Frankfurter Allgemeine Zeitung - 23.08.2019

(Barré) #1

SEITE 12·FREITAG, 23. AUGUST 2019·NR. 195 Feuilleton FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


DerNormalzustand großer Pop- und Rock-
stars der achtziger Jahre heißt mit einem
kulturwissenschaftlichen Fachausdruck
„aufgedonnert“: Haarspray überhöhte die
Frisuren, Musikvideos auf MTV steigerten
die Präsenz der Kunstschaffenden, die
sonst auf Bühnen (und sei’s im Stadion)
beschränkt gewesen wäre, ins kinover-
wandt Phantastische.
Der Australier Rick Springfield war zu
dieser Zeit und in diesem Zirkus zwar kein
Riese, aber doch groß genug, ein paar Hits
mit zeittypisch draufgängerischer Musik
und oft erstaunlich grämlichen Texten zu
landen: „Jessie’s Girl“ (1981) lässt sich sei-
ne Strophen von einer kleinen Gitarren-
Notenfolge ordnen, die stabil genug ist,
dass man daraus noch heute einen acht-
baren Schallplattenschrank bauen könnte,
das Lied handelt aber nicht von Mut, Rück-
grat oder geradem Sinn, sondern vom
Neid auf den besten Freund mit der tollen
Freundin. „Bruce“, schon 1978 geschrie-
ben, aber erst 1984 erfolgreich, beschwert
sich, munter arrangiert, dass die Leute
Herrn Springfield dauernd mit Herrn
Springsteen (einem anderen Krach-
macher) verwechseln. „Celebrate Youth“
(1985) schließlich fuchtelt vordergründig
mit der Fahne der Jugend herum, handelt
aber eigentlich davon, dass das Leben rela-
tiv schnell gelaufen ist, bald kommt der
Tod herbei, alles umsonst. Prima Feten wa-
ren das, wo so was Finsteres lief.
Bittersüß entzückt waren daher zahlrei-
che Menschen, die Springfield seinerzeit
gemocht hatten und sich daran noch er-
innerten, als sie ihn vor rund drei Jahren
an einem Ort wiedersehen durften, wo
man nicht mit ihm gerechnet hatte: in der
zwölften Staffel der Mystery-Quasiklamot-
te „Supernatural“ nämlich, die inzwischen
auch schon so lange gesendet wird, dass
sie mittlerweile kaum noch von viel mehr
handelt als von nostalgischer Rückbesin-
nung auf ihre eigenen ersten drei Staffeln.
In „Supernatural“ jagen zwei Brüder He-
xen, Blutsauger und Gespenster, während
in ihrem Auto dauernd Musik wie die frü-
her von Springfield veranstaltete läuft.
Springfield selbst spielt im zwölften Jahr

der Show einen heruntergekommenen,
man könnte sagen: nicht mehr aufgedon-
nerten, sondern abgedonnerten Ex-Rock-
star namens Vince Vincente, dem der Teu-
fel in den Leib fährt. In kleinen Gesten,
schiefen Ausbrüchen, verwackelter Ver-
zweiflung, komischen Auftritten und tragi-
schen Abgängen, schließlich im Verfaulen
bei lebendigem Leib, übersetzt Spring-
field Einsichten und Überlegungen zur
Rock- und Popgeschichte in eine Rollen-
selbstdeutung, die sagt: Das Monster Ra-
dio-Rock kann nur leben, solange ein bö-
ser Geist in ihm wohnt, der zur Normalität
„Nein“ sagt und immer Hunger hat. Das er-
klärt immerhin, was aus dieser Musikrich-
tung im neuen Jahrtausend geworden ist
(der Satan hat sie im Stich gelassen).
Springfields Verdienst wird bleiben,
dass er das nicht in Interviews geweint,
sondern feinnervig fürs Fernsehen drama-
tisiert hat. Heute wird der nette Teufels-
knabe siebzig Jahre alt. DIETMAR DATH

N

ach vier Stunden bringt man uns
anstatt Petits Fours das fränki-
sche Schmalzgebäck Knieküch-
le aus der Küche, stellt es mit
dem fränkischen Sinnspruch „Wer die
schönsten Küchle bäckt, hat auch die
schönsten Knie“ auf den Tisch und bricht
damit ein letztes Mal an diesem Abend
mit den Konventionen der klassischen
Hochküche. Nichts anderes haben Felix
Schneider und seine beiden Ko-Köche die
ganze Zeit über getan, nichts anderes als
so radikal und kompromisslos wie kaum
irgendwo sonst in der deutschen Kulina-
rik die Grenzen des Kochens auszuloten
und dabei von ihren Gästen bedingungs-
lose Gefolgschaft einzufordern – wer bei
Schneider isst, sollte die Dinge zumindest
einen Abend lang so sehen, wie er sie
sieht und wie sie für ihn sind. „Sosein“
heißt deswegen sein Restaurant in He-
roldsberg bei Nürnberg und könnte gar
nicht anders heißen.
Felix Schneider ist ein ernsthafter
Mann von Mitte dreißig, der nicht ko-
chen kann, ohne nachzudenken. Er
stammt aus Nürnberg, bekam früh einen
Michelin-Stern, arbeitete in einem
Zwei-Sterne-Haus, fand die traditionel-
le Hochküche aber schnell zu artifiziell
und selbstreferentiell. Deswegen mach-
te er sich 2015 in Heroldsberg selbstän-
dig, um ohne Konzessionen einen eige-
nen Weg gehen zu können. Die Leitmoti-
ve seiner Küche – Saisonalität und Regio-
nalität, Klarheit und Einfachheit, Re-
spekt vor dem Produkt und seinem Er-
zeuger – klingen zunächst nicht sonder-
lich revolutionär. Doch er verfolgt sie
mit derart jakobinischer Unerbittlich-
keit, dass ihm diese Rigorosität und Kon-
sequenz nationale Aufmerksamkeit,
zwei Michelin-Sterne, siebzehn Gault-
Millau-Punkte und den Ruf eingebracht
haben, der fränkische Wiedergänger
René Redzepis zu sein.
„Landgasthaus Schwarzer Adler 1536“
steht auf der Fassade des „Sosein“. Es
klingt wie ein Echo der Rückbesinnung
auf das Wahre und Wesentliche, das hier
zelebriert wird. Wir sitzen im Kellerge-
wölbe an Holztischen ohne Tischdecke,
werden sofort vertrauensvoll geduzt und
bekommen synchron mit allen anderen
Gästen ein Einheitsmenü, das mit einem

„Prolog“ aus ebenso schlichten wie kunst-
vollen Miniaturen beginnt. Rücken und
Bauch eines Saiblings aus Erlangen wer-
den mit Sojasauce aus biologisch-baden-
württembergischem Versuchsanbau be-
strichen, mit winzigen Ingwer-Würfeln
aus Franken und dem roten Rettich von
einer benachbarten Bäuerin dekoriert
und als Sashimi serviert. Eine Miniatur-
brottasche aus Sauerteig wird mit einem
Sumach-Sauerrahm und jungen Trieben
von Senf und Kohl gefüllt, ein Flusskrebs
mit einer Flusskrebs-Bisque und Tagetes
arrangiert, die arosierte Saiblingsleber
mit einer Sauerrahm-Beurre-blanc und
Käsemolke kombiniert. Und zum Ab-
schluss des Auftakts gibt es eine fränki-
sche Brotzeit aus feinsten Schinken, die
auf einer Rinderrippe ruhen, begleitet
von einem hundert Stunden lang gezoge-
nen Sauerteigbrot.
Das alles und auch alles Folgende sind
Hochämter des reinen Geschmacks, Plä-
doyers für einen rigorosen Purismus. Fe-
lix Schneider will den Aromen auf den
Grund gehen, duldet dabei keine Ablen-

kung, schreckt auch nicht vor einem Tel-
lerminimalismus am Rande der Askese
zurück und schert sich nicht im Gerings-
ten um irgendwelche Tabus. Als Zwei-
Sterne-Koch serviert er einen Salat aus
den Strünken, weil sie für ihn am inten-
sivsten sind und die beste Konsistenz ha-
ben, gießt einen Sud aus Dill an, legt ein
bisschen Zitronenmelisse, Eisblume und
Feuerbohnenblüte oben drauf und
schafft es tatsächlich, einen Teller von
verblüffender Aromentiefe anzurichten,
der so schmeckt, als hätte ein Biochemi-
ker in langen Versuchsreihen den reinen
Salatgeschmack extrahiert, isoliert und
potenziert – um ihn anschließend einem
Spitzenkoch zu übergeben, der daraus
ein sehr ansehnliches, vollkommen über-
zeugendes Gericht macht.
Felix Schneiders kulinarische Reise
ins Herz des Rigorismus führt ihn selten
weiter als ein paar Dutzend Kilometer
vom „Sosein“ weg. Er will keinen Stein-
butt in seinem Haus sehen, sondern eine
heimische Forelle, die wie alle Fische le-
bend angeliefert und nach der besonders

sanften und schonenden Ikejime-Metho-
de aus Japan geschlachtet, dann mit
selbstgemachtem Obstessig eingerieben,
sekundenkurz abgeflämmt und von
nichts anderem als Erbsen-Miso-Lauch-
öl und rohen Lauchringen begleitet wird.
Auch die Zutaten für den bunten Gemü-
seteller hätten alle mit dem Fahrrad ange-
liefert werden können. Rote Bete, Ringel-
bete, Frühlingszwiebeln, Mangold, Selle-
rie, Kohlrabi, Pastinaken, Fenchel und
Radieschen werden frittiert und blan-
chiert, gebraten und gedünstet, schme-
cken wunderbar frisch und authentisch,
sind tadellos zubereitet und offenbaren
doch, dass ausgerechnet Schneiders Rei-
se selbst zu einem Rundkurs des Selbstre-
ferentiellen werden könnte.
Denn von Gang zu Gang sinkt der
Grad unserer Verblüffung, weil sich das
minimalistisch-puristische Muster einer
freiwilligen Selbstbeschränkung stur wie-
derholt – und weil ein fränkischer Zan-
der auch dann nicht zu einem bretoni-
schen Wolfsbarsch wird, wenn man ihn
auf Holzkohle grillt, seine Schuppen frit-
tiert und seinen Kopf zusammen mit
Hecht und Petersilie zu einem Fond ver-
arbeitet. Und beim Lamm, das nicht nur
drei Monate lang leben, sondern ein gan-
zes Jahr als Landschaftspfleger arbeiten
durfte, stößt die radikale Reduktion end-
gültig an ihre Grenzen, weil Kochkunst
ohne den Willen zur Kunstfertigkeit und,
horrible dictu, zul’art pour l’artauf die
Dauer nicht funktioniert: Auf dem Teller
liegen eine kleine Scheibe aus der Keule
und eine Niere, dazu eine gebratene Zuc-
chini mit Blüte, Löwenzahnknospen in
Salzlake und ein wenig Lamm-Jus. Das
ist der Punkt, an dem eine Idee zum Dog-
ma und ein gargantuesker Jakobiner wie
Danton zu einem asketischen Robbes-
pierre wird.
Ohne Radikalität gibt es keinen Fort-
schritt in der Küche. Deswegen ist es voll-
kommen legitim, wie Felix Schneider
kocht, deswegen kann man bei ihm einen
herrlich revolutionären Abend verbrin-
gen, wenn man sich ganz auf ihn einlässt.
Und das Schöne an unserer wunderbaren
kulinarischen Welt ist ja, dass jeder nicht
nur kochen, sondern auch essen kann,
wie er will. JAKOB STROBEL Y SERRA
Sosein,Hauptstraße 19, 90562 Heroldsberg, Tele-
fon: 0911/95699680, http://www.sosein-restaurant.de.
Menü 130 Euro.

Wahr ist nur das Wesentliche


Geschmackssache
Phantastisch

heruntergekommen


Erst Partyrocker mit Kummerhits, jetzt beeindruckend


böser Schauspieler: Rick Springfield zum Siebzigsten


Kaum ein deutscher Koch geht so kompromisslos, so unerbittlich
seinen Weg wie Felix Schneider vom „Sosein“ in Heroldsberg.
Oft begeistert das, und manchmal verstört es.

Lieber Dämon: Rick Springfield Foto Laif


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IhreReiseroute



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  • Tage2-4Tokio
    (HotelaufenthaltundFujiTour)

  • Tag5Tokio/Yokohama
    (Einschiffung)

  • Tag6AufSee

  • Tag7Hakodate

  • Tag8Otaru

  • Tag9AufSee

  • Tag10Jushno-Sachalinsk

  • Tage11-12AufSee

  • Tag13AufSee
    (Überschreitungder
    internationalenDatumsgrenze)

  • Tage14-16AufSee

  • Tag17Kodiak

  • Tag18Anchorage

  • Tag19AufSee

  • Tag20HubbardGletscher
    (ScenicCruising)

  • Tag21Juneau

  • Tag22AufSee

  • Tag23InsidePassage
    (ScenicCruising)

  • Tag24Vancouver
    (AusschiffungundRückflug)


AlleFlüge,Steuern
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  • 19-Nächte-Kreuzfahrtmit
    VollpensionanBordderQueen
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  • DeutschsprachigeGästebetreuung,
    TagesprogrammeundMenükarten
    anBord


Kreuzfahrt



  • 3Übernachtungenim4-Sterne
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(DeutscheReiseführung)


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    einschließlichderHakone
    Seilbahn

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    Tokio


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