fende Reformen im internationalen Holzmarkt erfordern,
der stark vom illegalen Handel beeinflusst wird. Darüber
hinaus wären Flächen für die Wiederaufforstung geeignet,
die für die Land- oder Weidewirtschaft gerodet worden
sind und später als unrentabel aufgegeben wurden. Ausrei-
chende Mittel vorausgesetzt, könnte die Wiederherstellung
von fünf Millionen Quadratkilometern solcher Areale
3,7 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr binden, so eine
Studie von 2015 unter der Leitung von Richard Houghton
von der Forschungsorganisation Woods Hole Research
Center. Würden sogar alle Weideflächen, die früher einmal
Wälder waren, konsequent in ihren Ursprungszustand
zurückversetzt, könnten dem Ökologen Bronson Griscom
von der Naturschutzorganisation The Nature Conservancy
zufolge bis zu zehn Milliarden Tonnen negative Emissionen
pro Jahr entstehen. Das ist bereits ein beträchtlicher Teil
der insgesamt nötigen Rückgewinnung von Kohlenstoff.
Aber dieser Schritt würde global gesehen eine Abkehr vom
Fleischkonsum erfordern – entgegen dem Trend.
Fuss erkennt in der Aufforstung nicht ganz so viel Poten-
zial. Bäume leben und sterben, sie geben den gespeicher-
ten Kohlenstoff also später in diesem oder im nächsten
Jahrhundert wieder ab. Die Menge des jährlich eingelager-
ten Kohlendioxids wird wahrscheinlich allmählich auch
zurückgehen, weil alte Wälder langsamer wachsen. Und
Risiken durch Waldbrände, erneute Rodung und direkte
Auswirkungen des Klimawandels bleiben bestehen. Den-
noch könnte die Vergrößerung von Wäldern die Zeit ent-
scheidend überbrücken, bis technische Lösungen im gro-
ßen Stil einsetzbar werden. Fuss hält bis Mitte des Jahrhun-
derts 0,5 bis 3,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr
für möglich. Das könnte 25 Milliarden bis 180 Milliarden
Tonnen zum Gesamtziel von einer Billion Tonnen in diesem
Jahrhundert beitragen. Die Kosten lägen wohl zwischen
5 und 50 Dollar pro Tonne.
Auch ließe sich das Waldmanagement auf möglichst
optimalen Kohlenstoffeintrag umstellen. Laut Griscom
ernten zum Beispiel Förster im Südosten der USA Kiefern
mehrere Jahre vor dem Zeitpunkt, der unter dem Gesichts-
punkt der CO 2 -Speicherung am besten wäre. Wenn Waldbe-
sitzer die Möglichkeit hätten, Zertifikate zu verkaufen, um
den entgangenen Ertrag während der zusätzlichen Wachs-
tumsjahre zu kompensieren, könnte dies die Ernte hinauszö-
gern und insgesamt mehr Kohlenstoff in den Wäldern halten.
Ebenso könnte der Anbau von Stickstoff bindenden
Pflanzen und ein anderes System der Weideführung die
Beweidung produktiver machen und gleichzeitig die Kohlen-
stoffspeicherung in den Böden erhöhen. Fuss schätzt konser-
vativ, dass Verbesserungen hier bis zu 5,3 Milliarden Tonnen
pro Jahr ausmachen können – 265 Milliarden Tonnen in
diesem Jahrhundert –, bei 0 bis 100 Dollar pro Tonne.
Dazu kommt so genannte Biokohle. Dabei erhitzt ein
spezieller Ofen Biomasse in einer sauerstoffarmen Umge-
bung. Es entstehen Holzkohle und technisch nutzbare Ne-
benprodukte wie Öl und Gas. Wenn die Kohle in landwirt-
schaftliche Flächen eingebracht wird, bleibt der Kohlenstoff
im Boden und kann sogar die Ernteerträge verbessern.
Obwohl das noch niemand in großem Maßstab versucht
hat, halten Fuss und ihre Koautoren das Verfahren für eine
plausible Möglichkeit, 300 Millionen bis zwei Milliarden
Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einzulagern, bei Kosten von
90 bis 120 Dollar pro Tonne. Das sind 15 Milliarden bis 100
Milliarden Tonnen in diesem Jahrhundert.
Zu Lande, zu Wasser und aus der Luft
Ein weiterer Ansatz ist Bioenergie mit CO 2 -Abscheidung
und -Speicherung, kurz BECCS. Die Pläne vieler Länder zur
Erfüllung ihrer Pariser Verpflichtungen hängen daran, doch
die Technik ist umstritten: Ein Kraftwerk verbrennt Holz,
landwirtschaftliche Abfälle oder andere Biomasse. Die
Organismen haben der Atmosphäre während ihres Wachs-
tums Kohlendioxid entzogen. Im Kraftwerk wird es zwar
wieder freigesetzt, aber aufgefangen und unterirdisch in
tiefe geologische Formationen zur endgültigen Speicherung
verpresst. Allerdings beansprucht die Bepflanzung in dem
von einigen Befürwortern vorgeschlagenen Umfang viel
Ackerfläche und konkurriert mit der Nahrungsmittelproduk-
tion, mit natürlichen Lebensräumen sowie mit anderen
Speichermethoden wie der Wiederaufforstung. Die Emissio-
nen am Schornstein anzuzapfen, reduziert zudem den Wir-
kungsgrad des Kraftwerks. Daher schätzt Fuss das Potenzial
von BECCS auf nur zwei Milliarden Tonnen pro Jahr und liegt
damit deutlich unter den Prognosen anderer Forscher. Die
Kosten lägen bei 100 bis 200 Dollar pro Tonne. Bis 2100 wä-
ren so 100 Milliarden Tonnen negative Emissionen möglich.
Ein viel diskutiertes Verfahren beschleunigt einen natürli-
chen Verwitterungsprozess: Kohlendioxid in der Luft reagiert
mit bestimmten Gesteinen wie Basalt zu festen Verbindun-
gen. Forscher wollen Felsen regelrecht zermahlen, um durch
die dergestalt vergrößerte Oberfläche die chemische Um-
wandlung deutlich zu beschleunigen. Fuss schätzt das
Potenzial auf zwei bis vier Milliarden Tonnen pro Jahr, bei
Kosten von 50 bis 200 Dollar pro Tonne.
Gelegentlich wird über die Düngung der Ozeane nachge-
dacht. Eisen oder sonstige ins Meer eingebrachte Stoffe
sollen das Wachstum von Algen und anderem Plankton
stimulieren. Doch das wäre wohl nicht nur ineffizient und
Biokohle wird aus Pflanzenmaterial hergestellt. In dieser
Form kann Kohlenstoff in landwirtschaftlich genutzte
Flächen eingebracht werden. Sie erhöht die Bodenqualität
und wird dort praktisch nicht abgebaut.
GETTY IMAGES / JEFF HUTCHENS