Handelsblatt - 29.08.2019

(Dana P.) #1

Versicherer


Allianz forciert


den Umbau


Europas größter Versicherer


erstickt an Komplexität,


warnt Vorstandschef Bäte.


Bei möglichen Übernahmen


ist er zurückhaltend.


Carsten Herz Frankfurt


A


llianz-Boss Oliver Bäte will
den angestoßenen Umbau
des Versicherers in den
kommenden Jahren noch schneller
vorantreiben. „Das Hauptproblem
unserer Industrie und der Allianz
im Besonderen ist, dass wir manch-
mal an unserer Komplexität ersti-
cken“, sagte Vorstandschef Bäte am
Dienstagabend vor dem Internatio-
nalen Club der Frankfurter Wirt-
schaftsjournalisten. So schleppe die
Allianz allein in Deutschland rund
61 Arten von Rechtsschutzpolicen
mit sich herum, von denen nur ein
Bruchteil noch verkauft würde.
Der Dax-30-Konzern hat sich eine
grundlegende Vereinfachung in sei-
nem neuen Mehrjahres-Strategie-
plan auf die Fahnen geschrieben.
Alte Verträge sollen nun auf neue
Produkte umgestellt und alte IT-Sys-
teme langfristig abgestellt werden.
Bis 2023 will die Allianz die Hälfte
der Alt-Computersysteme abge-
schaltet haben. Zudem sollen mehr
Angebote auf einheitliche Plattfor-
men gesetzt werden.
Ein weiterer wichtiger Schritt soll
der neue digitale Direkt-
versicherer Allianz Di-
rect werden, der im No-
vember mit Kfz-Policen
startet und von Grö-
ßeneffekten profi-
tieren soll.

Niedrigzinsen und neue Wettbe-
werber zwingen die Branche, stär-
ker denn je auf ihre Kosten zu ach-
ten und nach renditeträchtigen An-
lageformen Ausschau zu halten.
Von deutschen Bundesanleihen hat
sich der Großinvestor vor diesem
Hintergrund verabschiedet. „Wir
kaufen keine deutschen Bundesan-
leihen mehr“, sagte Bäte in Frank-
furt. Der Konzern zählt mit einem
Portfolio von 650 Milliarden Euro
zu den größten Kapitalanlegern in
Deutschland. Sämtliche deutschen
Staatspapiere weisen jedoch eine
negative Rendite auf. Investoren
müssen also dafür zahlen, dass sie
dem Bund Geld leihen.
Bäte erneuerte in diesem Zusam-
menhang seine Kritik an der Zins-
politik. Er halte die Steuerung der
Zinsen für falsch, monierte er. Die
Zentralbank sollte unabhängig von
der Politik sein. Das Gegenteil sei je-
doch der Fall. Der größte Nutznie-
ßer davon sei der deutsche Staat,
der Milliarden an Zinskosten spare.
Bei möglichen größeren Über-
nahmen zeigte sich Bäte zurückhal-
tend. „Wir haben nichts Großes –
gar nichts – gefunden, was irgend-
wie für uns Sinn gemacht hätte“,
sagte der Vorstandschef. Die Preise
seien sehr hoch und „übrigens
auch undifferenziert hoch“. Die Al-
lianz setze deshalb darauf, in Län-
dern, in denen man Chancen sehe,
mit kleineren Akquisitionen die
Marktposition auszubauen.
Erst vor wenigen Tagen hatte die
Allianz für 667 Millionen Euro Teile
des brasilianischen Versicherers Sul
America übernommen und war da-
mit zur Nummer zwei auf dem
Markt für Kfz-Policen in dem Land
geworden. Im Mai hatten die Mün-
chener schon die britische Sachver-
sicherungssparte von Legal & Gene-
ral sowie die restlichen Anteile am
britischen Versicherer Liverpool
Victoria übernommen.

Steigende Risikovorsorge


HSBC kündigt Sparpaket an


Nach vielen Jahren ohne


nennenswerte Kreditausfälle


steigt bei den Banken die


Risikovorsorge. Das zeigt sich


bei der HSBC und der LBBW.


J. Henke, Y. Osman Frankfurt


D


er Mix aus extrem niedrigen
Zinsen und einer schwachen
Konjunkturentwicklung
schmälert die Gewinne der deut-
schen Banken. Die Deutschlandtoch-
ter der britischen Großbank HSBC
kündigte nach einem Gewinnein-
bruch im ersten Halbjahr deshalb
Stellenstreichungen an. Die Landes-
bank Baden-Württemberg (LBBW)
teilte mit, dass ihr Vorsteuerergebnis
und die Eigenkapitalrendite im Ge-
samtjahr „leicht“ unter dem geplan-
ten Niveau liegen werden.
HSBC Deutschland und LBBW ste-
hen beispielhaft für die Probleme,
vor denen die Banken in Deutsch-

land derzeit stehen: Nach vielen Jah-
ren ohne nennenswerte Kreditausfäl-
le steigt bei den Banken die Risiko-
vorsorge. Denn nach einem langen
Aufschwung deuten Konjunkturindi-
katoren mittlerweile auf eine Rezessi-
on in Deutschland hin.
Das traf auch die Düsseldorfer
HSBC, deren Gewinne sogar noch
hinter denen aus dem ersten Halb-
jahr 2009 zurückblieben, als noch
die Finanzkrise tobte. Der Vorsteuer-
gewinn schrumpfte um gut 40 Pro-
zent auf 47,2 Millionen Euro: Nach-
dem das Institut im Vorjahr sogar
noch 2,6 Millionen Euro an Risikovor-
sorge hatte auflösen können, musste
das Institut nun 29,2 Millionen Euro
für faule Kredite zurücklegen.
Das hatte deutliche Auswirkungen
auf die Erträge. Zwar steigerte das In-
stitut auch seine Zinseinnahmen,
doch nach Abzug der Risikovorsorge
blieb aus dem Zinsgeschäft mit 84,3
Millionen Euro ein Fünftel weniger
übrig als noch im Vorjahr. Das konn-

ten auch die höheren Provisionsüber-
schüsse nicht ausgleichen, zumal im
Berichtszeitraum auch die Verwal-
tungskosten höher ausfielen als im
Vorjahr. Die Bank begründet das un-
ter anderem mit einem Effizienzpro-
gramm aus der ersten Jahreshälfte,
das zu zusätzlichen Kosten führte.
Darin enthalten sind Mittel für In-
vestitionen für Prozessoptimierung,
aber auch für absehbare Abfindun-
gen, die sich im Zuge von Stellenstrei-
chungen ergeben werden. Denn die
Bank will Arbeitsplätze abbauen. Al-
lerdings werde es keine Details zum
Stellenabbau geben, bevor nicht die
Gespräche mit dem Betriebsrat abge-
schlossen sind, sagt der Finanzchef
Andreas Kamp. Es handele sich um
eine Teilmenge der 4 000 Stellen, die
das Mutterhaus HSBC angekündigt
hatte zu streichen.
Verglichen mit der Lage bei HSBC
sieht es bei der LBBW besser aus.
Zwar verdoppelte sich bei der Stutt-
garter Landesbank die Risikovorsor-

ge. Das Wachstum im operativen Ge-
schäft konnte diese Belastungen aber
mehr als ausgleichen. Der Konzern-
gewinn stieg um sechs Prozent auf
219 Millionen Euro.
Doch auch die LBBW spürt das un-
günstigere Umfeld. Das Institut rech-
net mit einem Vorsteuergewinn, der
zwar etwas über dem Vorjahreswert,
aber leicht unter dem Planniveau lie-
gen soll. Als Grund nennt die LBBW
die niedrigen Zinsen sowie eine „mo-
derat“ höhere Risikovorsorge.
Für den eingetrübten Ausblick ist
in erster Linie das Kapitalmarktge-
schäft verantwortlich, dessen Vor-
steuerergebnis wohl „beträchtlich“
unter den Zielen liegen dürfte, sowie
das Privatkundengeschäft, das wohl
„signifikant“ unter Plan liegt. Dafür
soll das Immobiliengeschäft deutlich
positiv überraschen, und auch bei
den Firmenkunden ist die Bank dank
ihres Wachstums optimistisch, ob-
wohl sie dort mit einem weiteren An-
stieg der Risikovorsorge rechnet.

Oliver Bäte:
Der Allianz-
Chef will
Größeneffekte
Allianz SE heben.


29


MILLIONEN


Euro legte HSBC
Deutschland im
ersten Halbjahr 2019
für faule Kredite
zurück. Im Vorjahr
wurden noch Rück-
stellungen aufgelöst.

Quelle: Unternehmen








 
   


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Finanzen & Börsen
DONNERSTAG, 29. AUGUST 2019, NR. 166

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