
die Rotation der Erde laufend die Länge und Orien-
tierung der gedachten Verbindungslinie zwischen
den Observatorien, der Basislinie. Dadurch werden
immer neue Raster über die anvisierte Region am
Himmel gelegt.
Wenn zwei VLBI-Teleskope bei einer bestimm-
ten Basislinie gleichzeitig kohärente Radiowellen
auffangen, befindet sich ein Teil der Quelle offen-
bar gerade unter einem hellen Streifen des Mus-
ters. Man hat also einen Hinweis auf das Aussehen
der Quelle gewonnen. Aus vielen solcher Puzzle-
steine lässt sich ein Bild der Zielregion zusammen-
setzen. Das Event Horizon Telescope hat nur an
einigen Punkten auf der Erde gemessen, deshalb
sind verschiedene Bilder mit den Daten kompati-
bel. Vier Gruppen ermittelten daher unabhängig
voneinander das plausibelste Ergebnis.
auch die Computerrevolution zur Hilfe: Sie macht Digital-
rekorder immer leistungsfähiger und preiswerter.
Bei den anfallenden Arbeiten tut sich Mitte der 2000er
Jahre unter anderem eine US-amerikanische Gruppe um
Sheperd (»Shep«) Doeleman hervor, der damals am Massa-
chusetts Institute for Technology (MIT) forscht. Mit großem
Eifer arbeitet sich das Team an den technischen Problemen
der Ein-Millimeter-VLBI ab. Es bringt dadurch vor allem die
digitale Datenerfassung und die Breitbandtechnik deutlich
voran.
Ähnlich wie die Bonner MPI-Astronomen um Zensus und
Krichbaum versuchen die Amerikaner in dieser Phase
immer wieder, einen Millimeter-Blick auf Sagittarius A* zu
werfen. 2006 koppelt Doelemans Gruppe dafür Teleskope in
Arizona, Kalifornien und auf Hawaii und richtet sie auf das
Zentrum der Milchstraße. Der erste Versuch geht schief,
doch im Jahr darauf gelingt die Beobachtung: Die drei
Teleskope fangen 1,3-Millimeter-Strahlung auf – die Wellen-
länge, bei der später auch das EHT arbeiten wird. Aus Sicht