Spektrum der Wissenschaft - 08.2019

(Ron) #1
Palladium­
Katalyse

Fotoredox­
Katalyse

schaftler nicht auf die Suche nach
neuen Abläufen machen müssen.
Ein weiterer Pluspunkt: Zumindest
in der palladiumkatalysierten Suzuki­
Kupplung sind Thianthreniumsalze
reaktiver als die üblicherweise verwen­
deten Arylbromide. Nach der Thian­
threnierung können diese daher an
Kreuzkupplungen teilnehmen, ohne
dass die Bromidgruppen dabei Scha­
den nehmen.

Selektiv und synthetisch wertvoll
Auch durch Verwendung von speziel­
len, Licht absorbierenden Katalysato­
ren (den so genannten Fotokatalysato­
ren) lässt sich ausgehend von Thian­
threniumsalzen eine Vielzahl neuer
Bindungen knüpfen. Hierbei reduziert
der Fotokatalysator das Thianthre­
niumsalz und spaltet es in Thianthren
und Arylradikale auf. Letztere nehmen
an vielfältigen Folgereaktionen teil,

und so erhält man beispielsweise bo­
rylierte oder chlorierte Aromaten. Auf
diese Weise kann man funktionelle
Gruppen erzeugen, die relevant für die
Entwicklung von Pharmaka sein kön­
nen und sonst schwierig einzu führen
sind, wie beispielsweise Cyano­ (–CN)
oder Trifluoromethylthiogruppen
(–SCF 3 , siehe Bild oben).
Die Thianthrenierung ist die wahr­
scheinlich erste C–H­Funktionalisie­
rung, die für eine sehr große Anzahl an
Aromaten hochselektiv verläuft, ohne
eine bestimmte dirigierende Gruppe zu
benötigen, und dabei eine synthetisch
wertvolle funktionelle Gruppe einführt.
Das könnte insbesondere in der Medi­
zinalchemie viel Zeit für die Synthese
neuer Wirkstoffkandidaten sparen. Die
derzeit größte Herausforderung ist,
dass die während der Umsetzung
auftretenden Thianthrenradikale mit
vielen oxidationsempfindlichen Mole­

külen Nebenreaktionen eingehen.
Daher arbeiten wir derzeit daran, das
Verfahren noch allgemeiner einsetzbar
und nützlicher zu machen. 
Tobias Ritter ist Geschäftsführender
Direktor des Max­Planck­Instituts für
Kohlenforschung und entwickelt neue
chemische Reaktivität für die organi­
sche Synthese. Florian Berger war
vierfacher Teilnehmer der Internationa­
len Chemie­Olympiade, hat in Köln
Chemie studiert und promoviert seit
2016 am Max­Planck­Institut für Kohlen­
forschung über C–H­Funktionalisierung.

QUELLE
Berger, F. et al.: Site­selective and
versatile aromatic C−H functionalization
by thianthrenation. Nature 567, 2019
W EBL INK
Ein Video, in dem die Autoren Schritt
für Schritt zeigen, wie die Reaktion
im Labor funktioniert, ist unter
https://youtu.be/r_KPersmNU8 zu finden.

TOBIAS RITTER & FLORIAN BERGER, MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR KOHLENFORSCHUNG; BEARBEITUNG: SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT


Borylierung

Phosphonylierung

Chlorierung

Cyanierung
Thiolierung

Sonogashira­ Carbonylierung
Reaktion

Suzuki­
Reaktion

Heck­
Reaktion

Negishi­
Reaktion

para/ortho > 500/1
para/meta > 200/1

3,0 Äquivalente (CF 3 CO) 2 O
1,1 Äquivalente HBF 4 OEt 2

MeCN, 0–25°C, 2h

Ethylbenzol Tetrafluorothianthren­
S­Oxid
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