„Bei dem Zusammenkommen
von Menschen passieren
zum Glück Dinge, die sie allein
mit ihrem Smartphone nicht
erleben können.“
Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstands
Deutsche Messe AG
„Das Ergebnis des Angebots ist
ein sehr starkes Fundament
für die geplante strategische
Partnerschaft mit KKR.“
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender Axel Springer,
über den US-Investor, der sich 42,5 Prozent der Anteile
am Medienkonzern Axel Springer gesichert hat
T
weets von Donald Trump zum Handelskrieg und
entsprechende Gegenäußerungen aus China stel-
len für die Kapitalmärkte schon lange keine ech-
ten Signale mehr dar, sondern erzeugen vor allem kurz-
fristige Konfusion. Hohe politische Unsicherheit und ex-
trem niedrige Zinsen bewirken zusammen eine Art ner-
vöses Gleichgewicht: Die Kurse brechen immer wieder
ein und erholen sich anschließend. Es gibt weder einen
klaren Trend nach unten noch einen nach oben.
In dieser Situation lohnt es sich, auf echte Signale zu
achten. Für Aktionäre deutscher Unternehmen bietet
sich das Ifo-Geschäftsklima an: Es hat mit 94,3 Punkten
den niedrigsten Stand seit knapp sieben Jahren er-
reicht. Von „Sorgenfalten“ der Unternehmenslenker ist
die Rede. Nicht nur die exportstarke, besonders vom
Handelskonflikt betroffene Industrie leidet, sondern
auch das Dienstleistungsgewerbe. Das zeigt: Deutsch-
land, bis vor Kurzem noch strotzend vor Stolz auf die
eigene wirtschaftliche Stärke, hat ein Problem. Eine Re-
zession droht. Die möglicherweise lange andauernde
Deglobalisierung trifft die heimische Industrie beson-
ders und stellt den Export als Wachstumsmotor infrage.
Der Schwerpunkt in der Autoindustrie, lange Zeit eine
besondere Stärke, droht zur Belastung zu werden. Die
kleinschrittige, pragmatische deutsche Politik, die in
guten Zeit gut genug war, ist überfordert.
Aktionäre können auch nach dem Motto handeln:
Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Die Euro-
päische Zentralbank (EZB), die Deutschland mittlerwei-
le als großes Problem der Euro-Zone sieht, wird durch
schwache Daten bestärkt in ihrem Entschluss, den
Markt noch einmal mit Geld zu fluten in der Hoffnung,
dass dadurch die Inflation zumindest nicht noch weiter
unter das Ziel von zwei Prozent fällt. Außerdem: Wenn
schlechten Daten die ersten harten Jobverluste folgen,
verabschiedet sich die Regierung im Berlin möglicher-
weise von der „schwarzen Null“ und unterstützt die
Wirtschaft mit schuldenfinanzierten Ausgaben. Falls
diese Regierung nicht ohnehin abgelöst wird.
Aber man darf die Erwartungen nicht zu hoch
schrauben. Der EZB gehen allmählich die Mittel aus –
auch wenn sie das nie zugeben wird, weil sie sich damit
selbst noch mehr schwächen würde. Eine finanzpoliti-
sche Reaktion aus Berlin kommt, wenn überhaupt,
wahrscheinlich reichlich spät. Außerdem empfehlen
die Ökonomen Deutschland, mit günstigen Schulden re-
finanzierte Investitionen zu tätigen. Aber ausgerechnet
der Bausektor ist zurzeit noch relativ gut ausgelastet,
und staatliche Aufträge könnten dort in Teilbereichen
in Konkurrenz zum dringend notwendigen Wohnungs-
bau treten. Fazit also: Es dürfte in absehbarer Zeit güns-
tige Einstiegskurse für Dax-Werte geben.
Börse
Der Dax mit Sorgenfalten
Die kurzfristige Entspannung des
Handelskonflikts hilft den Aktien.
Aber der schwache Ifo-Index
ist ein wichtigeres Signal,
glaubt Frank Wiebe.
Der Autor ist Leiter Geldpolitik.
Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Deutsch -
land,
bis vor Kur -
zem noch
strotzend
vor Stolz auf
die eigene
wirtschaft -
liche Stärke,
hat ein
Problem.
Bloomberg, Deutsche Messe AG, dpa
Mobilität
Und App
geht‘s
N
och ist die Mobilität der Zu-
kunft eher ein Versprechen.
Wer vom Flieger in den öf-
fentlichen Nahverkehr, vom Zug in
einen Pkw-Shuttle oder vom Leih-
wagen aufs Mietfahrrad umsteigen
will, der hat eine Abenteuerreise
vor sich. An Angeboten fehlt es kei-
neswegs, speziell in Großstädten
wird der mobile Mensch geradezu
überrollt. Neueste Errungenschaft
sind die elektrischen Scooter, die
seit Mitte Juni auch in Deutschland
freigegeben sind.
Doch wie findet der Reisende ei-
gentlich sein Fortbewegungsmittel,
wie erfährt er, was es kostet? Dafür
muss er sich erst mal sein Smart -
phone mit einer Vielzahl von Apps
vollladen. Und er kann dann noch
nicht einmal sicher sein, die opti-
male Variante gefunden zu haben.
Denn wer weiß schon, welche Alter-
nativen es gibt, vom einem weit au-
ßerhalb liegenden Münchener Flug-
hafen in die Innenstadt der Bayern-
metropole zu kommen?
Wie einfach wäre es doch, mit ei-
ner einzigen Mobilitätsplattform die
Angebote zu checken und sich dann
auch gleich einbuchen zu können.
Doch das ist vorerst ein Wunsch-
traum. Die Lage wird sogar von Tag
zu Tag unübersichtlicher. Sharing-
dienste drängen auf den Markt, alle
mit einer eigenen App.
Und beinahe alle treten mit der-
selben Vision an. Sie wollen einmal
die alles entscheidende Plattform
sein, die von einer immer mobiler
werdenden Klientel angesteuert
wird. Und zwar als erste Wahl.
Wer glaubte, Google werde auto-
matisch diese Führungsposition be-
setzen, der sieht sich derzeit eines
Besseren belehrt. Denn entschei-
dend für Nutzer ist es nicht, eine
Reisekette von A nach B nur planen
zu können, nur zu sehen, welche
Verkehrsmittel es gibt.
Gewonnen hat am Ende die App,
die das dazugehörige Ticket und die
notwendigen Reservierungen gleich
anbieten kann. Niemand wird in Zu-
kunft noch Zeit darauf verschwen-
den wollen, den Tarif- und Preis -
dschungel zu durchdringen und
dann auch noch diverse Tickets zu
buchen. Der Kampf um die Pole-Po-
sition ist eröffnet.
Reisen soll unkompliziert werden.
Doch die digitale Welt macht
erst einmal alles sehr kompliziert,
findet Dieter Fockenbrock.
Der Autor ist Chefkorrespondent
im Ressort Unternehmen &
Märkte. Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Unternehmen & Märkte
DIENSTAG, 27. AUGUST 2019, NR. 164
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