Trotzdem ist der Außenminister macht -
politisch ein Leichtgewicht geblieben.
Und das in einer Zeit, in der Deutsch-
land dringend eine aktive Außenpolitik
brauchte. Die Irankrise, der Brexit, der
Rückzug der USA von der Weltbühne als
konstruktiver Akteur, die wachsende Kon-
kurrenz der Großmächte China und USA –
wohl nie zuvor seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs war es so schwierig und so nö-
tig, den Platz Deutschlands in Europa und
der Welt neu zu bestimmen.
Schon vor Jahrenhatte der damalige Au-
ßenminister Frank-Walter Steinmeier den
Anspruch formuliert, die deutsche Au -
ßenpolitik müsse schneller, entschiedener
und substanzieller werden. »Unter Heiko
Maas ist sie eher lavierender, unklarer und
lustloser geworden«, sagt der außenpoli-
tische Sprecher der Grünen, Omid Nouri-
pour.
Anders als seinen sozialdemokratischen
Vorgängern lässt die eigene Partei Maas
kaum Handlungsspielraum. Von Existenz-
ängsten geplagt, flüchtet sie sich außen -
politisch in die reine Lehre der Friedens-
politik. Militärmissionen, gar in der hoch-
gefährlichen Golfregion, kommen da eher
nicht infrage.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern
habe Maas in der SPD kaum Beinfreiheit,
sagt FDP-Fraktionsvize Lambsdorff: »Ihm
wird jeder Bewegungsraum zugeschüttet
durch eine Partei, die durch eine Phase
der Selbstfindung geht und dabei die
Linkspartei außenpolitisch kopiert.«
So ist die Verwirrung nach der Aus-
schusssitzung keine Ausnahme. Maas hat
sich eine Sprache zugelegt, die viel Raum
für Interpretation zulässt. Natürlich ist es
für einen Chefdiplomaten nicht ungewöhn-
lich, sich ins Ungefähre zu flüchten, aber
Maas’ Lavieren ist keine diplomatische
Finesse. Viel eher dürfte es darum gehen,
es irgendwie allen recht zu machen und
möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
Dazu passt, dass Maas seinen Tätigkeits-
nachweis gern in den Hunderttausenden
Flugmeilen bemisst, die er inzwischen
zurückgelegt hat. Er wirkt wie einer, der
Fleißpünktchen sammelt.
Seit Maas sein Amt angetreten hat, setz-
te er sich für eine »Allianz der Multilatera-
listen« ein, er engagierte sich gegen sexuelle
Gewalt in Kriegen, für nukleare Abrüstung
und für den Schutz von humanitären Hel-
fern in Konfliktgebieten. Das sind alles heh-
re Ziele, vor allem haben sie den Vorteil,
dass man mit ihnen nichts falsch machen
kann: Sie sind unstrittig.
Im Frühjahr reist Maas nach Lateiname-
rika, er ist jetzt seit etwas mehr als einem
Jahr im Amt. In einem ehemaligen Kloster
in Mexiko-Stadt diskutiert der deutsche
Außenminister über Frauenrechte und
Rechtsstaatlichkeit. Maas ist der einzige
Mann auf dem Podium, es ist auf dieser
Reise bereits die dritte Veranstaltung zum
Thema Frauenrechte. Maas wird allseits
gelobt. Ihm sei es zu verdanken, sagt
Bettina Metz, Geschäftsführerin von UN
Women Nationales Komitee Deutschland,
dass der Tatbestand der sexuellen Belästi-
gung ins deutsche Strafgesetzbuch auf -
genommen wurde.
Das hat Maas allerdings nicht in seinem
jetzigen Job durchgesetzt, sondern vor
drei Jahren, als er noch Bundesjustiz -
minister war.
Es sind nur wenige Hundert Meter vom
Justizministerium in der Mohrenstraße
zum Auswärtigen Amt am Werderschen
Markt, aber für Heiko Maas muss der Um-
zug ein Kulturschock gewesen sein. Zwar
hatte der Saarländer schon immer etwas
Hölzernes. Aber als Justizminister vertrat
er seine Themen überraschend leiden-
schaftlich. Er machte es sich zur Aufgabe,
den Rechtsstaat gegen die Populisten von
AfD und Pegida zu verteidigen. Er nannte
Pegida »eine Schande für Deutschland«
und wurde damit zur Zielscheibe der
Rechtspopulisten. Demonstranten, die ihn
als Volksverräter bezeichneten, schrie er
entgegen: »Gott sei Dank seid ihr nicht
die Mehrheit! Je länger ihr schreit, je län-
ger bleibe ich hier stehen!«
Von diesem Feuer ist in seinem derzeiti-
gen Amt kaum noch etwas zu spüren. Und
auch seine politische Bilanz ist mager. Zwar
hat Maas eine Reihe von Initiativen gestar-
tet, doch oft blieb es bei Ankündigungen.
Seine »Allianz der Multilateralisten« etwa
hatte Maas im vergangenen Jahr angekün-
digt, um dem Unilateralismus und der ag-
gressiven Außenpolitik von US-Präsident
Donald Trump etwas entgegenzusetzen,
MICHAEL FISCHER / DPA 19
Außenminister Maas in Jordanien
Kaum Beinfreiheit