Die Welt am Sonntag Kompakt - 01.09.2019

(Brent) #1

WELT AM SONNTAG NR.35 1.SEPTEMBER2019 STIL 47


errlich riecht es im Gewächshaus, es ist
Tomatenhochsaison, und jede der 16 hier
wachsenden Sorten hat eine andere Farbe,
von Blassgrün bis Ketchuprot, und eine
andere Größe, von walnussklein bis ten-
nisballgroß. Yannic Schon erklärt: „Ein Gewächshaus
dieser Größe und Ausstattung hat auf dem Dorf diesel-
be Funktion wie ein Porsche in der Stadt. Die Nach-
barn kommen gucken und schwanken zwischen Be-
wunderung und Neid.“

VON EVA BIRINGER

VVVergangenes Jahr haben Schon, 36, und seineergangenes Jahr haben Schon, 36, und seine
Freundin Susann Probst, 32, bis dahin Wahlberliner,
ein Haus in einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern
gekauft. Seitdem leben die beiden den Traum vieler
Großstädter, nämlich ein Doppelleben zwischen Land
und Metropole.
Und weil sie mit Krautkopf einen überaus erfolg-
reichen Foodblog für saisonale, vegetarische Gerichte
betreiben, inszenieren sie ihre Stadtflucht auf benei-
denswert geschmackvolle Weise: mit vielen Fotos aus
ihrem frisch renovierten Haus und von Gerichten wie
selbst geerntetem Sommersalat, präsentiert auf
handgetöpfertem Geschirr.
In ihrem früheren Leben waren die beiden Hoch-
zeitsfotografen, zunächst in Koblenz, ab 2008 in Ber-
lin. Zum Bloggen kamen sie quasi als Beschäftigungs-
maßnahme außerhalb der Hochzeitshochzeit. Ein
WWWorkshop führte sie in ein Dorf, in dem ein Haus zumorkshop führte sie in ein Dorf, in dem ein Haus zum
VVVerkauf stand, das 1948 für Flüchtlinge aus den ehe-erkauf stand, das 1948 für Flüchtlinge aus den ehe-
mals deutschen Ostgebieten gebaut wurde. Und das
nun eben Stadtflüchtlinge beherbergt.
Haus heißt: 110 Quadratmeter Wohnfläche ohne
Heizung, stattdessen eine Feuerstelle, dazu ein Vieh-
stall und 3500 Quadratmeter Grundstück, also jede
Menge Platz für Eigenanbau. „Letztes Jahr ist die erste
Ernte üppiger ausgefallen“, bemerkt Schon, während
er mit einer Grabegabel Kartoffeln aus der Erde hebt.
Er trägt eine Städteruniform aus Hornbrille, Jeans, T-
Shirt. Seine Wildlederboots hat er für die Gartenarbeit
gegen Gummistiefel ausgetauscht. Neben ihm kniet
seine Freundin im schwarzen Shirt und gestreiften
Leinenrock. Ihre blonden Haare trägt sie als Topf-
schnitt, noch hat sie niemanden in der Gegend gefun-
den, der ihn zufriedenstellend schneidet.

1 60 GEMÜSESORTEN WWWeeniger wegen eines Friseur-
besuchs als vielmehr aus beruflichen Gründen fahren
die beiden mehrmals im Monat in die zweihundert Ki-
lometer entfernte Hauptstadt und wohnen für einige
Tage wieder in ihrer Wohnung in Wedding. „Anfangs
dachten wir, das Siedlerhaus wird nur eine Wochen-
endbleibe“, erklärt Schon. „Mittlerweile haben wir gar
keine Lust mehr auf die Stadt.“ Und das trotz aller
Widrigkeiten des Landlebens, wozu das Fehlen eines
Bioladens gehört. Nicht zuletzt deshalb erwirtschaf-
ten die beiden einen Großteil ihres Bedarfs selbst,
bauen 160 Gemüsesorten an. Als Nächstes wollen sie
im Baumstumpf neben dem Stall Pilzsporen säen, weil
es auf dem Land nur Pilze zu kaufen gibt, die in Plastik
verpackt sind. Als Selbstversorger wollen sie sich
trotzdem nicht bezeichnen. „Dazu fehlt uns schlicht-
weg die Zeit.“ Hauptberuflich sind sie schließlich kei-
ne Bauern, sondern Food-Fotografen. Und Meister da-
rin, aus dem, was der Garten bereithält, eine köstliche
Mahlzeit zu kochen. Gleich hinter der Eingangstür ih-
res Hauses liegt die Küche, ein niedriger Raum mit un-
ebenem Steinboden, einem gusseisernen, feuerbetrie-
benen Ofen und einer frei stehenden Kochinsel. Die
wurde, wie so vieles im Haus, maßgefertigt. „Das Haus
war in gutem Zustand. Trotzdem war es uns wichtig,
unseren eigenen Stil zu verwirklichen“, erzählt Schon,
während er Kartoffeln, Tomaten und Zucchini putzt.
Das Bad etwa wurde komplett entkernt, ochsenblut-
rot gestrichen und ein Viehtrog als Waschbecken an-
gebracht. Im Wohnzimmer steht ein alter Ofen neben
einem Retroplattenspieler. Die Leinenbettwäsche im
Gästezimmer ist im genau richtigen Maß verknittert.

Die Pflegeprodukte im Bad sind von Aesop, der Kühl-
schrank von Smeg. „Wir lieben Reduktion, aber ent-
behrlich soll es nicht sein“, versichert die Gastgeberin.
„Als Nächstes wollen wir uns den Dachstuhl vorneh-
men. Dann vielleicht den Stall zum Veranstaltungs-
raum umbauen.“ Erst einmal jedoch Mittagessen:
Ofengemüse mit Kartoffeln. Vor dem Servieren trägt
Schon den mit essbaren Blüten dekorierten Teller ins
Wohnzimmer, zum besseren Licht, und drückt auf den
Auslöser. So ein Foto bringt bei Instagram mitunter
viele Tausend Likes – und somit Reichweite für Wer-
bung. Manche Follower nehmen ihnen übel, dass sie
Kooperationen eingehen, mit Firmen wie Averna oder
Adobe. Probst klärt auf: „2016 haben wir versucht, mit
einer Rezepte-App Geld zu verdienen – und sind ge-
scheitert. Offenbar ist kaum jemand bereit, vier Euro
zu bezahlen, wo doch alles umsonst im Netz steht. Be-
zahlte Werbung ist in Ordnung, wenn wir hinter dem
Produkt stehen.“ Das gelte natürlich nicht für Würst-
chengrillevents, schließlich sei man ein fleischfreier
Blog. Vegan nicht, Rhabarber-Cheesecake-Schnitten
schmecken mit Butter besser als mit Margarine. Den-
noch würden sie niemals den Bienen, die sie im hinte-
ren Teil des Gartens züchten, den Honig wegnehmen.
Was vermissen sie an der Stadt? „Am ehesten den
Austausch mit Gleichaltrigen“, überlegt Schon. Und
fügt hinzu, dass sie hier großes Glück hätten. In der
Nachbarschaft wohnen eine Biobäuerin sowie ein
Gärtner, welche die Berliner Spitzengastronomie be-
liefern. „Auf dem Land gibt es ein ganz anderes Zu-
sammengehörigkeitsgefühl“, schwärmt Schon. „Statt
Termine auszumachen kommen die Leute mit einer
Flasche Bier vorbei und sagen: ‚Mach mal Pause, Yan-
nic.‘“ Neulich habe sie der Postbote gefragt, ob das
hier draußen nicht zu einsam sei. Nein, sie haben ja ei-
nander. Und WLAN. Aber natürlich, man frage sich,
wie das wohl wäre, wenn Nachwuchs käme und man
den ständig mit dem Auto herumfahren müsste. „Und
erst das Alter: Natürlich ist die medizinische Versor-
gung hier schlechter als in der Stadt.“ All die digitalen
Nomaden, die mit dem Gedanken spielen, ihren Ar-
beitsplatz ins Grüne zu verlegen, sollten darauf ge-
fasst sein, dass sich Gespräche nicht mehr um das neu-
este iPhone drehen, sondern um Gewächshausbelüf-
tung und Greifvogelstangen. Oder Rasenmäher. Mit
dem richtigen Modell kann man Schon zufolge bei den
Nachbarn ebenfalls punkten.

Rin in die Kartoffeln!


H


FLORIAN REIMANN

(3)

Die Fotografen Yannic


Schon und Susann Probst


haben sich ein Häuschen auf


dem Land gekauft und


bauen Gemüse an.


Die Ergebnisse zeigen sie in


ihrem Blog „Krautkopf“


Ein Gemüsebeet mit Häuschen Gerade sind die
KKKartoffeln erntereif (oben). Unten rechts: Vorräte imartoffeln erntereif (oben). Unten rechts: Vorräte im
Glas – fermentierte Gurken und Rote Bete

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gegen Gummistiefel ausgetauscht. Neben ihm kniet

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seine Freundin im schwarzen Shirt und gestreiften
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Shirt. Seine Wildlederboots hat er für die Gartenarbeit
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seine Freundin im schwarzen Shirt und gestreiften
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Leinenrock. Ihre blonden Haare trägt sie als Topf-Leinenrock. Ihre blonden Haare trägt sie als Topf-News"

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