Die Welt am Sonntag Kompakt - 01.09.2019

A

nfang August schloss

sich ein Kreis für Paul

Viktor Louis Zipser.

„Ich bin sehr froh, wieder in

der Stadt zu sein, bei mei-

nem Verein, in dem ich ja

noch so viele Leute kenne“,

sagte der 25-Jährige, als er

beim FC Bayern München für

die neue Saison vorgestellt wurde.

Hinter dem gebürtigen Heidelberger lagen zwei

Jahre voller Höhen und Tiefen. Bei den Bayern hatte

er sich zum Bundesliga- und Nationalspieler ent-

wickelt, ehe die Chicago Bulls ihn 2016 an Position 48

drafteten und in die NBA holten.

Nach einem guten ersten Jahr mit 44 Einsätzen

und durchschnittlich 5,5 Punkten kam Zipser in der

folgenden Saison in 54 Einsätzen lediglich noch auf

4,0 Punkte – und das mit einer schwachen Wurfquote

von 34,6 Prozent. Die Folge: Die Bulls entließen den

jungen Deutschen, der über anhaltende Schmerzen

im linken Fuß klagte, in Amerika aber keine Diagnose

erhielt. Erst nach seiner Rückkehr in die Heimat

wurde ein Ermüdungsbruch festgestellt. Anschlie-

ßend absolvierte Zipser in Heidelberg ein Wieder-

aufbautraining und spielte von Januar an einige Mo-

nate für San Pablo Burgos, einen Verein aus Spaniens

erster Liga.

Nun ist er also wieder bei seinem FC Bayern, dem

Deutschen Meister, und bereit für die große Bühne

bei der WM. „Es wird für mich ein kleiner Neuanfang

sein nach fast zwei Jahren mit der Fußverletzung.

Ich bin jetzt fit und gesund“, sagt Zipser, der

jedoch keinen Hehl daraus macht, was ihm

für seine Zukunft vorschwebt: „Mein

Ziel ist ganz klar, wieder in die NBA

zurückzukommen.“ Dann würde

sich erneut ein Kreis für ihn

schließen.

E

r ist einer der Typen,

vor denen US-Coach

Gregg Popovich seine

Spieler eindringlich warnt.

Dabei wirkt Patrick „Patty“

Mills mit seinen 82 Kilo-

gramm verteilt auf 1,83 Meter

fast wie ein Schuljunge. Aber

Mills – Sohn eines Torres-

Strait-Insulaners und einer Aborigine – ist schnell,

beweglich, trickreich. Auch seinetwegen sagt Popovic

über die Australier: „Sie sind eines der Teams, die das

ganze Ding gewinnen können. Ohne Zweifel.“

Und siehe da, angetrieben vom indigenen Mills,

fügten die „Boomers“ (nach den großen männlichen

Kängurus) dem favorisierten Titelverteidiger auf dem

Weg zur WM die erste Niederlage seit knapp 13 Jah-

ren und 78 Spielen zu (wenn NBA-Stars für die Ame-

rikaner auf dem Parkett standen). Der 31 Jahre alte

Mills, Profi bei den San Antonio Spurs und NBA-

Champion von 2014, war beim 98:94 vor 52.079 Zu-

schauern in Melbourne, Australiens erstem Sieg über

die USA, bester Mann auf dem Feld. Und er ver-

spricht für die WM: „Wir versuchen, Geschichte zu

schreiben.“ Gregg Popovich weiß,

wovon er spricht.

60 SPORT WELT AM SONNTAG NR.35 1.SEPTEMBER2019

Die 18. Basketball-WM vom 31. August
bis 15. September in China ist die erste
mit 32 Teams, die größte seit der Pre-
miere 1950 – und für die deutsche Na-
tionalmannschaft um Anführer Den-
nis Schröder das erste Weltturnier
nach dem Rücktritt von Superstar
Dirk Nowitzki vor vier Jahren.

Modus:In der Vorrunde qualifizieren
sich die beiden besten Teams jeder der
acht Vierergruppen für die Zwischen-
runde, in der die 16 Mannschaften in

vier Vierergruppen aufgeteilt werden.

Alle Punkte und Ergebnisse aus der

VVVorrunde werden dabei übernommen.orrunde werden dabei übernommen.

Die beiden besten Teams jeder Gruppe

qualifizieren sich für das Viertelfinale.

VVVon da an geht es im K.-o.-Modus wei-on da an geht es im K.-o.-Modus wei-

ter. Der Weltmeister wird im Finale am

1 5. September in Peking ermittelt.

Olympiaqualifikation: Neben Gold,

Silber und Bronze werden bei der WM

über Regionalquoten auch sieben di-

rekte Startplätze für die Olympischen

Spiele 2020 in Tokio vergeben. Die

besten zwei europäischen Teams

schaffen den sofortigen Sprung zu den

Sommerspielen. Im kommenden Jahr

gibt es dann für 24 Mannschaften

noch vier Sechserturniere, bei denen

sich nur die Gewinner für Olympia

qualifizieren.

Spielorte:Die WM-Partien werden in

acht Spielorten ausgetragen: Peking,

WWWuhan, Guangzhou, Foshan, Shang-uhan, Guangzhou, Foshan, Shang-

hai, Nanjing, Shenzhen und Donggu-

an. Alle Partien vom Halbfinale an fin-

den in der Hauptstadt Peking statt.

AAAufgebot der Deutschen: ufgebot der Deutschen: Maodo Lo

(26 Jahre, FC Bayern München, Gu-

ard, 54 Länderspiele), Niels Giffey (28

Jahre, Alba Berlin, Forward, 68 Län-

derspiele), Johannes Voigtmann (26

Jahre, ZSKA Moskau, Center, 61 Län-

derspiele), Ismet Akpinar (24 Jahre,

Besiktas Istanbul, Guard, 36 Länder-

spiele), Daniel Theis (27 Jahre, Boston

Celtics, Forward/Center, 39 Länder-

Deutschland mit Medaillenchancen

D

as hatte vor ihm nur
der Deutsche Dirk
Nowitzki geschafft:
Giannis Antetokounmpo von
den Milwaukee Bucks wurde
als erst zweiter Europäer seit
1946 zum wertvollsten Spie-
ler (MVP) der besten Liga
der Welt gewählt. Der 24
Jahre alte Grieche war in der Punkterunde im Schnitt
auf 27,7 Punkte und 12,5 Rebounds pro Spiel gekom-
men und mit den Bucks erst im Halbfinale am späte-
ren Champion Toronto Raptors gescheitert. Basket-
balllegende Kobe Bryant sagte, für Antetokounmpo,
den sie „The greek freak“ nennen, sei „nur der Him-
mel die Grenze“.
Dabei war der junge Mann die ersten 18 Jahre
seines Lebens staatenlos. Antetokounmpos Eltern
migrierten Anfang der 1990er-Jahre illegal aus Nige-
ria nach Griechenland, wo Giannis 1994 geboren
wurde, dadurch aber nicht automatisch die grie-
chische Staatsbürgerschaft erwarb. Um einen nige-
rianischen Pass zu erhalten, fehlten wiederum Pa-
piere. Erst 2013, kurz vor seinem Wechsel in die USA,
bürgerten die Griechen ihn ein – und das auch nur,
weil er auf dem Basketballplatz das Potenzial zeigte,
ein Superstar zu werden, und Nigeria ihm infolge-
dessen einen Pass und einen Platz in seiner Na-
tionalmannschaft anbot.
„An manchen Tagen fehlte das Geld für Essen“,
erzählte Antetokounmpo dem Magazin „Time“ über
seine Jugend, als dieses ihn 2017 zu einem „Next
Generation Leader“ kürte, einer Führungspersönlich-
keit der Zukunft. Vater Charles fehlte der Aufent-
haltsstatus, er bekam keine reguläre Arbeit, betätigte
sich unter anderem als Orangenpflücker. Die Mutter
hütete Babys. Und Giannis verkaufte mit seinen Brü-
dern auf der Straße Souvenirs.
Selbst später, als er bekannt und eingebürgert war,
wurde Antetokounmpo noch Opfer rassistischer
Anfeindungen. So nannte ihn ein rechtsradikaler
Politiker der Partei „Goldene Morgenröte“ öffentlich
einen Schimpansen.
Heute ist er ein Volksheld – und im Verbund mit
seinem drei Jahre älteren Bruder Thanasis, der eben-
falls für die Milwaukee Bucks spielt, die größte Hoff-
nung der Griechen auf einen Medaillengewinn bei der
WM. Giannis Antetokounmpo selbst sagt: „Ich würde
meinen MVP-Titel gegen die Goldmedaille in China
eintauschen.“

Ein Freak auf Nowitzkis Spuren

Giannis Antetokounmpo

Griechenland

Fit für die große Bühne

Paul Zipser

Deutschland

Anführer der „Boomers“

Patty Mills

Australien

GETTY IMAGES/ IMAGE SOURCE; AP PHOTO/YORGOS KARAHALIS; AXEL HEIMKEN/ DPA; PA/ XINHUA NEWS A/ LI BO; AP PHOTO/ ANDY BROWNBILL; ETHAN MILLER/ GETTY IMAGES/ AFP; TAO ZHANG/ GETTY IMAGES

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