Berliner Zeitung - 30.08.2019

(Michael S) #1
Berliner Zeitung²!ummer 2å1²Freitag, 3å. August 2å19–Seite 9J
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B e rlin

Gelungen:ungeArtistenstartennachderAusbildungihreKarrieren Seite 10


Genervt:n+ankowprotestierenAnwohnergegenVerkehrundden2mbauihrerStrae Seite 13


NACHRICHTEN


Arbeitslosenzahlen sinken –
aber langsamer

DieArbeitslosigkeitinBerlinsinkt
langsameralszuletzt.ImAugustwa-
ren1 56248 FrauenundMännerar-
beitslosgemeldet,wiedieArbeits-
agenturamDonnerstagmitteilte.
Daswaren 250 wenigeralsimVor-
monat,aber 2376 wenigeralsvorei-
nemJahr.DieQuoteverharrtebei
achtProzentundlagdamit0,2Pro-
zentpunkteunterdemVorjahres-
wert.GleichzeitigmeldetenUnter-
nehmen27107freieStellen. (dpa)

Berliner Gastgewerbe
erwirtschaftet Umsatzplus

DieBerlinerHoteliersundGastrono-
menhabenimerstenHalbjahr
einUmsatzplusvon5,1Proz enter-
zielt.InflationsbereinigtlagderZu-
wachsimVergleichzumVorjahrbei
2,9Proz ent,wiedasAmtfürStatistik
Berlin-BrandenburgamD onnerstag
mitteilte.DasBeherbergungsge-
werbeerwirtschafteteeinPlusvon
5,4Proz ent(real3,6Proz ent).Gas-
tronomischeBetriebesetzten4,
Proz entmehrum(real2,4Proz ent).
DieZahlder Beschäftigtenbliebun-
gefähraufVorjahresniveau:DieZahl
derVollbeschäftigtenstiegum2,
Proz ent,die Zahlder Teilbeschäftig-
tensankum2,2Proz ent. (dpa)

JVA: Besuche sollen
kindgerechterwerden

Fürdie KinderinhaftierterElternfor-
dertdasDeutscheInstitutfürMen-
schenrechte(DIMR)bessereBe-
suchsmöglichkeitenimGefängnis.
DerKontaktmiteineminhaftierten
Elternteilsei„keineswegsfürjedes
Kindin DeutschlandanjedemOrtso
möglich,dassdieEltern-Kind-Bezie-
hunggutaufrechterhaltenwerden
kann“,sagteClaudiaKittelvom
DIMR.EsgehebeiderForderungum
dieRechtederbetroffenenKinder:
„DieUN-Kinderrechtskonvention
gibtvor,dassbeiderAusgestaltung
vonBesuchenbeiElternauchdie
PerspektivederKinderberücksich-
tigtwerdenmuss.“ (dpa)

Scheuer:Gratis Luft für
Radfahrer

BundesverkehrsministerAndreas
Scheuer(CSU)willerklärtermaßen
nichtder„BuddyderAutobosse“
sein–sondernauchFahrradminis-
ter.Ans einemAmtssitzanderInvali-
denstraßezeigtsichdasjetztauch
praktisch:EinblauesSchildmitpas-
sendemPiktogrammweistaufeine
„Fahrradpumpe“hin–nutzbarfür
allehandelsüblichenVentile.DerAll-
gemeineDeutscheFahrradclub
(ADFC)würdeesbegrüßen,wennes
mehrPumpenfürRadfahrerimöf-
fentlichenRaumgebenwürde. (dpa)

Die Luftpumpe ist seit Mitte des Monats
an der Invalidenstraße installiert. DPA

MehrGeldim!ebenŽob


Abgeordneteerh henihreDiäten,müssenkünftigaberauchmehrarbeiten


VonAnnika Leister

A


bdem1. Januar2020solles
mehrGeldundmehrArbeit
fürdie BerlinerAbgeordne-
ten geben.DieDiäten für
die Abgeordneten sollenvonderzeit
3944 Euro monatlich auf6250 Euro
steigen. Zugleich sollenPlenar-und
Ausschusssitzungenverlängertund
ihreAnzahl erhöht werden. Einen
entsprechenden Antrag wollen SPD,
Linke,Grüne,FDP und CDU in der
kommendenWoche ins Parlament
einbringen.DerEntwurfliegtder Ber-
linerZeitungvor. DerBundder Steu-
erzahlerkritisiertediePläneamDon-
nerstagscharf.
Zurzeit arbeitet dasAbgeordne-
tenhaus als sogenanntes Teilzeit-
oder Feierabendsparlament.Bedeu-
tet:DieArbeitals Parlamentariersoll
nur ein Nebenjob sein. DieAuf-
wandsentschädigunginFormderdi-
rekten Diäten ist dementsprechend
niedriger als in vielen anderenBun-
desländern, deren Abgeordnete in
Vollzeit arbeiten: Mitknapp 4000
Euro liegt Berlin bei denDiäten auf
dem vorletzten Platz. Noch weniger
erhaltenmit2907EuronurAbgeord-
nete in Hamburg, das ebenfalls ein
Teilzeitparlamenthat.SeitJahrengibt
esKritik vonParlamentariern,diesa-
gen,dassderJobinTeilzeitgarnicht
zumachensei.Immerwiederwurde
übereineReformgesprochen.
„Die Bezeichnung alsTeilzeitpar-
lament war schon immer eine Le-
benslüge“,sagteSteffenZillich,Parla-
mentarischer Geschäftsführer der
Linken.„Diese Lebenslüge überwin-
den wir jetzt.“ Torsten Schneider
(SPD)gehtdavonaus,dassdie Abge-
ordneten in seiner Fraktion im
Durchschnitt 50Stunden proWoche
arbeiten.
DervorliegendeEntwurfsieht al-
lerdingsnichtvor, ausdemAbgeord-
netenhauseinrichtigesVollzeitparla-
ment zu machen.Ausschusssitzun-
gensolleninZukunftmindestensdrei
stattbisherzweiStundendauern,Ple-
narsitzungenerstum22Uhrstattwie
bislang um 19Uhrenden. Ab 2021
soll dieZahl der Plenar -und Aus-
schusssitzungen außerdem erhöht
werden.DenAbgeordnetenbleibtes
aberweiterhinerlaubt,eineranderen
Tätigkeitvollberuflichnachzugehen.

Mehr Geld–aber auch mehr Arbeit gibt es ab dem nächsten Jahr für die Berliner Abgeordneten. IMAGO IMAGES/STEINACH, DPA (5)

DieDiäten sollen mit derErhö-
hungummehrals2000Euroandas
in Wirklichkeit höhereArbeitspen-
sum angepasstwerden, hieß es.Ori-
enti erthabensichdieParteiendabei
amerrechnetenMedianausderDiä-
tenzahlungallerBundesländer.
Aufden La ndeshaushalt kämen
mitder ReformeinigeMehrkostenzu:
Allein die Aufstockung derDiäten
würde4,4MillionenEurokosten .Weil
zugleichauchdieAufwandsentschä-
digungfürBezirksverordnetevon
aufrund900 Euroerhöhtwerdensoll,
sei insgesamt mit siebenMillionen
Euro Mehrkosten proJahrzur ech-
nen.
Alexander Kraus,Vorstandschef
desBundsder Steuer zahler,kritisierte
die Pläneder Parteien am Donners-
tag scharf.Zwar seien dieBerliner
Diäten vergleichsweiseniedrig.Dafür
aberseienin denvergangenenJahren
die Kosten pauschalen fürAbgeord-
nete sowie die Fraktionszuschüsse
massiv erhöht worden. Seit 2013
seien dieAusgaben fürdas Berliner
Abgeordnetenhaus so ohnehin be-
reitsumfastzweiDrittelangestiegen.
Auch de rBund derSteuerzahler
plädiertfürei neReformhinzum Voll-
zeitparlament–allerdingsnur,wenn
indem ZugdieZahlderAbgeordne-
ten vonderzeit 160 drastischredu-
ziertwerde .„Diese Kosten steigerung
kannmangarnichtmehrvernünftig
begründen“, sagte Kraus.„DiePar-
teien müssen sich entschieden:Will
manVollzeitparlamentsein?Dannar-
beitet man auch inVollzeit –aber
dannbrauchtmannicht160Leute.“
DieAfD,alseinzigeParteinichtan
dem Entwurfbeteiligt, plädierte am
Donnerstag für eineHalbierung des
Parlaments.
Davo nhalten die anderenPar-
teien nichts.Die Kontrollfähigkeit
undArbeitsleistungdesBerlinerPar-
laments sei extrem hoch,wegen der
derzeitigenArbeitsweisebliebenaber
schon jetzt häufig Themen liegen.
Eine Reduzierung derAbgeordneten
würde zu noch größerem Rückstau
führen,hießes.

Annika Leisterglaubt,
dass viele Abgeordnete
schon jetztVollzeit arbeiten.

DIE FÜNF PARTEIEN ZUR GEPLANTEN REFORM

HeikoMelzer,CDU: „Wir hatten im letzten Jahr eine vierstelligeZahl vonThemen, die nicht
behandeltwerden konnten,weil die Zeitganz einfach nichtgereicht hat. Das soll sich än-
dern.“

Torsten Schneider,SPD: „In Berlin betreut jederAbgeordnete im Schnitt 2,6Ausschüsse. Da-
mit liegen wirweit über dem Durchschnitt. In Bayern ist es einAusschuss pro Abgeordnetem.
Wirwollen die Zahl der Abgeordneten deswege nnicht reduzieren.“

DanielWesener,Grüne: „Wirwollen eine Professionalisierung desParlaments. Die muss
zwingend einhergehen mit derAusw eitung der Arbeitszeiten.“

Paul Fresdorf,FDP: „Zurzeitbleibt eingroßer Berg an Themen liegen. Um ihn abzuarbei-
ten, tragen wir dasgernemit.“

Steffen Zillich,Linke: „Die Bezeichnung alsTeilzeitparlamentwar schon immereine Lebenslüge.
Abgeordnetearbeiten mehr alsVollzeit in ihremJob. Diese Lebenslügeüberwinden wirjetzt.“

Wedding,


komm!


D


erWeddingkommt“heißtesja
schonseitJahren.Tatsächlich
sindschoneinpaarFreundedorthin
gezogen und der ein oder andere
KünstlerausdemBekanntenkreishat
seinAtelierdort.Daesabersoschwer
ist,vomPrenzlauerBerg inden Wed-
ding zu kommen, beziehungsweise
den goldenen Berg überhaupt in
RichtungNorden oder Osten zu ver-
lassen, werden die Freunde dortna-
türlich nicht besucht. Mittlerweile
sollesdortganzguteBarsgeben,hat
manmirerzählt.Ichwerdenieerfah-
ren,obesstimmt.
Neulichwaresfastsoweit:Einbe-
freundeterMaler hatte inWedding
eine Ausstellung.Ichhatte mir ganz
festvorg enommenhinzugehen,aber
dannwolltendieanderendochlieber
allenachMitteundsowurdeeswie-
der nichts mit demAusflug in den
Wedding. Aber ich muss auch nicht
dorthin,dennichweiß:DieSachemit
demWeddingistnureineAffäreund
nichts vonDauer.Die „Uferhallen“
zum Beispiel, sind an dieSamwer-
Brüderverk auft,die Zukunftderdor-
tigenKünstleristungewiss.BisEnde
2019sinddieMietverträgesicher,da-
nachsolldortgebautwerden.Füran-
dereneu zuge zogene Gentrifizierer
hingegenistderWeddingnurdieVor-
stufevordemUmzugins Umland.
Ja,dasLebeninWeddingistschön,
erzählen mirFreunde amTelefon,
aber man überlege jetzt doch, ein
Haus in Karowzum ieten oder nach
Biesenthal zu gehen.DerWedding
kommt also nicht, der Wedding
bleibt. Denn der Wedding bleibt der
Wedding. DieKarawane derKosmo-
politenwinktabundziehtweiter.
Dasist gut so .Der Wedding wird
den Alteingesessenen nichtwegge-
nommen.DerWedding kommt aber
doch.Undzwarzumir,indenPrenz-
lauerBerg .AusgehendvonderKreu-
zung Schönhauser Allee/Danziger
Straße wir ddie Gentrifizierung hier
peu ápeu rückgängig gemacht.
Schon vorgeraumerZeit wich das
hippe Café Manolo,einst Treffpunkt
der Laptop-Nutzer und Latte-Mac-
chiato-Trinker,der immer gut be-
suchtenHalal-Schnellhähnchenbra-
terei Risa-Chicken.DesWeiteren ha-
ben im näherenUmkreis der Kreu-
zung mittlerweile drei Shisha-Bars
eröffnet.Dazukommenwöchentlich
neue Dönerläden, Spätis,Friseure
und Spielhallen.Da jetzt dankMie-
tendeckel, auch dieWohnungsmie-
tenwiedersinken,istdieEntwicklung
erfreulichzunennen.
Dennwas rufendieausgehunger-
tenPortemonnaiesderalteingesesse-
nenPrenzlauerBerg erdem Wedding
zu?Komm!


Stadtbild


Ruth Herzberg
bleibtinPrenzlauerBerg.

Kommt seit Jahren, dochkeinerweiß,
wann genau: derWedding. IMAGO IMAGES


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onsum
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