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Deutschland
Bahnhöfe
Polizei will mehr Videoüberwachung
Lagebericht weist auf überproportionalen Anteil ausländischer Tatverdächtiger hin.
Die Bundespolizei beklagt in einem vertraulichen Lagebild,
dass der Ausbau der Kameraüberwachung an Bahnhöfen nur
schleppend vorankomme. In dem 30-seitigen Papier ist die Rede
von einem »Stillstand bei der weiteren Ausstattung von Bahn -
höfen mit moderner Videotechnik«. Die Zahl der Delikte, die
mithilfe der Kameras aufgeklärt werden konnten, sei im vergan-
genen Jahr sogar zurückgegangen, von 1943 auf 1815 – bei gut
500 000 registrierten Straftaten auf Bahnanlagen insgesamt. Sor-
gen bereitet der Behörde die Zunahme von angezeigten Fällen
sexueller Belästigung und anzüglicher Beleidigungen, wobei ein
Teil des Anstiegs mit der Verschärfung der Rechtslage zu erklä-
ren sei, so das »Lagebild Bahn«. Auffällig sei der hohe Auslän-
deranteil unter den Tatverdächtigen bei Sexualdelikten an Bahn-
höfen und in Zügen: 44 Prozent Nicht-EU-Ausländer, 15 Prozent
EU-Bürger, 41 Prozent Deutsche. Opfer seien meist allein reisen-
de Frauen unter 35 Jahren. Vor allem in Nahverkehrszügen
schnellten die erfassten Zahlen hoch; Anzeigen wegen schwerer
Delikte wie Vergewaltigung gingen allerdings leicht zurück.
Bezogen auf alle Straftaten rund um die Bahn sei etwa jeder
zweite mutmaßliche Täter Ausländer. Diesen »überproportiona-
len Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger« nennt die Bundes -
polizei »beachtenswert«.
Einen Rückgang von 24 Prozent verzeichnet die Polizei -
statistik dagegen beim Diebstahl von Reisegepäck. Dies sei ein
»nachhaltiger Erfolg« der Bundespolizei, die organisierte Banden
dingfest gemacht habe. Auch die Zahl der erfassten gefährlichen
Körperverletzungen im Bahnbereich sei deutlich zurückgegan-
gen. Rund um Fußballspiele gehe es immer friedlicher zu. JDL, WOW
»Ich bin ultralinks in der Sozialpolitik, aber mit einem gesunden Hang zum Nationalstolz.« ‣S. 14
DER SPIEGEL Nr. 33 / 10. 8. 2019
Familienrecht
Adoption ohne Ehe
Männer und Frauen sollen die Kinder
ihrer Partnerin oder ihres Partners adop -
tieren dürfen, auch wenn sie nicht mit -
einander verheiratet sind. Das sieht ein
Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten
Justizministerium vor. Voraussetzung ist,
dass das Paar seit mindestens zwei Jahren
eheähnlich zusammenlebt oder bereits ein
gemeinsames Kind hat, das ebenfalls im
Haushalt lebt. Bislang sind »Stiefkinder-
adoptionen« mit gemeinsamer Eltern-
schaft nur für Eheleute möglich. Karls ruhe
hatte dies für grundgesetzwidrig erklärt.
Für Koalitionskonflikt dürfte sorgen, dass
die Adoption laut Entwurf auch möglich
sein soll, wenn einer der Partner ander-
weitig verheiratet ist. »Diese Regelung ist
weder geboten noch hilfreich«, kritisiert
Vize-Unionsfraktionschef Thorsten Frei.
»Sie ist auch nicht nötig, um die Vorgaben
des Verfassungsgerichts umzusetzen.«RAN
ARNULF HETTRICH / IMAGO
Kameraüberwachter DB-Regio-S-Bahnhof in Stuttgart