DOSSIER#strategieTex t
Astrid MaierFotos
Jonas HolthausManchmal tarnt sich Erfolg als Misserfolg, so
sieht das zumindest Sabina Jeschke – und deshalb
erzählt die Technik- und Digital-Vorständin der
Deutschen Bahn gerne von der Panne mit Semmi.
So heißt der Roboter, der den Kundenservice
der Bahn zukunftsfähig machen soll. Semmi kann
zuhören, wenn Reisende verspätet an einem
Bahnhof stranden, er sucht dann den nächsten
Zug heraus oder schlägt ein Café vor; Semmi ver-
steht neben Deutsch, Englisch und Französisch
sogar Japanisch. Je mehr Reisende fragen, desto
mehr lernt die Maschine über ihre Bedürfnisse.
Doch bei der Präsentation neulich am Berliner
Hauptbahnhof versagte der Roboter. Das Internet
war offenbar nicht stark genug, Semmi blieb
stumm oder gab mit großer Verzögerung falsche
Antworten. Reporter filmten Jeschke und ihr
Team dabei, wie sie lächelten und versuchten, den
Roboter doch noch zu bändigen.
Rund zwei Wochen später sitzt Jeschke gefasst
in ihrem Büro und sagt: „Dass wir uns überhauptgetraut haben, damit in die Öffentlichkeit zu ge-
hen, ist ein großer Gewinn.“ Am Tag danach habe
sie mit den drei zuständigen Managern telefoniert
und ihnen Mut gemacht. So sei das eben, wenn
man sich an Neues wage, manchmal gehe es
schief. Eine Lektion aus der Semmi-Panne: Man
gehe „nirgendwo mehr hin, wo das Internet nicht
stabil ist“. Für die Technologie selbst aber gelte
fortan: Jetzt erst recht!
Deutsche Bahn – war da nicht was? Es ist noch
gar nicht lange her, da galt der Konzern als Basti-
on der Männerbünde, verkörpert durch polternde
Manager wie Exchef Hartmut Mehdorn, der be-
kannt war für Wutanfälle und Börsengang-Ambi-
tionen. Und jetzt sitzt eine ehemalige Professorin
in der DB Digital Base, einem vom Coworking-
Anbieter WeWork eingerichteten Gebäude, und
erzählt ziemlich gelassen, bei der Bahn würde
experimentiert und verziehen. Und dass das mit
der Zukunft deshalb ganz gut ausgehen könnte
für den Konzern.Jeder Deutsche spottet gerne über die
Deutsche Bahn, dabei hat sie beste
Chancen, zum zukunftsfähigsten Konzern
des Landes zu werden – wenn der Plan
von Digital-Chefin Sabina Jeschke aufgeht.8
Hinter der
schlauen Schiene
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