ihre Wirtschaftsleistung erstmals systematisch
zu erfassen. Zunächst erstellten sie einfache Lis-
ten zur Bevölkerungsentwicklung, zu produzier-
ten Waren oder zu Flächen mit Ackerland. Oft
ging es darum, sich vor einem Krieg der eigenen
Stärke zu vergewissern. Mit der industriellen Re-
volution im 19. Jahrhundert wurden die Statisti-
ken ausgefeilter, doch sie blieben ungenau.
Erst die Große Depression Anfang der Dreißi-
gerjahre verhalf dem Konzept zum Durchbruch.
Der Kollaps der Weltwirtschaft hatte viele Regie-
rungen überrascht und sorgte für neue statisti-
sche Initiativen. Das heutige BIP entstand letzt-
lich aus den Arbeiten von Simon Kuznets. Der For-
scher vom National Bureau of Economic Research
(NBER) in Cambridge rechnete dem US-Präsiden-
ten Franklin Roosevelt im Jahr 1934 vor, dass sich
die Wirtschaftsleistung des Landes zwischen 1929
und 1932 halbiert hatte. Roosevelt reagierte darauf
mit einem großen Stützungsprogramm, die US-
Wirtschaft erholte sich – und das BIP hatte sich
etabliert.
Während des Zweiten Weltkriegs schließlich ent-
stand die Idee, Ausgaben für den Krieg ebenfalls in
der Rechnung zu berücksichtigen. Kuznets wehrte
sich dagegen, denn er sah solche Auslagen nicht als
wohlfahrtsteigernde Leistung einer Wirtschaft an.
Die US-Regierung ignorierte den Ratschlag – und
veröffentlichte im Jahr 1942 erstmals ein Brutto -
nationalprodukt, das Staatsleistungen inklusive der
Kriegsausgaben erfasste.
Seitdem hat das BIP als Konzept überlebt, weil es
stets an die Entwicklungen von Wirtschaft und Ge-
sellschaft angepasst wurde. Vieles spricht dafür,
dass der Indikator heute wieder an einer solchen
Schwelle steht. Doch wird er diese ebenfalls meis-
tern können?
Erik Brynjolfsson hat da so seine Zweifel. Der US-
Ökonom vom Massachusetts Institute of Technolo-
gy (MIT) ist einer der prominentesten Kritiker: „Wir
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