LEBEN SPORT
Fotos: dpa, imago112 FOCUS 35/2019
Nein. Als Bundestrainer kann ich mir
aussuchen, wo in Deutschland ich wohne,
und wir haben bewusst Berlin gewählt,
weil wir uns hier sehr, sehr wohlfühlen.
Unsere beiden Kinder sind hier geboren.
Sohn Elias, 17, ist Leistungsträger
beim Alba-Berlin-Nachwuchs. Tochter
Leah, 21, läuft als Model über die Lauf-
stege von London, New York, Paris
und Mailand. Was ist Ihnen lieber?
Ach Gott, da halte ich mich komplett
raus. Meine Tochter ist sehr erfolgreich.
Sie war schon überall in der Welt. Aber si-
cher ist Modeln noch kurzlebiger als das
Basketballspiel meines Sohnes. Leah wird
auch mal etwas anderes machen. Stolz bin
ich auf beide. Ich liebe meine Kinder.
Während die Tochter modelt, sind Sie
selbst offenbar gänzlich uneitel. Jedenfalls
steht seit Ihrem Umzug an den Berliner
Grunewald vor drei Jahren Rödel statt
Rödl auf dem Klingelschild. Sollte Ihr
Vermieter das nicht mal ändern?
Das ist mir völlig egal. Die Post kommt an,
und der Besuch weiß auch, wo ich wohne.
Bis 1993 spielte Rödl für die University of
North Carolina, dann zog es ihn nach Ber-
lin, wo er elf Jahre das Trikot von Alba trug,
siebenmal Deutscher Meister und viermal
Deutscher Pokalsieger wurde. Anderswo
hätte er mehr Geld verdienen können,
aber Alba war einfach sein Herzensverein,
bei dem er dann auch seine Trainerkarriere
startete. Zunächst als Nachwuchscoach,
von 2006 bis 2007 als Cheftrainer, dann
als Leiter des Nachwuchsprogramms. 2010
wurde er Cheftrainer in Trier – kam aber
nach sechs Jahren allzu gern nach Ber-
lin zurück. Seit 2017 ist Henrik Rödl, der
selbst 178 Länderspiele bestritten hat, nun
Coach der deutschen Männer-National-
mannschaft. Rödl liebt es, mit dem Rad in
Berlin herumzufahren, hier und da abzu-
steigen und eine Tasse Kaffee zu trinken.
Berlin entspanne ihn, sagt er, und wenn er
dann so herumschaue, habe er das Gefühl,
dass in dieser Metropole alle Leute irgend-
wie klarkommen miteinander.
Uli Hoeneß hat München zum großen Kontra-
henten von Berlin gepäppelt. Gerade holten
die Bayern ihren zweiten Deutschen-Meister-
Titel in Folge. Wird der große Mann des
FC Bayern dem deutschen Basketball fehlen?
Auf jeden Fall. München hat inzwischen
tolle Trainer, ein tolles Umfeld und ist ein
toller Verein. Der Club spielt gemeinsam
mit Alba Berlin in der EuroLeague. Das
ist ein starkes Signal. Hoeneß hat Mün-
chen zur zweiten Basketball-Hochburg
gemacht. Ich werde ihn vermissen und
hoffe, dass er einen Nachfolger findet,
unter dem es keinen Rückschritt gibt.
Leute wie Karl-Heinz Rummenigge, Oliver
Kahn und Herbert Hainer hat man selten
im Münchner Basketball-Dome gesehen.
Ich weiß nicht, ob sie große Basketball-
Fans sind. Aber in München gibt es ge-
wiss genug Leute, die Basketball weiter
pushen werden.
Wie wird ein Basketball-Team eigentlich
erfolgreich? Gibt es da ein ideales Verhältnis
zwischen guter Laune und Disziplin?
Prozentual kann ich das nicht sagen.
Aber für uns als Nationalmannschaft sind
Begriffe wie Wertschätzung und Atmo-
sphäre absolut zentral. Die Spieler bekom-
men bei uns Miniprämien: Peanuts, die
für sie keinerlei Anreiz darstellen. Auch
erhalten sie ja keinen besseren Vertrag
bei ihren Clubs, nur weil sie National-
spieler sind. Damit sich also alle bei uns
wohlfühlen, haben wir ein Spitzenteam
hinter dem Team verpflichtet. Unsere Phy-
siotherapeuten, Athletiktrainer, Teampsy-
chologen und so weiter sind Weltklasse.
Dennis Schröder ist aktuell der Leader
der Truppe. Aber sind die Fußabdrücke,
die Dirk Nowitzki hinterlassen hat,
nicht eine Nummer zu groß für ihn?
Welchen Nutzen hätten wir davon,
einen solchen Vergleich anzustellen? Das
ist doch eine dieser Fragen, deren Ant-
wort uns nichts bringt. Dennis macht sehr
viel für uns. Er ist ein Anführer – auch
neben dem Spielfeld. Aber er ist eben
auch eine eigene Persönlichkeit und geht
seinen eigenen Weg.
2021 wird die EM-Endrunde in Deutschland
ausgetragen. Wie sehr spielt Ihnen dieses
Top-Ereignis in der Heimat bei der Ent-
wicklung des jungen Teams in die Karten?
Eine deutsche Europameisterschaft ist
natürlich ein Traum für diese Generation,
aber zugleich auch eine Auszeichnung für
den deutschen Basketball und für uns als
Organisatoren. Man traut uns offenbar zu,
dass wir das können. Und sportlich hätte
ich nichts dagegen, wenn wir den Titel
gewännen – wie bei der Heim-EM 1993.
Wobei allerdings mein eigener Vertrag
nach Olympia in Tokio 2020 endet.
Fällt Ihnen für eine Heim-EM denn ein
besserer Trainer ein als Sie selbst?
(Lacht:) Ich habe das nicht zu beurtei-
len. Aber Trainer der Nation zu sein ist
schon die tollste Sache überhaupt. nINTERVIEW: AXEL WOLFSGRUBERGlücklich Mit North Carolina holt
sich Henrik Rödl 1993 den US-College-TitelÜberraschend Der 178-malige deutsche
Nationalspieler wird 1993 EuropameisterSiegreich Mit Alba erringt Trainer Rödl
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