Die Zeit - 29.08.2019

(Amelia) #1

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Illustration: Lea Dohle

VERBRECHEN
DER KRIMINALPODCAST

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  1. August 2019 DIE ZEIT No 36 10


I

m september 2018 – vier Wochen nach
dem gewaltsamen tod von Daniel H.
sitzt der pensionierte gleisbauer Win-
fried F. in einem schrebergarten im äu-
ßersten Norden von Chemnitz und sagt:
»sie haben ihn abgestochen wie ein
schwein.« Vier Wochen nach den Hetz-
jagden auf Flüchtlinge in der Chemnitzer Innen-
stadt, die später den Leiter des Bundesamts für
Verfassungsschutz seinen Job kosten und die Bun-
desregierung an den Rand des Zusammenbruchs
führen sollten; vier Wochen, in denen Bilder um
die Welt gingen vom hässlichen Deutschen, der
den Hitlergruß zeigte; vier Wochen voller schlag-
zeilen und talkshows und Mahnwachen – und
Winfried F. versucht sich in einem Moment der
Ruhe und erinnert an Daniel, den tischler, und
sagt: »Der Daniel war so ein feiner Mensch.«
Der gewaltsame tod eines Menschen ist immer
eine schreckliche sache. Aber manchmal wird das
Einzelschicksal schnell vergessen – und ein Politikum
daraus gemacht. so war es in diesem Fall. Das Ver-
brechen in der Nacht von Chemnitz wurde innerhalb
weniger tage zum streitthema Nummer eins. Weil
es den Riss, der schon lange durch das Land ging, so
brutal offenlegte. Weil sich plötzlich auf offener stra-
ße Menschen gegenüberstanden wie Bürgerkriegs-
parteien. Aber auch der öffentlichkeitswirksamste
todesfall lässt jene zurück, für die all die schlagzeilen
und Mahnwachen und politischen Folgen völlig egal
sind. Weil sie jemanden verloren haben, der nie mehr
zurückkehrt. so ein Mensch ist Winfried F. Daniel
H. war der Lebensgefährte seiner tochter, er war der
Vater seines Enkels, er lebte seit Jahren in seinem
Haus. und nun ist er nicht mehr da.
Winfried F. raucht eine Zigarette und schaut auf
den schiefen Pflaumenbaum, dessen Früchte auf
dem Boden verdorren. Das hier sei Daniels Lieb-
lingsort gewesen. Es nervt ihn, dass die Medien aus
Daniel H. in den Wochen nach seinem tod wahl-
weise einen Drogendealer, einen rechtsgerichteten
Hooligan oder einen sozial engagierten, links den-
kenden Antifaschisten gemacht haben. Er wurde
von allen seiten instrumentalisiert. »Nichts hat ge-
stimmt, was da geschrieben wurde«, sagt Winfried
F. Ihn interessieren all die Debatten und Deutun-
gen eigentlich auch nicht. Er will nur wissen, wie
das passieren konnte: dass ein feiner Mensch brutal
getötet wurde. Einfach so.


Ein Freispruch wäre »schwierig für
Chemnitz«, sagte die Oberbürgermeisterin


Einige tage nach der tat habe ein Ehepaar vor der
tür der Familie F. gestanden, Bekannte seines
schwiegersohns. sie waren dabei, als es passierte. sie
seien völlig fertig gewesen, erzählt Winfried F., der
Mann habe mit den tränen gekämpft. sie hätten
Daniel zufällig getroffen, spät in der Nacht, als das
Chemnitzer stadtfest schon beendet war. sie hätten
ein wenig geredet, noch ein Bier getrunken, dann
habe es eine Auseinandersetzung mit »Ausländern«
gegeben, um Zigaretten oder eine EC-Karte, so genau
hätten sie das auch nicht sagen können. Jedenfalls
hatte sich der streit eigentlich schon aufgelöst, als die
Männer wenige Minuten später aus der Dönerbude
zurückkamen. und dann habe der Daniel plötzlich
reglos am Boden gelegen. »Die Frau sagte, dass da auf
einmal so viele Menschen waren und es so unüber-
sichtlich war, dass keiner sagen könne, was da wirk-
lich passiert ist.«


Chemnitz, sommer 2018: Als Daniel H. nach einem streit mit Asylbewerbern


getötet wurde, gerät das ganze Land in Aufruhr. Jetzt fiel in dem Prozess


ein umstrittenes urteil, das wenig zur Beruhigung der Lage beitragen wird


Er muss es gewesen sein


VON DANIEL MÜLLER UND CHARLOTTE THEILE

Der Angeklagte Alaa S. bestreitet
die Tat bis heute

Viele Blumen und Kerzen erinnerten in Chemnitz
nahe das Tatortes an den getöteten Daniel H.

RECHT & UNRECHT


Fotos (Ausschnitte): dpa (r.); Monika Skomowska/dpa (l.)

ren, es handelt sich um das gegenteil davon. Es ist
und war in seinem Ablauf politisch determiniert.«
um kurz nach 14 uhr an diesem Donnerstag,
keine drei stunden nach den Plädoyers der Vertei-
digung, betritt simone Herberger den saal, in den
Händen trägt sie das bereits ausformulierte urteil.
Die Vorsitzende Richterin der 1. strafkammer be-
ginnt vorzutragen. »Der Angeklagte Alaa s.«, sagt
sie und macht eine kleine Pause, »ist schuldig.«
Wegen des gemeinschaftlich begangenen tot-
schlags zulasten des Daniel H. sowie wegen gefähr-
licher Körperverletzung eines weiteren geschädig-
ten wird der 24-jährige Asylbewerber zu einer Frei-
heitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Die Kammer, so formuliert es Herber-
ger, nachdem sie sich hingesetzt hat, »ist unbeein-
druckt von den politischen und medialen Einflüs-
sen des Falles zu der Überzeugung gelangt, dass der
Angeklagte gemeinsam mit dem flüchtigen Iraker
Farhad A. Daniel H. durch Messerstiche in den
Oberbauch getötet hat«. Die Beweisaufnahme
habe »jegliche Zweifel ausgeräumt«.
tatsächlich ist es genau umgekehrt. Die Beden-
ken, dass der falsche Mann für den tod des 35-jäh-
rigen Daniel H. büßen muss, sind im Laufe des
Prozesses eher größer denn kleiner geworden.

Der Hauptbelastungszeuge, Koch eines
Döner-Imbisses, widerspricht sich

seit dem 18. März dieses Jahres konnte man den
Angeklagten Alaa s. durch schusssicheres Plexiglas
beobachten. Wie er jeden Morgen von drei Justiz-
angestellten hereingeführt wird, der Blick ernst, der
Bart getrimmt, das kurze Haar gut frisiert, das ist ihm
wichtig, er ist Friseur. Wie er seinen Freunden zu-
winkt, die aus dem Irak stammen, dem Libanon und
syrien und fast an allen Prozesstagen die 80 Kilo-
meter weite Fahrt aus Chemnitz auf sich nahmen,
um ihn zu bestärken. Wie er, hinübergebeugt zum
Dolmetscher, die Verhandlung aufmerksam verfolgt.
Jetzt, als die Worte »schuldig« und »Freiheitsstrafe«
und »neun Jahre, sechs Monate« zu ihm durchdrin-
gen, bewegt er sich fast eine Minute lang überhaupt
nicht. Dann, ganz langsam, beginnt er den Kopf zu
schütteln. In seinen letzten Worten zum Ende des
Prozesses hatte er noch von seiner Hoffnung gespro-
chen, »nicht das zweite Opfer des wirklichen täters
sein zu müssen«.
Farhad A., jener Mann, den Alaa s. als »wirkli-
chen täter« bezeichnet, hat gegenüber zwei Zeu-
gen bekundet, zugestochen zu haben. Er ist seit der
tatnacht auf der Flucht, hat wohl längst das Land
verlassen. Laut des rechtsmedizinischen gutach-
tens stammen alle stichwunden von einer tatwaf-
fe, einem grobzackigen Messer mit spitz zulaufen-
der, acht Zentimeter langer Klinge. Auf diesem
fand sich die DNA von Daniel H., die DNA des
zweiten geschädigten, eine DNA-spur, die auf
Farhad A. deutet – und keinerlei DNA von Alaa s.
Wie es überhaupt nicht einen einzigen sachbeweis
gegen den nun Verurteilten gibt. Keine Faserspu-
ren, keine Blutanhaftungen, keine Abwehrverlet-
zungen, nichts, was auf einen direkten Kontakt
mit Daniel H. schließen ließe.
Das gericht ficht das nicht an. Es geht von ei-
nem gemeinsamen tatplan von Alaa s. und Farhad
A. aus, von einer gemeinschaftlich begangenen
tötung. Mit einem Messer. In einem dynamischen
geschehen, einem streit, der sich innerhalb von
sekunden zu einem tödlichen Drama entwickelte.

und es stützt sein urteil auf die Aussagen dreier
Zeugen, die einander und sich auch jeweils selbst
in ihren Angaben zu der tat widersprechen. Mal
hat Alaa s. eindeutig auf den am Boden liegenden
Daniel H. eingetreten, mal auf den stehenden Da-
niel H. eingeschlagen. Beides kann nicht stimmen,
da bei dem Opfer keinerlei stumpfe gewaltein-
wirkung festgestellt werden konnte. Die Zeugen
konnten sich nicht einmal auf den tatort festlegen:
Mal war er hier, mal dort.
Der Hauptbelastungszeuge, ein 31-jähriger Koch
des Döner-Imbisses Alanya, in dessen Nähe die tat
passierte, sagte bei der Polizei aus, er habe bei Alaa s.
blutverschmierte Hände gesehen. In der Hauptver-
handlung wollte er davon nichts mehr wissen. Dieser
Mann sagte bei der Polizei auch aus, er habe stichbe-
wegungen des Alaa s. gesehen. In der Hauptverhand-
lung bekundete er: »Es gab kein stechen, ich habe
nur Faustschläge gesehen.«
Ohne die polizeiliche Aussage dieses Mannes
wäre Alaa s. wohl nie angeklagt worden. und weil
er angegeben hat, die tat aus dem Verkaufsfenster
des Alanya beobachtet zu haben, reckt mitten in
einer regnerischen Juninacht die Vorsitzende Rich-
terin simone Herberger ihren Hals aus diesem
Fenster. Die Kammer will sich bei einem Ortster-
min ein Bild von den Lichtverhältnissen machen.
War es dem Koch überhaupt möglich, das alles zu
beobachten?
Herberger schaut in Richtung der gedenk-
platte, die an dem mutmaßlichen tatort für Da-
niel H. in den Boden eingelassen wurde. Dort
stehen jetzt fünf dunkel gekleidete Menschen re-
gungslos herum – in der Nacht waren es wenigs-
tens dreimal so viele. sie bewegen sich nicht, sie
führen auch keine Hau- oder stichbewegungen
aus, sie sind nicht betrunken, nicht aufgedreht,
nicht laut. Im Hintergrund läuft kein stadtfest.
Der staatsanwalt beugt sich weit hinaus, einer der
Nebenklagevertreter fällt fast aus dem Fenster.
Nach kaum vier Minuten ist alles schon wieder
vorbei. Die Vorsitzende macht sich nicht einmal
die Mühe, die etwa 50 Meter bis zur gedenkplatte
abzuschreiten. Dass es überall rund um den Imbiss
inzwischen neue, viel hellere Lampen gibt als zum
tatzeitpunkt, das scheint bei der Bewertung nie-
manden zu interessieren.
Die Vorsitzende wird in ihrem urteil später da-
von sprechen, die Kammer habe sich durch diese
»Nachstellung« die nötige sachkunde selbst erar-
beitet, um die Plausibilität des Zeugen bewerten
zu können. In Wahrheit hat sie sich damit das von
der Verteidigung beantragte sachverständigengut-
achten erspart.
Ricarda Lang, die zweite Verteidigerin von Alaa
s., steht eine stunde nach Prozessende auf der
straße vor dem gerichtsgebäude. sie hat bereits
Revision gegen das urteil eingelegt. Der Bundes-
gerichtshof wird sich nun damit befassen müssen.
Lang hatte den ganzen Prozess über damit gerech-
net, dass ihr Mandant verurteilt werden wird.
trotz der Abwesenheit von Beweisen. trotz der
eklatanten Lücken in den Aussagen der Zeugen.
trotz der offensichtlichen Widersprüche in der
Anklageschrift. Anwältin Lang hält noch einmal
eine Art von Plädoyer: »sie brauchten unbedingt
einen schuldigen. und weil der Flüchtige, gegen
den eine Vielzahl von Beweisen vorliegt, nicht zur
Verantwortung gezogen werden kann, hatte mein
Mandant nie eine faire Chance. Das urteil stand
vom ersten tag an fest.«

auch eine Chance sein. Wir müssen uns jetzt viel
mehr fragen: Was wollen wir sein? Ich sage: Wir
wollen eine internationale stadt sein, in der sich
unterschiedliche Menschen wohlfühlen.«
Über den Prozess spricht Barbara Ludwig nicht.
Immer wieder blockt sie das thema ab: Die Justiz
sei schließlich unabhängig, und das Verfahren laufe
noch. sie hat dazugelernt. Einen satz sagt sie noch:
»Ich denke, dass die letzten Monate gezeigt haben,
dass bei dieser Verhandlung wirklich alles gesagt
werden kann, dass dort alles aufgeklärt werden soll
und die Demokratie hier mit einer unabhängigen
Justiz ihre stärke zeigt.«
Vergangene Woche in Dresden, Donnerstag
früh um 9.11 uhr beginnt der letzte Prozesstag.
Zwei stunden später erhebt sich Frank Drücke,
einer der beiden Verteidiger des Angeklagten
Alaa s., zu seinem Plädoyer. schon nach wenigen
Minuten kommt er auf Barbara Ludwig zu spre-
chen. Er nennt sie »eine völlig fehlkonditionierte
Bürgermeisterin dieser stadt«. Drücke mag es,
sich etwas verschwurbelt auszudrücken. Was er
sagen will, ist: Diesem satz, ein Freispruch wäre
für Chemnitz schwierig, liege die aberwitzige
Annahme zugrunde, dass gerichte den Anforde-
rungen der Politik zu folgen hätten. Frau Ludwig
vermittele so das Bild, »sie sitze auf einem Pulver-
fass« und ausgerechnet »die unabhängige Justiz
sei nun dafür verantwortlich, dass es nicht zu ei-
nem Funkenschlag komme«.
Es gibt nicht ein einziges Plädoyer in diesem
totschlags-Verfahren, das ohne den Hinweis auf
die politische Dimension auskommt. Erstaunlich
sind vor allem die schlussvorträge der staatsan-
waltschaft sowie die der Nebenklagevertreter, die
immer wieder darauf hinweisen, dass es sich hier
um ein fair geführtes, nicht beeinflusstes strafver-
fahren gehandelt habe. Wenn Organe der Rechts-
pflege sich dazu veranlasst sehen, immer wieder
eine selbstverständlichkeit zu betonen und zu be-
teuern, etwas sei ganz normal, könnte das nicht
gerade ein Hinweis darauf sein, dass es vielleicht
nicht ganz so normal ist? Anwalt Drücke sagt:
»Für uns ist das mitnichten ein normales Verfah-

Winfried F. winkt ab. Als wolle er sagen: Den
kriegen sie nie. Was er zu diesem Zeitpunkt noch
nicht wissen kann: Ein knappes Jahr später wird es
ein urteil geben. Einen schuldigen im sinne des
gesetzes. Doch die im Nebel liegenden umstände
der tatnacht, sie werden im Vergleich zu dem, was
Winfried F. von dieser Frau an seiner Haustür zu
hören bekam, auch am Ende des Verfahrens nicht
klarer sein.
Das Problem war, dass dieser Prozess von An-
fang an mit allen möglichen Erwartungen überla-
den wurde. Er sollte die aufgebrochenen gegensätze
in Chemnitz beruhigen, er sollte die Hasserfüllten
zähmen, am besten gleich überall im ganzen Land.
Das sächsische Justizministerium erhob den Fall
zum sogenannten Berichtsverfahren, der Minister
sebastian gemkow wollte genau über alle Wendun-
gen informiert werden. Aus Angst vor Ausschrei-
tungen wurde das Verfahren gegen den syrischen
Asylbewerber Alaa s. in den Hochsicherheitssaal
des Oberlandesgerichts Dresden verlegt.
und die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Bar-
bara Ludwig setzte kurz vor dem Auftakt den ton
für den Prozess, als sie sich in einem Interview mit
der taz eine Verurteilung des Angeklagten wünsch-
te – ein Freispruch würde »schwierig für Chem-
nitz« werden.
Natürlich gibt es strafverfahren, die von der
Politik zumindest mitbestimmt werden. In der
Bundesrepublik hat es solche Verfahren gegeben,
zum Beispiel die Nürnberger Prozesse, die Ausch-
witz-Prozesse in Frankfurt oder die Prozesse gegen
DDR-Verantwortliche wie Egon Krenz und Mar-
kus Wolf. Aber hier geht es um totschlag. Auf ei-
nem stadtfest. In Chemnitz. Politik hat da nichts
zu suchen. und doch war sie allgegenwärtig.
An einem heißen Vormittag Ende Juli 2019
sitzt Barbara Ludwig in ihrem beeindruckend gro-
ßen Büro im nicht weniger beeindruckend großen
Rathaus von Chemnitz. Es gibt themen, über die
die Oberbürgermeisterin gerne spricht. Der schie-
nenersatzverkehr, der die eigentlich recht kurze
strecke zwischen Leipzig und Chemnitz zum
Abenteuer werden lässt; die Eigenheiten einer
stadt, die bis vor Kurzem außerhalb sachsens
ziemlich unbekannt war; die charmante Ignoranz,
mit der Chemnitzer auf alles reagieren, was ir-
gendwo da draußen, weit weg vom Karl-Marx-
Denkmal, geschieht. In letzter Zeit hatte sie sich
nicht mehr zu dem Verfahren gegen den Asylbe-
werber Alaa s. geäußert.
Jetzt, kurz vor dem Jahrestag der tat, hat Bar-
bara Ludwig sich bereit erklärt, mit der ZEIT noch
einmal über den Fall zu sprechen. Das vergangene
Jahr war für sie, die Linke von der sPD, 1962 in
Karl-Marx-stadt geboren, eines der schwierigsten
ihres Lebens. »Wir waren wie in schockstarre, da
nehme ich mich auch mit hinein.« Über diese Zeit
zu sprechen, die Angst, die Verunsicherung, das
langsame Wiederaufrappeln, fällt ihr nicht leicht.
Die Oberbürgermeisterin sagt: »Das subjektive
sicherheitsgefühl in Chemnitz ist durch die Vor-
fälle ein anderes geworden. Letztes Jahr gab es eini-
ge Wochen, in denen alle Angst voreinander hat-
ten: die Chemnitzer, die schon lange hier leben,
vor denen, die anders aussehen – und umgekehrt.«
Inzwischen habe sich das zwar langsam wieder ge-
legt, aber jetzt seien es die Besucher, die wissen
wollten, ob es hier sicher ist.
»Nach einer Krise«, sagt Ludwig, »muss man
sich neu bewusst werden – das kann für Chemnitz

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