Focus - 24.08.2019

(Brent) #1

WIRTSCHAFT DIESEL


Foto: dpa

50 FOCUS 35/2019


normaler Vorgang. Neef sei im Rahmen
„eines üblichen Bewerbungsverfahrens“
zu seiner Position gekommen.
Für Sauer sind solche Details dennoch
Symbole der Verfilzung zwischen Staat
und Autoindustrie. Um die Politik zur Ver-
antwortung zu ziehen, hat er vor dem
Landgericht Freiburg sogar eine Staats-
haftungsklage auf den Weg gebracht.
Aktuell schimpft Sauer auf Bundesver-
kehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Weil er Details der Genehmigungen für
Schummelmotoren geheimhalte, verstoße
er „in massiver Weise gegen das Informa-
tionsfreiheitsgesetz“. Der
Minister wolle „die Inte-
ressen der kriminellen Auto-
industrie“ schützen.
Die öffentliche Polemik ist
wohl dem Wunsch geschul-
det, bis Ende September
möglichst viele Pkw-Besit-
zer für die Musterfeststel-
lungsklage zu gewinnen.
Wie es dann weitergeht,
wagt kein Jurist vorherzu-
sagen. Überraschend wäre
es, wenn das OLG Braun-
schweig rasch im Sinne der
Kunden entscheiden wür-
de. Realistischer erscheint,
dass das Verfahren in die
nächste Instanz geht, vor
den Bundesgerichtshof. Die
obersten Richter äußerten in
einem früheren Verfahren
bereits Verständnis für das
Anliegen der VW-Käufer.
Wird sich VW erneut ver-
gleichen wollen, bevor es Gefahr läuft,
vor dem BGH zu unterliegen?
Wahrscheinlich schon, meint Sauer.
Kaum zu erwarten, heißt es dagegen bei
MyRight. „Selbst wenn VW vor dem BGH
unterliegen sollte“, sagt Jan-Eike Andre-
sen, „wird das Unternehmen darauf spe-
kulieren, dass es für die meisten Kunden
zu teuer und auch zu aufwendig ist, im
Anschluss an die Musterfeststellungskla-
ge ihren Anspruch geltend zu machen.“
Das wäre, wenn es wirklich so eintreten
würde, für VW tatsächlich ein finanzieller
Segen. Für den deutschen Rechtsstaat
allerdings ein historisches Debakel. n

Wem sollen sich geschädigte Diesel-Fah-
rer anschließen? Wer die 35 Prozent Pro-
vision für MyRight nicht zahlen will,
braucht für sein Diesel-Verfahren eine
Rechtsschutzversicherung oder gute Ner-
ven. Wer keines von beiden hat, dem
bleibt die Musterfeststellungsklage.
Dafür müssen Kunden zunächst einmal
gar nichts tun – außer sich ins Klagere-
gister einzutragen.
Doch Fachleute warnen: Wer im Kla-
geregister steht, wartet womöglich ewig
auf sein Geld – und kann nicht gleichzei-
tig ein Verfahren gegen VW oder einen
Autohändler anstrengen.
„Wenn ich selbst ein vom
Diesel-Skandal betroffenes
Fahrzeug erworben hät-
te“, sagt der Regensbur-
ger Jura-Professor Michael
Heese, „würde ich mich der
Musterfeststellungsklage
sicher nicht anschließen,
sondern meine Ansprüche
individuell verfolgen.“ Er
fügt jedoch hinzu, dass
er „die Rechtslage selbst
beurteilen“ kann und auch
bereit wäre, „das aus mei-
ner Sicht überschaubare
Prozessrisiko zu tragen“.
Demnächst wird der BGH
über ein MyRight-Ver-
fahren entscheiden. Denk-
bar, dass das Gericht ein
eindeutiges Signal im Sinn
der VW-Kunden gibt und
damit künftige Klagen
erleichtert.
Effektiver Rechtsschutz, sagt Heese,
müsse in „angemessener Zeit“ erreicht
werden. „Was nützt es einem Verbrau-
cher, wenn er in den nächsten fünf bis sie-
ben Jahren (vielleicht) ein Urteil erwarten
kann? Die Mehrzahl der Gerichte mindert
den Schadensersatzanspruch des Käufers
derzeit um eine Nutzungsentschädigung.
Mit jedem gefahrenen Kilometer schmilzt
also der Anspruch. Wenn sich diese Auf-
fassung in der Rechtsprechung weiter
durchsetzen sollte, könnten viele der
angemeldeten Verbraucher von einem
Musterfeststellungsurteil wohl kaum
noch etwas haben.“


Auch Rechtsanwalt Sauer findet die
Rahmenbedingungen für die Muster-
klage nicht optimal. Ein großer Fehler im
Gesetz ist aus seiner Sicht der Gerichts-
stand. Er ist zwingend am Sitz des beklag-
ten Unternehmens.

Wie neutral ist die Justiz?
Im Falle von VW ist das Braunschweig.
„Jeder Braunschweiger Richter wird
jemanden kennen, der mittelbar oder
direkt von VW profitiert“, sagt Sauer. „Er
wird sich zweimal überlegen, ob er durch
seine Entscheidung dem Hersteller hohe

Kosten verursachen soll.“ Tatsächlich gel-
ten Landgericht und Oberlandesgericht
(OLG) Braunschweig als schwer einzu-
nehmende Bastionen für VW-Kläger. Mit
der Verhandlung über die Musterfeststel-
lungsklage wurde der Vorsitzende Richter
Michael Neef betraut. Er arbeitete von
September 2015 bis Ende Oktober 2018
in leitenden Funktionen im Justizminis-
terium in Hannover. Ist dies ein Zeichen
für die Staatsnähe der niedersächsischen
Justiz? Schließlich ist Niedersachsen mit
11,8 Prozent an VW beteiligt.
Das OLG weist solche Spekulationen
zurück. Die Berufung sei ein vollkommen

Bundesgerichtshof Hier steht demnächst ein MyRight-Verfahren
zur Entscheidung an

Das Gesetz zur Musterfeststellungsklage hat Schwächen.


Im Erfolgsfall müssen VW-Kunden nochmals vor Gericht


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