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Die A 7 bei Hannover, Richtung Norden, war dicht,
also sind wir am vergangenen Sonntag von der
Autobahn runter. Wir landeten auf der L 298, hat-
ten die Hinweisschilder schon gesehen, aber auf
einmal lag es da, auf der linken Seite, das ehema-
lige Konzentrationslager Bergen-Belsen.
Weder meine erwachsene Tochter noch ich hat-
ten es schon besucht, und wir hatten Zeit. Also
sind wir auf den Parkplatz abgebogen, auf dem nur
ein paar Autos und ein Wohnmobil aus Holland
standen. Die Frau am Empfang erzählte, die Be-
sucherzahlen nähmen ab, man wisse nicht, wa-
rum. Immerhin die Schulklassen kämen nach wie
vor regelmäßig, aber ansonsten werde es ruhiger.
Waren Sie schon einmal in einer NS-Gedenk-
stätte? Die Vergangenheit ist auf einmal da, sie
packt zu und hinterlässt das bedrückende Gefühl,
nicht begreifen zu können, was damals geschehen
ist. Meine Tochter und ich standen bei 32 Grad Hit-
ze vor den vielen Massengräbern mit den Inschrif-
ten: „Hier ruhen 5000 Tote. April 1945“ oder „Hier
ruhen 2000 Tote. April 1945“. Und das sind nur die
Toten, die nach der Befreiung durch die Alliierten
beerdigt wurden.
Ein Vogelschiss der Geschichte?
In den Wahlumfragen in Sachsen und Branden-
burg liegt eine Partei ganz gut im Rennen, deren
Vertreter insbesondere aus Ostdeutschland diesen
Teil der deutschen Geschichte bewusst kleinre-
den, ihn relativieren, mit ihm rhetorisch spielen.
Wie kann das sein? Mein Kollege Axel Vornbäu-
men ist zusammen mit Karin Großmann von der
„Sächsischen Zeitung“ durch Sachsen gereist, um
eine Antwort zu finden. Ihre Reportage finden Sie
auf Seite 44.
Danke, dass Sie den stern lesen!
29.8.2019 3
EDITORIAL
Florian Gless, Chefredakteur
Liebe Leserin, lieber Leser!
Herzlich Ihr