Die Welt Kompakt am Sonntag - 25.08.2019

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44 STIL WELT AM SONNTAG NR.34 25.AUGUST2019


panferkelsülze mit grünem Apfel und Wa-
sabi, umhüllt von knusprigem Teig und
garniert mit einer zartrosa Blüte: Das
Küchlein, das zum Auftakt des Elf-Gänge-
Menüs gereicht wird, ist kaum größer als
ein Zwei-Euro-Stück, doch es zeigt schon sehr deut-
lich, wohin die Reise heute geht. Im „Pieket“ treffen
Produkte und traditionelle Gerichte aus dem Harz auf
die hippen Aromen der japanischen Hochküche.

VON HEIKO ZWIRNER

Das „Pieket“ ist das neue Restaurant von Robin
Pietsch, dem einzigen Sternekoch in Sachsen-Anhalt.
Anfang Juli hat es mit fast drei Wochen Verspätung er-
öffnet, weil es Ärger mit dem Lieferanten der Küche
gab und kurzfristig Ersatz organisiert werden musste.
Der spartanisch eingerichtete Gastraum besteht aus
jeder Menge nacktem Beton und einem knapp zehn
Meter langen, geschwungenen Tresen aus edlem Holz,
der Platz für 14 Gäste und Einblick in die Küche bietet.
Die Decke hat Pietsch eigenhändig mit dem Sand-
strahler behandelt. Er kocht in Wernigerode, einem
hübschen Städtchen mit rund 30.000 Einwohnern, ei-
nem gotischen Rathaus, viel Fachwerk und über einer
Million Tagestouristen im Jahr.

SCHNITZEL UND POMMESVVVom örtlichen Bahnhofom örtlichen Bahnhof
aus fährt die Harzer Schmalspurbahn hinauf zum Bro-
cken, dem höchsten Berg der Region. Was die Gastro-
nomie betrifft, hatte Wernigerode lange Zeit wenig Er-
hebendes zu bieten. Die Größe der Portionen war für
die meisten Besucher wichtiger als die Qualität der
Speisen. Sie hatten die Wahl zwischen üppiger Haus-
mannskost, internationalem Fast Food oder Kaffee
und Kuchen. Robin Pietsch nun gelingt etwas, wonach
viele suchen: eine neue, zeitgemäße Form von Heimat-
küche. „90 Prozent der Touristen sind zufrieden,
wenn man ihnen ein Schnitzel mit Pilzen und Pommes
hinstellt“, sagt er. „Ich will meinen Gästen zeigen, was
der Harz sonst noch so hergibt.“ Er zeigt auch, dass es
möglich ist, jenseits der Großstädte und traditionellen
Genussregionen eine ambitionierte Küche zum Lau-
fen zu bringen.
Pietsch ist im Harz geboren und aufgewachsen. Für
einen Spitzenkoch hat der 30-Jährige eine ungewöhn-
liche Laufbahn hinter sich: Er hat seine Heimat nie
verlassen. Keine Hospitanz im „Noma“, keine Lehrzeit
bei einem japanischen Sushi-Meister, keine Zwischen-
station in einer Pariser Dreisterneküche, stattdessen

eine Lehre beim örtlichen Konditor und eine anschlie-
ßende Ausbildung zum Koch. „Es klingt vielleicht be-
scheuert, aber ich hatte irgendwie nie das Bedürfnis,
von hier wegzugehen“, sagt Pietsch. „Ich habe auch
nie in einem Sternerestaurant gegessen, bis ich selbst
einen Stern bekommen habe.“
Als sein damaliger Arbeitgeber pleiteging, eröffnete
Pietsch in einem der vielen Fachwerkhäuser von Wer-
nigerode sein erstes Restaurant, das „Zeitwerk“. Er
war 21 Jahre alt. Nach ein paar Jahren des Ausprobie-
rens und Herumexperimentierens mit kulinarischen
Modeerscheinungen verfolgt er dort einen ebenso pu-
ristischen wie bodenständigen Ansatz. Wenn er einen
Sellerie-Gang zubereitet, konzentriert er sich ganz auf
das Gemüse – es kommt roh, getrocknet, als Püree, im
Salzteig gebacken und zu einer Soße reduziert. Fast al-
le Zutaten stammen aus einem Umkreis von 50 Kilo-
metern. „Was Fleisch und Gemüse betrifft, sind wir da
sehr konsequent“, sagt er. „Es gibt ein paar Lieferan-
ten in der Umgebung, die fast nur für uns produzieren.
Die züchten für uns auch mal neue Sorten.“ Das sei am
Ende sogar günstiger, als im Supermarkt einzukaufen,
fügt Pietsch hinzu. „Und da, wo wir unseren Fisch
kaufen, habe ich früher mit meinem Vater geangelt.“
Das „Zeitwerk“ liegt keine hundert Meter vom „Pie-
ket“ entfernt. An diesem Samstagabend flitzt Robin
Pietsch zwischen beiden Lokalen hin und her, begrüßt
jeden Neuankömmling mit kräftigem Händedruck, er-
kundigt sich, ob es denn auch schmeckt, hilft dem Per-
sonal beim Auftragen der Speisen, sieht in der Küche
nach dem Rechten, kassiert persönlich ab und winkt
den Gästen zum Abschied hinterher. Besonders herz-
lich kümmert er sich um ein Ehepaar aus Kanada, das
eine Genussreise durch Europa macht.
Bei den Einheimischen stieß Pietsch zunächst auf
Skepsis, und wenn sich Tagesausflügler in sein Restau-
rant verirrten, war ihnen das Menü in der Regel zu
teuer. „Wird man davon auch satt?“, war eine Frage,
die Pietsch immer wieder zu hören bekam. 2018 wurde
seine Hartnäckigkeit mit einem Michelin-Stern be-
lohnt. Inzwischen kommen seine Gäste auch aus Dä-
nemark, den Niederlanden und der Schweiz. „Die Bu-
de ist mittlerweile über Monate ausgebucht. Ich hätte
nie gedacht, dass so etwas in einer Kleinstadt wie Wer-
nigerode überhaupt möglich ist.“
Die Konsequenz war ein zweites Restaurant – allein
schon, um den vielen Interessenten, denen er absagen
muss, eine Alternative anbieten zu können. Für das
„Pieket“ hat Pietsch sich mit dem Österreicher Jürgen
Kettner zusammengetan – der Name des Lokals setzt
sich aus den ersten Silben ihrer Nachnamen zusam-
men. Die beiden haben sich vor acht Jahren bei einem
Wettbewerb für Jungköche kennengelernt. „Im Grun-
de hat Jürgen die japanischen Einflüsse mitgebracht“,
sagt Pietsch. „Vieles davon war völlig neu für mich.“
Einen Monat vor der geplanten Eröffnung fingen die
beiden an, sämtliches Gemüse einzulegen, das der
Harz zu dieser Jahreszeit hergab.
Jürgen Kettner war zuletzt als Saucier im „Esplana-
de“ in Saarbrücken tätig. Seine Leidenschaft für wür-
zige Tunken ist ihm anzumerken. Vor den Augen der
Gäste beträufelt er die einzelnen Gänge mit den ver-
schiedensten Sößchen, Essenzen und Tinkturen. Ihm
ist es auch zu verdanken, dass man statt der Weinbe-
gleitung eine alkoholfreie Saftbegleitung wählen kann,
die das Menü mit ungewöhnlichen Geschmackskombi-
nationen ergänzt – Gurkensaft mit Ingwer und Zitro-
nenthymian, Tomatenessenz mit Passionsfrucht, Ro-
te-Beete-Saft mit Buchweizen-Chai.
Das Ergebnis der Zusammenarbeit von Pietsch und
Kettner ist eine Fusion zweier Welten. Der Pulpo wird
mit dem Saft von fünf verschiedenen Zitrusfrüchten
angemacht, beim Risotto dient eine kräftig schme-
ckende Seeteufelleber als Parmesan-Ersatz, der Salat
mit Urkarotten wird mit einem Tomaten-Pflaumen-
Kombucha veredelt, der über Monate herangereift ist.
In der Summe macht das Menü ordentlich satt und
fällt etwas fleischlastig aus – offenbar ein Zugeständ-
nis an jene Gäste, die zwar etwas Neues ausprobieren,
aber nicht hungrig nach Hause kommen möchten. Auf
den Rodersdorfer Lammbauch mit Aubergine und fer-
mentierten Zwiebeln folgt eine Perlhuhnbrust mit
Knollensellerie und Kirschblütenessig. Nach dem Des-
sert ist gerade noch Platz für eine Praline aus Matcha-
pulver und Fichtensprossen. Mit dem Aroma eines
Nadelwalds am Gaumen machen sich die Gäste auf
den Heimweg. So schmeckt also der Harz.

Ein


echter


Harzer


Robin Pietsch ist der


einzige Sternekoch


Sachsen-Anhalts. Die


Frage, die er immer


wieder hört: „Ja, wird


man davon auch satt?“


S


Sternekoch Robin Pietsch über seine
Heimat: „Es klingt vielleicht bescheuert,
aber ich hatte irgendwie nie das Bedürf-
nis, von hier wegzugehen“

ROBIN PIETSCH

/BEN KRUSE

Das Menü des „Pieket“Japanisch und harzlich

ROBIN PIETSCH
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liche Laufbahn hinter sich: Er hat seine Heimat nie

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verlassen. Keine Hospitanz im „Noma“, keine Lehrzeit
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