AD Architectural Digest - September 2019

(Ron) #1

fand das alles großartig. „Unser Grund-
gedanke“, sagt Gama, „war von Anfang
an: Wie würden ein Museum, ein Mu-
sikstudio und eine Galerie aussehen,
wenn sie zusammen ein Wohnhaus er-
geben sollen?“
Gemeinsam mit Kogan und der Ar-
chitektin Diana Radomysler bestimmte
Issa auch die Inneneinrichtung. Doch
mit der Möblierung haben sie sich Zeit
gelassen. „Wir mögen den Gedanken
des Weniger-ist- mehr“, erklärt der
Hausherr. „Wir haben das Gebäude als
große weiße Schachtel gesehen, die wir
mit so wenig wie möglich vollstellen wollten, eben nur mit dem,
was wir wirklich haben mussten.“ Heute erstrecken sich die
Wohnräume über 1000 Quadratmeter und zwei Ebenen. Oft domi-
niert ein Gegensatz von Hell und Dunkel. „Weil der Kontrast an
sich magisch ist und weil so alles, was dazwischenliegt, sichtbar
werden darf“, betont Gama. Dazu kommen etliche Nuancen von
Grau und Grün, die durch die überdimensionalen Fenster dringen
und zusammen mit dem hellen Beige der Innenräume vom Regen-
wald erzählen. Immer wieder zeigt sich auch die Technikbegeiste-
rung des Hausherrn: Leuchter wie Filmscheinwerfer, überhaupt
scheint Licht für das Paar „die fruchtbarste Spielwiese des Designs“
zu sein. Passend dazu fügen sich Gamas ikonische kreisrunde
Lautsprecher im Wohnzimmer ein, das er ihretwegen music hall
taufte – dabei wird der 20 Meter lange und haushohe Raum mit


einer Galerie im oberen Teil zur Biblio-
thek. Runde Formen kehren überall
wieder: in der kuppelähnlich gestalteten
Deckenleuchte in Claudia Issas Atelier;
im Umriss der Wendeltreppe, die sich
von dort zu den Schlafräumen nach
oben windet, wie auch in den handge-
fertigten Tellern oder im „Bullauge“ in
Gamas Studio, dem mit Abstand kleins-
ten Fenster hier. Dabei streicht das Haus
die Längen der Quaderform he raus, in
jedem Raum, bei den Bankett tischen im
Esszimmer und im Patio, mit dem Pool,
der sich als blaues Band durch den Gar-
ten zieht. Dort wachsen Elefantenbäume, Palmen und Erdnuss-
pflanzen, zwischen die sich süßlich und schwer der Duft von
Orchideen mischt, wenn die gerade blühen.
Natur und Kunst, im Esszimmer dann spiegeln sie sich ins End-
lose: Dort stehen sich die Flora vor der Fensterfront und die wand-
füllenden Bilder vom Amazonas-Urwald des Fotografen Cássio
Vasconcellos gegenüber. Sie sind urwüchsig wie Ölgemälde und
angeregt von den Werken europäischer Maler und Forscher, die im
frühen 19. Jahrhundert das Land erkundeten.
Marcio Kogans Architektur feiert die Brasilianische Moderne.
Und im Gama Issa House verbindet sich das Wilde, die Wärme und
Weite Südamerikas mit dem Reduziert-Kühlen – fugenlos, leicht-
füßig und voller Lebendigkeit. Alexandre Gama formuliert es
schnörkelloser: „Das Haus ist, was wir sind.“

Welcome to the jungle:
Vorm Bullaugenfens -
ter im Tonstudio oben
links hat Ale xandre
Gama seine Vintage-
Drum machines hinter
Saarinens Tulip Chair
arrangiert. Das Bild
rechts daneben zeigt
seinen „Studer A80“-
Rekorder, ein rares
Stück aus der Musik-
geschichte (produziert
von 1970 bis 1988),
mit dem zum Beispiel

Peter Ga briel seinen
berühmtesten Hit
„Sledgehammer“ auf-
nahm. Rechte Seite:
Vom Esszimmer aus
betritt man ebenerdig
den mehr als 1500
Quadratmeter gro -
ßen Garten, den die
Hausbesitzer mit wu-
chernden tropischen
Bäumen und Büschen
aus den Amazonas-
Wäldern locker durch-
strukturierten.

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