che Tilgungspflicht bis zu einem Be-
leihungsgrad von 50 Prozent auf ein
Prozent.
Ist es in vielen Ländern selbstver-
ständlich, dass Schulden getilgt wer-
den, war das in Schweden häufig
nicht der Fall. Viele Schweden haben
in den vergangenen Jahrzehnten Im-
mobilienkredite aufgenommen, die
in den ersten zehn Jahren gar nicht
getilgt werden mussten. Dank der re-
kordniedrigen Hypothekenzinsen
war das Schuldenmachen für viele
Schweden äußerst attraktiv. Zudem
fördert der Staat das Leben auf Pump
auch noch steuerlich, da ein knappes
Drittel der pro Jahr anfallenden Kre-
ditzinsen von der Steuer abgesetzt
werden können.
Um die enorme Verschuldung der
Haushalte zu bremsen, wurde bereits
Ende 2010 eine Obergrenze für die
Beleihung einer Immobilie einge-
führt: Seitdem dürfen nur noch 85
Prozent des Kaufpreises als Hypo-
thek aufgenommen werden. Zuvor fi-
nanzierten viele Schweden den Er-
werb nahezu vollständig über Kredi-
te. Zentralbankchef Stefan Ingves
hatte immer wieder auf die zu hohe
private Haushaltsverschuldung und
die damit verbundenen Risiken für
die Kreditnehmer und die Banken
hingewiesen. Die neuen Regeln hat-
ten zur Folge, dass die Immobilien-
preise plötzlich stagnierten. Das gilt
sowohl für Wohnungen als auch für
Villen. Mittlerweile hat sich die Lage
wieder etwas stabilisiert. Die Preise
für Einfamilienhäuser stiegen im Juli
leicht um ein Prozent, Wohnungen
wurden vier Prozent teurer.
Wohnungsmangel
Im „normalen“ Preissegment herrscht
nach wie vor ein Unterangebot.
In den drei Großstadtregionen Göte-
borg, Malmö und Stockholm wech-
selten im ersten Halbjahr 2019 zwar
83 000 Wohnungen den Besitzer,
doch das reicht nicht, um die Nach-
frage zu decken. Wie in vielen ande-
ren Ländern auch zieht es viele
Schweden aus den dünn besiedelten
Gegenden im Norden des Landes in
die Großstadtregionen. Es werden
dort aber zu wenige neue Wohnun-
gen gebaut. Entstanden 2017 noch
67 000 neue Wohnungen, brachen
die Fertigstellungen im vergangenen
Jahr um 40 Prozent auf 40 000 ein.
„Die Politik hat mehrere falsche Ent-
scheidungen getroffen, die dazu ge-
führt haben, dass die Neubauten
von Wohnungen deutlich abgenom-
men haben“, sagt Per-Martin Eriks-
son, Chef der auch in Schweden täti-
gen norwegischen Wohnungsbauge-
sellschaft Veidekke Bostad. Die
schärferen Amortisierungsregeln
sorgten zusätzlich dafür, dass sich
vor allem junge Menschen den Kauf
einer Wohnung nicht mehr leisten
können.
Während in Deutschland nur rund
die Hälfte der Menschen Wohneigen-
tum besitzt, leben zwei Drittel aller
Schweden in den eigenen vier Wän-
den. In Schweden gibt es allerdings
keine Eigentumswohnungen nach
deutschem Modell. Mit dem Kauf er-
wirbt man nur ein Dauerwohnrecht,
ist aber nicht Eigentümer der Woh-
nung. Vielmehr erkauft man sich ei-
nen Anteil an einer Art Genossen-
schaft, die der tatsächliche Eigentü-
mer der Wohnung ist. Monatlich
muss zusätzlich eine Wohngebühr be-
zahlt werden.
Der Mietmarkt ist äußerst be-
grenzt. Häufig sind es Sozialbauwoh-
nungen in Brennpunktgegenden, in
denen die Menschen zur Miete woh-
nen. Und: Der Markt ist streng regu-
liert. Interessenten müssen sich in ei-
ne Warteliste eintragen, um dann ir-
gendwann die Chance zu haben, eine
Mietwohnung vermittelt zu bekom-
men. In Stockholm warteten im ver-
gangenen Jahr knapp 640 000 Men-
schen auf eine Mietwohnung. Sie
müssen sich in enormer Geduld
üben. Bei Neubauten beträgt die
durchschnittliche Wartezeit in Stock-
holm 8,2 Jahre, bei Bestandswohnun-
gen sogar 11,3 Jahre. Wer darüber hi-
naus unbedingt im Innenstadtbereich
eine Wohnung mieten möchte, muss
sich auf eine durchschnittliche Warte-
zeit von 16,8 Jahren einstellen. Im no-
blen Stadtteil Östermalm beträgt die
Wartezeit 22,5 Jahre, in der Stockhol-
mer Altstadt sogar 31 Jahre. Kein
Wunder, dass viele Eltern ihr Kind di-
rekt nach der Geburt auf die Wartelis-
te der kommunalen Wohnungsver-
mittlung setzen lassen.
Angst vor Spaltung
In Schweden wird ein grundlegendes
Problem immer sichtbarer: In der
Hoffnung auf hohe Gewinne wurden
zu viele Luxuswohnungen gebaut,
während erschwinglicher Wohnraum
vernachlässigt wurde. Der Generaldi-
rektor der Wohnungsbaubehörde,
Anders Sjelvgren, zeigte sich kürzlich
in einem Interview mit der Zeitung
„Svenska Dagbladet“ äußerst besorgt,
über die sozialen Konsequenzen: „Wir
schaffen größere Konflikte in der Ge-
sellschaft, wenn wir die Probleme auf
dem Wohnungsmarkt nicht lösen.“ Es
könnten „Isolation und soziale Pro-
bleme“ entstehen. Er mahnte ein Um-
denken an. Wohnungen müssten für
eine breite Bevölkerungsschicht wie-
der bezahlbar werden.
Eine Möglichkeit, um die Preise für
neue Wohnungen auf einem niedrige-
ren Niveau zu halten, wird in Uppsala
getestet. Die Architekten Johan Berg
und Oliver Thornton haben ein Woh-
nungshaus konzipiert, dessen einzel-
ne Wohnungen als Rohbau verkauft
werden. Käufer können zwischen
Wohnungen von 30 bis 170 Quadrat-
metern wählen. In den Wohnungen
gibt es – bis auf die tragenden – keine
Wände und keine verlegten Fußbö-
den. Die Idee stammt aus Großbritan-
nien, wo es schon seit Längerem „Na-
ked Houses“ gibt. Auch in Osteuropa
ist es nicht unüblich, dass Eigentums-
wohnungen als Rohbau verkauft wer-
den. Käufer bauen ihre Wohnung
selbst aus, wählen aus, wo Wände ein-
gezogen und Einbauschränke mon-
tiert werden. „Mit dem Konzept kön-
nen wir niedrigere Preise anbieten“,
ist Berg überzeugt.
Das Rohbaukonzept ist das genaue
Gegenteil von Oscar Properties‘ Lu-
xuswohnungen. Angesichts des sta-
gnierenden schwedischen Wohnungs-
marktes ist es die Frage, welches Kon-
zept sich mittelfristig durchsetzen
wird. In Österskär sieht es nicht da-
nach aus, dass Luxuswohnungen das
Rennen machen.
Stillstand in Österskär:
Der Projektentwickler
wirbt mit „Einzug im
Winter 2019/20“. Das
Versprechen wird
kaum zu halten sein.
Helmut Steuer, Handelsblatt,
11
JAHRE
müssen Mieter in
Stockholm im Schnitt
warten, bevor sie
Bestandswohnungen
beziehen können.
Quelle:
Bostadsförmedling
Stockholmer 79&Park:
Die Wohnungen im
vom dänischen Star -
architekten Bjarke In-
gels entworfenen Pro-
jekt verkauften sich
gut. Nicht überall läuft
es im schwedischen
Luxussegment noch
so rund.
Designboom
Laurian Ghinitoiu (2),
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Immobilien
WOCHENENDE 30./31. AUGUST / 1. SEPTEMBER 2019, NR. 167^29
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