FOTOS: FRANZ BISCHOF/STERN; SVEN SIMON/DDP
Kiefer, 1977 in
Holzminden gebo-
ren, schaffte 1999
den Sprung in
die Weltspitze.
Auf der ATP-Tour
gewann er neun
Turniere und
stand weitere 13
Mal in einem End-
spiel. Sein größter
Erfolg war die
Silbermedaille im
Doppel mit Rainer
Schüttler 2004 in
Athen (o. während
des Finales).
Kiefer ist ver-
heiratet, hat eine
neunjährige
Tochter und lebt
in Hannover. Er ist
leidenschaftlicher
Anhänger von
Hannover 96,
spielt Golf, surft,
läuft Marathon
und engagiert sich
für die Aktion
Kindertraum e. V.
H
aben Sie den Schläger noch, mit
dem Sie als Sechsjähriger anfin-
gen, Tennis zu spielen?
Ja, ich habe sogar noch drei mei-
ner ersten Schläger. Die waren aus
Holz und sind verglichen mit den
heutigen Modellen unglaublich schwer
und behäbig. Mittlerweile unterstütze ich
als Trainer und Berater das Trainerteam
des SCC Berlin in der Jugendarbeit. Ab und
zu zeige ich den Kindern meine alten
Schläger. Sie können meist gar nicht glau-
ben, dass damit früher überhaupt Tennis
gespielt wurde.
1999 schafften Sie den Sprung in die
Tennisspitze, waren ein Jahr später die
Nummer vier der Weltrangliste. Ihre
Karriere-Highlights?
Das Halbfinale beim Masters 1999 in mei-
ner Heimatstadt Hannover mit einer
Niederlage gegen Pete Sampras und das
Halbfinale bei den Australien Open 2006.
Aber vor allem natürlich die Olympischen
Spiele 2004 in Athen. Eigentlich war ich
dort im Doppel mit Rainer Schüttler ohne
große Erwartungen an den Start gegangen.
Dann kamen wir Runde um Runde weiter
und standen plötzlich im Finale. Letztend-
lich war es tragisch: Wir hatten vier Match-
bälle. Das war eine einmalige Chance, die
Goldmedaille war zum Greifen nah – und
trotzdem verloren wir.
Aber Sie gewannen Silber.
Ja, das realisierte ich aber erst später. Zu-
nächst ging es weiter nach New York zu den
US Open. Als die vorbei waren, fiel der
Druck von mir ab. Erst dann wurde mir be-
wusst, welch riesengroßer Erfolg das doch
gewesen ist in Athen.
Sie haben allein an Preisgeld 7,5 Millio-
nen US-Dollar gewonnen. Arbeiten Sie
heute noch, um Geld zu verdienen?
Sagen wir es so: Mir geht’s auch heute noch
sehr gut. Aber man muss wissen: Tennis-
profis sind Einzelunternehmer, bei denen
die Kostenseite extrem hoch ist, da wir
Trainer, Hotels, Reisen und vieles andere
selbst finanzieren.
Bei Ihrem Rücktritt 2010 verkündeten
Sie, Ihr Sportmanagement-Studium ab-
schließen zu wollen. Haben Sie diesen
Vorsatz durchgezogen?
Nein. Gleich in meinem ersten Profijahr
1997 musste ich aufgrund einer schweren
Verletzung drei Monate pausieren. Damals
hatte ich das Studium begonnen, um mei-
nen Kopf zu fordern und zugleich als eine
Art Absicherung, falls es mit der Tenniskar-
riere doch nicht klappen sollte. Später leg-
te ich mein Studium auf Eis, um mich auf
den Sport zu konzentrieren. Letztlich bin
ich dann nicht mehr richtig ins Lernen rein-
gekommen. Es war zu viel Zeit vergangen.
Was haben Sie stattdessen gemacht?
Tennis spielen ist nach wie vor meine gro-
ße Leidenschaft. Als Experte und Marken-
botschafter von Robinson Clubs leite ich
Tennis-Camps, spiele zugleich aber auch
aktiv beim SCC Berlin im Herren-40-Team
um die Deutsche Meisterschaft. Vor Kur-
zem kam meine erste eigene Freizeit- und
Tenniskollektion auf den Markt. Mir ist es
aber auch wichtig, etwas zurückzugeben.
Sie setzen sich für den Nachwuchs ein.
Bis Ende 2018 war ich Berater und Trainer
im DTB-Leistungszentrum in Hannover.
Dort hat mir aber irgendwann das Konzept
nicht mehr zugesagt. Die Kinder waren
teilweise übertrainiert, standen wie Robo-
ter auf dem Platz. Deshalb kritisierte ich
auch immer wieder die Trainingsweise, lei-
der erfolglos. Seit Anfang des Jahres arbei-
te ich beim SCC Berlin. Die Kinder sind
hoch motiviert, haben beim Training ein
Leuchten in den Augen und so richtig Spaß
am Sport. Das ist schön zu sehen, denn so
soll es sein. 2 Interview: Sabine Hoffmann
Als Tennisprofi zählte er zur Weltspitze und gewann bei
den Olympischen Spielen 2004 Silber im Doppel
Nicolas Kiefer
Nicolas Kiefer,
42, in einem
Restaurant am
Maschsee
in Hannover
122 29.8.2019
NACHFRAGE
WAS MACHT EIGENTLICH?