FORSCHUNG AKTUELL
Zum überhaupt erst zweiten Mal
scheint ein HIVPatient vollständig
geheilt worden zu sein. Er litt
nicht nur an der Virusinfektion, son
dern auch an einem HodginLym
phom, einer Krebserkrankung des
Lymphsystems. In seinem Körper
finden sich nach einer Strahlenthera
pie und einer Stammzelltransplanta
tion keinerlei HIViren mehr, obwohl
die Ärzte um Ravindra Guptra vom
University College London ihn nicht
mehr mit antiviralen Medikamenten
behandeln.
Damit ähnelt der Fall dem des
»BerlinPatienten« Timothy Ray Brown.
Dieser hatte im Jahr 2008 eine ver
gleichbare, aber noch drastischere
Behandlung erhalten, die sich sowohl
gegen seine Krebserkrankung als auch
seine HIVInfektion richtete und beide
erfolgreich zurückdrängte. Beim
Londoner Patienten geben sich die
Experten einstweilen noch zurückhal
tend – es sei trotz aller positiven
Zwischenergebnisse zu früh, um
bereits jetzt von einem endgültigen
Sieg über die Krankheit zu sprechen,
mahnen die beteiligten Forscher.
Genmutation verleiht Resistenz
Der HIVInfizierte hatte eine Knochen
marktransplantation erhalten, um
seine Krebserkrankung zu bekämpfen.
Als Spenderzellen setzten die Ärzte da
bei – wie dies zuvor schon beim Berlin
Patienten geschehen war – die
Stammzellen eines Mannes ein, der
auf Grund einer seltenen genetischen
Veränderung resistent gegen HIVIn
fektionen war. Beide Kopien eines
Gens namens CCR5 in den Zellen des
Spenders trugen die Mutation Del
ta32, die dafür sorgt, dass HIViren
nicht an das Rezeptorprotein auf
weißen Blutzellen andocken können,
das von diesem Gen codiert wird.
Bevor sich der Londoner Patient der
Knochenmarktransplantation unter
zog, hatten die Mediziner seine eige
nen Blutstammzellen mit einer Be
strahlung abgetötet. Deren Platz
nahmen anschließend die transplan
tierten Spenderzellen ein und übertru
gen dabei ihre HIVResistenz auf den
Empfänger. Die intensive Strahlenthe
rapie kam nur wegen der Krebserkran
kung des Betroffenen in Frage. Auch
der BerlinPatient hatte einige Jahre
zuvor wegen seiner Krebserkrankung
des Blut bildenden Systems eine
Strahlenbehandlung erhalten, aller
dings war diese noch aggressiver
gewesen. Beim Londoner Patienten
genügte ein vergleichsweise mildes
Regime, um den Krebs erfolgreich zu
MEDIZIN
BESTÄRKTE
HOFFNUNG
AUF DAUERHAFTE
AIDSHEILUNG
Zum zweiten Mal wurde ein HIV
Patient offenbar komplett vom
Virus befreit. Die Therapiemethode
kommt allerdings nicht für alle
Betroffenen in Frage.
bekämpfen. 16 Monate nach der
Stammzelltransplantation stoppten die
Mediziner die antivirale Therapie. In
den darauf folgenden eineinhalb
Jahren traten keine Symptome einer
HIVInfektion mehr auf.
Dies sei durchaus ein ermutigendes
Zeichen, kommentiert der Virologe
HansGeorg Kräusslich vom Universi
tätsklinikum Heidelberg. Denn bei HIV
Patienten tauchten nach dem Abset
zen der antiviralen Medikamente sonst
meist schon nach wenigen Wochen
wieder viele neue Viren auf. Ein end
gültiger Beweis für den Erfolg der
Therapie stehe beim Londoner Patien
ten allerdings noch aus. Zur Vorsicht
gemahne etwa der Fall des so genann
ten MississippiBabys, bei dem noch
27 Monate nach Therapieende keine
Viren mehr nachweisbar gewesen
seien, das Virus anschließend jedoch
wieder aufgetreten sei, so Kräusslich
gegenüber dem Science Media Center.
Der BerlinPatient von 2008 gilt
zwar als geheilt, bisher war aber
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HIViren (blau) attackieren eine weiße Blutzelle
(rot). Nachträglich eingefärbte, elektronen
mikroskopische Aufnahme.
NIBSC / SCIENCE PHOTO LIBRARY