und Parksysteme den Verkehr regeln. In Zukunft
solle der gesamte Planet über ein digitales
Dashboard überwacht und geregelt werden.
„Wenn wir das richtig hinkriegen“, schreiben die
Autor*innen um Celine Herweijer, „könnten wir
eine Nachhaltigkeitsrevolution auslösen.“ Die
Vision ist klar: In einer KI-optimierten Stadt gäbe
es weder Stau noch Smog. Und wenn es nach Pe-
ter Davies geht, auch keine Stromverschwendung.
Der Stromzähler hört mit
Der Seriengründer mit braunem Dutt ist Chef von
Green Running, einem Start-up mit Sitz in Lon-
don. Er empfängt in einem rundum verglasten
Großraumbüro direkt an der Themse mit Blick
auf die Tower Bridge. Davies und seine 35 Mit -
arbeiter*innen arbeiten hier an einem Gerät na-
mens Verv – eine kleine, weiße Box, die über eine
Messzange an den Stromzähler geklemmt wird.
Auf diese Weise kann die darin enthaltene KI-ba-
sierte Software in Echtzeit auslesen, welche Elek-
trogeräte gerade im Haushalt laufen und wie viel
Strom sie jeweils verbrauchen.
„Im Grunde funktioniert es ähnlich wie die
Spracherkennungstechnologie von Alexa“, sagt
Davies. „Die erkennt Wörter an ihren einzigarti-
gen Schallwellen, Verv erkennt einen Kühl-
schrank an seinen individuellen Hochfrequenzsig-
nalen.“ Die selbstlernenden Algorithmen wurden
darauf trainiert, verschiedene Haushaltsgeräte zu
identifizieren, und lernen kontinuierlich dazu. Die
Verbrauchsdaten werden in Echtzeit auf einer
App angezeigt.
Davies wischt über sein Smartphone. „Wenn ich
den Wasserkocher in der Küche einschalte, er-
weile ein Unternehmen namens Breeze Technolo-
gies geworden.
Wer Heinecke besuchen will, muss ins Start-up
Dock, ein Gründerzentrum der Hamburger Hoch-
schulen am Harburger Binnenhafen, eine Wendel-
treppe empor in verglaste Büroräume steigen.
Hier zeigt Heinecke eines der etwa handgroßen
Messgeräte, die er an Straßenlaternen oder Haus-
fassaden anbringt. Für jeden von der WHO defi-
nierten Schadstoff steckt ein Sensor in dem wei-
ßen Kunststoffgehäuse: Stickstoffdioxid, Kohlen-
monoxid oder Ammoniak. Alle 30 Sekunden wer-
den die Werte erfasst und über Mobilfunk oder
WLAN in eine Cloud übertragen.
Die Ergebnisse sieht Heinecke in Kurven und
Grafiken auf seinem Laptop. „Im Tagesverlauf
sieht man einige natürliche Schwankungen“, sagt
er und zeigt auf ein Diagramm, dass die Feinstaub-
werte für einen Messpunkt im Hamburger Stadt-
teil Rothenburgsort anzeigt. Gegen Abend, wenn
weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind,
geht die Kurve nach unten.
Deutlich erkennbar sind die Stoßzeiten, in de-
nen besonders viel Abgase in die Luft gepustet
werden. Hier kommt eine KI-basierte Software
zum Einsatz, die mit 3500 Maßnahmen zur Luft-
verbesserung gefüttert wurde und diejenigen
Lösungsansätze vorschlägt, die sich für den
Standort am besten eignen. Die Daten stammen
aus Forschungsprojekten auf der ganzen Welt, in
denen erfolgreich Maßnahmen gegen Luftver-
schmutzung umgesetzt wurden.
Wenn zum Beispiel an einer bestimmten Stelle
besonders hohe Werte an Feinstaub gemessen
werden, empfiehlt das System den Städten, Binde-
mittel auf eben jene Straße aufzubringen oder sie
häufiger nass reinigen zu lassen, um zu verhin-
dern, dass der Feinstaub aufgewirbelt wird.
Für die Zukunft schwebt Heinecke ein dichtes
Sensornetz für ganz Europa vor. Aus den Daten
könnte die KI wiederum lernen, welche Maßnah-
men an welchen Standorten funktioniert haben.
„Wenn man dann ein ganz neues Stadtquartier
plant, kann die KI berechnen, wo Parks angelegt
werden sollten oder wie man den Verkehr opti-
miert“, glaubt Heinecke.
„Adaptives urbanes Management“, heißt das in
der Sprache des Weltwirtschaftsforums (WEF). In
einem Bericht zeigte es im vergangenen Jahr
ebenfalls auf, wie KI der Erde helfen kann. Saubere
Luft ist demnach einer von sechs Bereichen, die
die Autor*innen als drängendste Umweltheraus-
forderung definiert haben – neben dem Klima -
wandel, der Artenvielfalt, sauberen Meeren, der
Versorgung mit Wasser sowie der Belastbarkeit
bei Unwettern und Katastrophen.
Für alle diese Herausforderungen listen sie
mögliche KI-basierte Lösungen auf: von intelligen-
ten Stromnetzen über autonome Elektroautos bis
zu smarten Städten, in denen optimierte Ampeln
Techno -
logie kann
es nicht
allein
richten
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