Handelsblatt - 27.08.2019

(lily) #1

M


artin Herrenknecht ist ein Unter-
nehmer nach dem Geschmack
von Olaf Scholz (SPD). Der Chef
des gleichnamigen Tunnelbauma-
schinenherstellers weiß, dass die
Wirtschaft einen fairen Anteil zur Finanzierung des
Staates beitragen muss. In einem Handelsblatt-In-
terview dankte der Bundesfinanzminister daher ex-
plizit Herrenknecht für dessen Äußerungen zur
„unternehmerischen Verantwortung“. An Herren-
knechts Auffassung hat sich nichts Grundsätzliches
geändert. Er habe kein Problem mit einer höheren
Steuerbelastung für Vermögende, etwa bei Scholz’
Soli-Gesetz, sagte Herrenknecht dem Handelsblatt.
Doch bei dem Beschluss, den die SPD-Spitze am
Montag gefasst habe, „schlackerten ihm die Ohren“.
Das Parteipräsidium beschloss einmütig, die seit
1997 nicht mehr erhobene Vermögensteuer wieder
einführen zu wollen. So sollen „Multimillionäre“
den Plänen zufolge künftig eine zusätzliche Steuer
in Höhe von einem Prozent ihres Vermögens zah-

len. Betroffen von den Plänen wären sowohl Privat-
personen wie Kapitalgesellschaften. Zehn Milliar-
den Euro soll die Vermögensteuer so im Jahr ein-
bringen. „Immer noch mehr draufpacken auf
Besserverdiener und Vermögende, noch monströ-
sere Steuerwerke. So fördert man sicherlich kein
Unternehmertum in Deutschland“, sagte Herren-
knecht.
Dass die SPD genau jetzt ihr Konzept für eine
Wiederbelebung der Vermögensteuer vorstellt, ist
kein Zufall. Am 1. September wird in Brandenburg
und Sachsen gewählt. Die SPD will ihr Profil als lin-
ke Volkspartei schärfen und so bei ihrer Stamm-
klientel punkten. Es gehe darum, eine gerechtere
Vermögensverteilung und einen stärkeren gesell-
schaftlichen Zusammenhalt herzustellen, sagte In-
terims-Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel. „Na-
türlich hat das am Ende auch Auswirkungen auf
unser Profil – das ist ausdrücklich erwünscht.“
Allerdings macht sich die SPD auch angreifbar.
Ausgerechnet im drohenden Abschwung könnte sie

Vermögensteuer


schreckt Unternehmer


Die SPD hat ihre Pläne für die Wiedereinführung der Vermögensteuer konkretisiert.


Viele Unternehmer warnen, dass die Pläne ein Risiko für Investitionen und


Arbeitsplätze sind. Und der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof sieht


rechtliche Hürden.


Steuereinnahmen in Deutschland


/=Bevölkerung


2010 2018
+46,1 % +1,6 % +44,1 %

Gesamt-
einnahmen

Pro-Kopf-
Aufkommen

HANDELSBLATT • Quelle: IW Köln

2010 2018


776
Mrd. € 83,
Millionen
9 350 €
531
Mrd. €

81,
Millionen

6 490 €


2010 2018


Insbesondere für


Familienunternehmen


wäre das eine existenzielle


Bedrohung.


Erich Sixt
Vorstandsvorsitzender Sixt

Die Debatte zur Einführung


einer Vermögensteuer ist


kurzsichtig und


geradezu absurd.


Arndt Kirchhoff
Präsident der Unternehmensverbände
Nordrhein-Westfalen

So fördert man sicherlich


kein Unternehmertum


in Deutschland.


Martin Herrenknecht
Vorstandschef Herrenknecht AG

Titelthema


Griff nach dem Geld


DIENSTAG, 27. AUGUST 2019, NR. 164


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