Der Spiegel - 31.08.2019

(lily) #1

Jeden Donnerstag veröffentlicht das Büro von Irans oberstem
religiösen Führer Ajatollah Ali Khamenei die Wochenzeitschrift
»Khatt-e Hezbollah«. In dieser Woche stand in roten Lettern
auf der Titelseite: »Verhandlungen mit Amerika kommen nicht
infrage«. Dieses Verdikt ist die erste offizielle Reaktion des
iranischen Staatsoberhaupts auf die vom französischen Präsiden-
ten Emmanuel Macron angestoßene Initiative zur Entschärfung
der Irankrise. Am Sonntag hatte Macron kurzfristig Irans Außen-
minister Mohammad Javad Zarif nach Biarritz eingeladen, wo
zeitgleich die Vertreter der G-7-Staaten tagten. Plötzlich schien
Bewegung in den festgefahrenen Konflikt zu kommen: Macron
sprach davon, dass man die Bedingungen für eine Zusammen-
kunft von US-Präsident Donald Trump mit Irans Regierungschef
Hassan Rohani geschaffen habe. Trump erklärte sich grundsätz-
lich zu einem Treffen bereit.


Doch dazu wird es auf absehbare Zeit nicht kommen, das hat
Khamenei nun deutlich gemacht. Der Revolutionsführer hat
in allen wichtigen politischen Fragen das letzte Wort. Erbitterter
Antiamerikanismus ist seit 40 Jahren eine der ideologischen
Säulen des Regimes in Teheran. Die Islamische Republik betrach-
tet sich selbst als Teil einer »Achse des Widerstands« gegen die
USA. Von diesem Selbstbild würde nicht mehr viel übrig bleiben,
wenn das Regime unter dem Druck von Sanktionen und Drohun-
gen einknicken würde und sich zu Verhandlungen mit Trump
bereit erklärte. Immerhin hat Macrons Einladung an Zarif unter-
strichen, dass die Europäer weiterhin am Atomabkommen fest -
halten wollen. Eines eint Frankreich, Deutschland und Iran: Sie
alle setzen darauf, dass Trump bei der nächsten Wahl in 14 Mona-
ten abgewählt wird und ein demokratischer US-Präsident für
einen Kurswechsel in der Iranpolitik sorgen wird. Christoph Sydow

Analyse

Reden ist Silber


Warum Irans Regime Verhandlungen mit Donald Trump weiterhin ablehnt

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Ausland

Es ist ein beispielloses Pokerspiel. Der Einsatz sind 66 Millionen Menschen.‣S. 68

DER SPIEGEL Nr. 36 / 31. 8. 2019

»Geliebte eines verheirateten Mannes« heißt Senegals Antwort auf »Sex and the City«.Esther Ndiaye, hier am
Filmset, spielt eine der Hauptrollen. Zwei Folgen pro Woche werden auf YouTube und im Fernsehen
gezeigt – das Publikum im mehrheitlich muslimischen Land ist entsetzt oder begeistert: Die Serie zeigt Frauen,
die ihre Sexualität ausleben wollen, erzählt von Gewalt in der Familie und von Eifersucht in der Vielehe.

JANE HAHN / THE NEW YORK TIMES / LAIF
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