Focus - 24.08.2019

(Brent) #1

WISSEN GESUNDHEIT


Fotos: Simon Koy für FOCUS-Magazin

FOCUS 35/2019

AUFRECHT DURCHS LEBEN Nicht um Statik, sondern um fließende
Bewegung. Meine beiden Lehrer vermei-
den Begriffe wie gut oder schlecht, richtig
oder falsch, und ich übe unter ihrer Anlei-
tung, mich von unten bis oben neu auszu-
richten, mich dabei von meinem Körper
tragen zu lassen mit so wenig Kraft wie
möglich. Ich balanciere den Kopf, bis die
Halsmuskeln nichts mehr halten müssen.
Die Schultern lege ich auf den Brustkorb.
Die dafür nötigen Bewegungen sind viel
subtiler und müheloser, kleiner und fei-
ner, als ich ursprünglich dachte.


Weniger Ehrgeiz, mehr Leichtigkeit
Mit weniger Ehrgeiz und mehr Leich-
tigkeit verfolge ich mein Aufrichtungs-
programm weiter, eher mit der Vorstel-
lung einer freien und gelösten als der
einer möglichst geraden Haltung. Es
gibt Rückfälle in alte Muster, doch oft
gelingt das Austarieren. Im Laufe der
Wochen scheine ich um zwei oder drei
Zentimeter gewachsen. Einer Freundin
ist das aufgefallen. Sie findet es gut, und
es bestärkt mich.
Sport hilft, ganz klar. Aktivitäten wie
Yoga, Basketball oder Schwimmen dürf-
ten noch nützlicher sein als Rennrad-
fahren. Bewegung auf dem Bürostuhl
ist ratsam. Auch Übungen, wie sie der
Münchner Experte für medizinische
Kräftigungstherapie, Benjamin Zölß, für
FOCUS zusammengestellt hat, schaffen
einen guten Ausgleich (siehe links). Ich
selbst profitiere von Bildern im Kopf, wie
sie Benjamin Zölß anbietet, etwa von der
Idee, es zögen mich unsichtbare Fäden an
den Ohren sanft in die Höhe.
Gehe ich nun offener durchs Leben,
mehr nach außen als nach innen gewandt?
Hat sich mein Horizont geweitet? Viel-
leicht ein wenig. Womöglich wirke ich
stolzer, hoffentlich nicht arroganter. Aber
macht aufrecht auch aufrichtig? Und hilft
es, die Contenance zu wahren?
Eine innere Haltung zu finden, die man
gelassen oder gar weise nennen könnte,
Rückgrat zu zeigen oder gar unbeugsam
zu sein. Das ist die größere Aufgabe. Das
gibt es nicht geschenkt dazu.
Es wird ein Streben bleiben. Daran,
dass wir dabei Vollkommenheit nicht
erlangen werden, erinnerte der Philosoph
Immanuel Kant, der bekannt dafür war,
mit gebeugtem Rücken durch Königs-
berg zu spazieren. Er schrieb: „Aus so
krummem Holze, als woraus der Mensch
gemacht ist, kann nichts ganz Gerades
gezimmert werden.“n

A


lles eine Frage der Biomechanik,
meint Benjamin Zölß, leitender
Medizinischer Kräftigungstherapeut
am Marianowicz-Zentrum in München:
Ein Bierbauch erzeugt ein Hohlkreuz,
ein hängender Kopf einen runden
Rücken. Er empfiehlt, den Körper zu
reizen, ihn zu strecken und größer zu


machen, mit Dehnungen innere Wider-
stände zu überwinden, Muskelketten zu
stärken und Verspannungen zu lösen.
Seine sieben einfachen Übungen helfen
dabei. Am besten zwei- bis dreimal die
Woche ausführen, je 10- bis 20-mal pro
Übung, zusätzlich zu anderen Arten von
Bewegung wie Joggen oder Tanzen. n

Diagonalzug
Den Rücken gerade an eine Wand
drücken. Erst den einen, dann den
anderen Arm schräg nach oben an
die Wand ziehen. Ein Theraband
macht die Übung anspruchsvoller.


Flügelschlag
Die Unterarme im rechten
Winkel vor dem Körper
halten und dann, so weit es
geht, nach hinten drehen.
Die Schulterblätter zu-
sammenführen. Steigern
lässt sich das Training
mit dem Theraband.

Wirbelsäulenklappe
Arme auf einer Seite
übereinanderlegen, obe-
res Bein anwinkeln, dann
den oberen Arm nach
hinten bewegen, so weit
es geht. Den Kopf mit-
nehmen, die Beine nicht.
So mobilisieren Sie die
Brustwirbel und öffnen
den Brustkorb.

Diagonalstütz
Auf Knie und Hände stützen. Jeweils
einen Arm und das gegenüberliegende
Bein möglichst gerade ausstrecken.
Rücken bleibt gerade. Fünf Sekunden
halten. Stärkt die Rückenmuskulatur.

Galionsfigur
Beine strecken, Fußspitzen anziehen, Brust Richtung Decke. Erst
das eine, dann das andere Bein gerade anheben und einen Fuß auf
den anderen legen. Fünf Sekunden halten. Kräftigt die Beinmuskeln.

Lufttritt
Auf den Rücken legen, die Beine
anziehen und langsam schräg
nach oben strecken. Die Lenden-
wirbel halten festen Bodenkon-
takt. Trainiert die Bauchmuskeln.


Dorsal-Stretch
Die Zehen anziehen und zu greifen
versuchen. Mindestens 30 Sekun-
den halten. Dehnt Muskeln und
Sehnen entlang der kompletten
Körperrückseite.

Benjamin Zölß
Sein Tipp fürs Büro:
die Arme nach hin-
ten über die Stuhl-
lehne fallen lassen

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