Das Leben als
Turing-Test
ADA & DAS BALD
A
ls Adam die Sünde entdeckte,
war Eva schuld. Sie reichte ihm
nach der alttestamentarischen
Erzählung die Frucht vom Baum der Er-
kenntnis. Adam biss zu. Damit war es ge-
schehen um die Ruhe der Menschheit.
Als Adam zum zweiten Mal die Sünde entdeckt,
sind Miranda und Charlie schuld. Adam, das ist in
diesem Fall der erste von 25 Humanoiden, die den
Menschen Hilfe und Gesellschaft leisten sollen. Sie
sehen aus wie Menschen, verhalten sich meist wie
Menschen und können nicht nur den Abwasch erle-
digen, sondern sogar kurze Gedichte schreiben oder
klug über Shakespeare diskutieren. Adam (sein
weibliches Pendant heißt – na, wie schon? – Eva) ist
zunächst nicht mehr als eine teure Hardwarean-
schaffung von Charlie, dem Protagonisten des neu-
en Romans von Ian McEwan, „Maschinen wie ich“.
In der retrofuturistischen Zukunft eines fiktiven
Jahres 1982 zieht er als Dritter im Bunde in das
Haus, in dem Charlie mit seiner Angebeteten und
alsbaldigen Lebensgefährtin Miranda in
London wohnt. Aus der Zweierbezie-
hung zwischen Charlie und Miranda,
wird eine Dreierbeziehung zweier Men-
schen mit einer Maschine. Die ist immer
Beobachter, mal Mediator, mal lachender Dritter,
manchmal Sündenbock und wechselnder Koalitio-
när mit der einen oder anderen menschlichen Partei.
Sie verändert den Alltag, das Leben, die Existenz der
beiden Menschen, die Gespräche, die sie haben und
nicht haben, die Handlungen, die sie vollziehen und
unterdrücken. Beide verhalten sich zur Maschine,
indem sie auf Adam reagieren, ihn als Dritten zum
Teil ihrer Beziehung machen. Die Maschine ist ei-
gentlich Gesandte einer futuristischen Außenwelt.
Wird aber in allerkürzester Zeit zu einer Einfluss-
größe, die das menschliche Beziehungssystem in
seinem Innersten verändert.
Charlie und Miranda wechseln sich darin ab, die
Voreinstellungen für Adams Charakter auszuwäh-
len. In einer langen Liste von Möglichkeiten ent-
Tex t
Miriam Meckel
Léa Steinacker
#essay
5
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