Der Standard - 24.08.2019

(lily) #1

DERSTANDARDWOCHENENDE Automobil SA./SO.,24./25.AUGUST2019| 27


UMWELT&TECHNIK


Die Automatisierung
des Verkehrs ist längst
im Gang. Sie hat wohl
schon vor mehr als
fünfzig Jahren mit der
ersten Grüne-Welle-
Ampelschaltung be-
gonnen. Heute sehen wir bereits voll-
automatisch fahrende Autos sozusagen
direkt vor unserer Nase. In einzelnen,
derzeit noch wenig erfolgreichen Ver-
suchsszenarien lässt man vollautoma-
tisch fahren, zum Beispiel Citybusse in
Fußgängerzonen. Spätestens wenn der
erste Passagier oder Fußgänger Schaden
erleidet, wird das Projekt allerdings
„vorübergehend“ eingestellt.
Was die Auseinandersetzung mit
dem Thema trotzdem bringt: Man sieht
immer genauer, dass es nicht allein
damit getan ist, gute Sensoren, verläss-
liche Aktuatoren und hohe Rechenleis-
tungen zustande zu bringen, sondern

sich auch darüber Gedanken zu ma-
chen, wie wir uns den Verkehr der Zu-
kunft überhaupt wünschen. Um unser
Glück geht es nämlich in der techni-
schen Entwicklung und nicht nur um
Machbarkeit, technischen Vorsprung
und Subventionierung einer Technolo-
gie, die uns am Ende vielleicht mehr
neue Probleme bringt, als alte löst.
Schauen wir kurz in die Vergangen-
heit: Die Möglichkeiten des Automobils
haben unsere Verkehrsstrukturen be-
stimmt. Das ist umwelttechnisch alles
andere als optimal gelaufen. So sollte
man auch bei der Entwicklung des voll-
automatischen Verkehrs zuerst einmal
die Strukturen im Auge haben, die
möglich sind, und auch rechtzeitig
schauen, was erwünscht oder auch
unerwünscht ist, damit nicht am Ende
Autos den Verkehr verstopfen, in
denen nicht einmal jemand drinnen
sitzt.(rs) [email protected]

MenschenleereAutos


Tulpentestarossa


Joop Donkervoord feiert heuer seinen Siebziger. Während unsereins zum Jubiläummaximal
vombeweinflaschten Bürgermeister heimgesucht wird, feiert der niederländische Sportwa-
genbauer mit einemauf70Stück limitierten Sondermodell, dem Donkervoort D8 GTO JD70.
AngetriebenwirdervoneinemaufgeladenenFünfzylinder,eristnichteinmal700Kilogramm
schwer und verzichtet bewusst auf viele elektronische Helfer. Preis: 136.636,36 Euro.

Foto:Werk

ÖKO-WERTUNG
Sparsamste Motorisierung:nach NEFZ: Daten folgen
erst kurz vor Markteinführung
Verbrauchsintensivste Motorisierung:nach NEFZ:
Daten folgen erst kurz vor Markteinführung
Alle Motoren erfüllen die Euro-6d-temp-Evap

Österreich-Start:November
Preis:voraussichtlich ab 28.000 €
Antrieb:4Turbo-Diesel (SCR-Kat),Leistungsspek-
trum: 90 bis 199 PS, alle Motoren Euro 6d-temp;
Getriebe: 5- und 6-Gang-Schaltung, 7-Gang-Doppel-
kupplungsgetriebe, Frontantrieb, Allradantrieb
Dimensionen:L/B/H: 490/190/199 cm;
Radstand: 300 cm; Laderaumlänge: 245–280 cm;
auch mit langem Radstand (340 cm) erhältlich
TT+einfach zu fahrender Bus mit den Assistenz-
systemen wie in einem modernen Pkw
TT–ein E-Antrieb folgt erst 2020
Konkurrenz:Ford Transit Custom, Renault Trafic
und Derivate, Mercedes-Benz Vito

FACELIFT


VW T6.1

Volkswagenhat seinem Bus undTransporter das zukommen lassen,wasman landauf, landabFacelift nennt.
Doch diewenigstenNeuerungen sindrein optische.Viel mehr tat sich bei den Assistenzsystemen.

Guido Gluschitsch

Pritsche nicht in einem doch
ziemlich faden Aluton lackiert.
Eine eh schon zu erwartende
Revolution fand bei den Komfort-
und Assistenzsystemen statt.
Klar, bei diesen ist es, wenn die
schon im Konzernregal liegen, ein
recht Leichtes, sie für neue Fahr-
zeuge zu adaptieren. Doch so sim-
pel war das beim Bulli dann doch
nicht, denn neben der Installation
der eSIM für diverse Apps musste
erst die Lenkung gegen eine elek-

E


rstseit2007darfVolkswagen
seinen VW-Bus und Trans-
porter offiziellBull inennen.
Der Pistenraupen- oder sagenwir:
Pistenbully-Hersteller Käsbohrer
hatte bis dahin die Namensrechte
an „Bully“ und „Bulli“, verkaufte
sie aber zum 60. Jubiläumdes VW-
Busses an Volkswagen und über-
gab die Rechte beim Bulli-Treffen
2007 in Hannover.
Wie der VW-Bus zu seinem
Spitznamen kam, weiß heute kei-
ner mehr so genau. Vermutlich
war es eine Verballhornung aus
Bus und Lieferwagen, weil der
Typ 2T1, wie er werksintern hieß,
ebenbeideswar.Undbisheuteist.
Das wird auch so bleiben, selbst
wenn heute noch nicht sicher ist,
ob der eben erst überarbeitete Bul-
li nicht gar der letzte seiner Art
sein könnte. Dann nämlich, wenn
Ford künftig für Volkswagen die
Produktion diverser Nutzfahrzeu-
ge übernimmt. Wie genau das den
T7-Bus und/oder -Transporter be-
trifft, ist aber anscheinend noch
nicht endgültig besprochen.
Da kann man darüber spekulie-
ren, ob das daran liegt, dass der
VW-Bus jetzt im Zenit seiner Ge-
schichte steht, in der er die Fahr-
eigenschaften und den Komfort
eines Pkw mit der Vielseitigkeit


eines leichten Nutzfahrzeugs
kombiniert–und sich gleichzeitig
auch noch hervorragend verkauft.
Der gerade noch aktuelle T6 do-
miniert in Österreich sowohl 2018
als auch bis Juli 2019 die Zulas-
sungsstatistik, sowohl als Klein-
bus wie auch als leichter Nutzi.

Einfache Rechenaufgabe
Wenn so kurz bevor das Facelift
auf den Markt kommt, die Ver-
kaufszahlen immer noch so hoch
sind,kannmansichaneinerHand
abzählen, wie der T6.1, so nennt
Volkswagen den neuen Bulli, da
nahtlos anschließen wird.
Eine Neuerung, sogar eine opti-
sche, ist, dass jetzt wirklich „Bul-
li“ am Bulli steht –links und
rechts, unter dem Seitenspiegel.
Sonst hat sich rein äußerlich nicht
viel getan. An den Formen konn-
te man ja kaum basteln, wenn man
die Vielseitigkeit erhalten will. Da
ist der Grill ein bisserl anders, die
Scheinwerfer sind neu–serien-
mäßig mit LED und H7 ausgestat-
tet –, und es gibt ein paar neue Far-
ben. Gerade die Zweifarblackie-
rung ist bei Privaten sehr begehrt.
Bei Firmenkunden weniger. Und
das liegt eher nicht daran, dass
man eh einen zweifärbigen Trans-
porter hat, wenn man seine T6.1

tromechanische getauscht wer-
den, damit Spurhalteassistent,
Parkassistent oder der Anhänger-
Rangierassistent ins Ruder ein-
greifen können. Letzteren werden
übrigens auch wohl vor allem Pri-
vatkunden kaufen, die es nicht im
kleinen Finger haben, mit einem
Hänger zu fahren.
NocheinmalrichtetsichVWge-
nau an diese Kundenschicht, die
nicht jeden Cent umdreht, nicht
nur viel Platz im Auto braucht,
sondern sich auch viel Komfort
wünscht: Jetzt gibt es auch das di-
gitale Cockpit im Bulli.
Da sind wir dann, zusammen
mit den feinen Ledersitzen, dem
Infotainmentsystem mit 9,2 Zoll
großem Bildschirm und komfor-
tablen Einzelsitzen in den hinte-
ren Reihen, ziemlich weit weg von
einem herkömmlichen Nutzfahr-
zeug. Das wird man dann auch
beim Preis sehen, das wagen wir
schon jetzt zu versprechen, auch
wenn bei Volkswagen noch die
Taschenrechner glühen, weil die
Preislisten noch nicht fertig sind.
Aber um den angestrebten Ab-
Preis von rund 28.000 Euro wird
man den 90 PS starken Kastenwa-
gen in der Entry-Ausstattung be-
kommen. Für einen 199 PS star-
kenMultivaninHighline-Ausstat-

tung und mit Allradantrieb, den es
dann eh nur mit Doppelkupp-
lungsgetriebe gibt, wird man da
schon weit tiefer in die Matratze
greifen müssen.
Unter die Sitzbank auf der Bei-
fahrerseite kann man nicht nur
greifen, sondern unter ihr auch
Bretter mit bis zu 2,8 Meter Länge
verstauen–mit dem langen Rad-
stand sind es sogar 3,3 Meter La-
deraumlänge.
Was noch nicht geht, das ist,
den T6.1 mit E-Antrieb zu kaufen.
Der wird voraussichtlich aber
noch 2020 kommen, 112 PS stark
und bis zu 90 oder optional 120
km/h schnell sein. Details wie sol-
che zur Batteriekapazität, deren
Vergrößerung eben angedacht
wird, folgen aber in Kürze.

DerVW-BusT6wurdezumT6.1facegeliftet.Außenmussmangenauschauen,umdieNeuerungenzusehen,innenaberfälltdasdigitaleCockpitsofortauf.

Fotos:Werk

Der letzte Bulli


Die Teilnahme an internatio-
nalen Fahrzeug-und Tech-
nikpräsentationen erfolgt
großteilsauf Basis von Einla-
dungen seitens der Automo-
bilimporteureoder-hersteller.
Diese stellen auch die hier zur
Besprechungkommenden
Testfahrzeuge zur Verfügung.

HINWEIS

Free download pdf