WIRTSCHAFT MITTWOCH,28.AUGUST2019 SEITE 10
Marktstimmung in Deutschland
WEuphorie WNiedergeschlagenheit
WBeschwingtheit WVerzweiflung
WGleichgültigkeit
gemessen am Angst-Index VDax
- Aktuell -Vorheriger Handelstag
DAX
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BASF NA
Bayer NA
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Fresenius
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HeidelbergCementHeidelbergCement
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Linde PLC
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Merck
Münch Rück vNA
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%HochTief
Handystrahlung birgt nach
derzeitigem Forschungsstand
kaum gesundheitliche Risiken
für Verbraucher – zu diesem
Schluss kommt die Stiftung
Warentest. Die Begutachtung
neuer toxikologischer Tier-
studien und die Expertenmei-
nungen von Wissenschaft-
lern, Ärzten sowie Behörden-
vertretern seien zu einem
„beruhigendem“ Ergebnis ge-
kommen, teilten die Tester
mit. Es bestehe „kaum ein
Grund zur Sorge“. Die Debat-
te über mögliche Gefahren
durch Handystrahlung war
zuletzt durch die Einführung
des neuen Mobilfunkstan-
dards 5G wieder angefacht
worden. Die Stiftung Waren-
test betonte nun, dass unter
anderem Langzeitstudien aus
verschiedenen Ländern zeig-
ten, dass die Gesamtzahl an
Hirntumoren in den vergan-
genen Jahrzehnten nicht nen-
nenswert gestiegen sei.
Handystrahlung
kein Grund
zur Sorge
F
erdinand Piëch war ein
Mann, der mit einem
einzigen Wort über
Karrieren entscheiden
konnte. Manchmal sogar nur mit
einem Blick. Kein anderer prägte
den Volkswagen-Konzern in den
vergangenen Jahrzehnten so wie
er – im Guten wie im Schlechten.
Ferdinand Piëch hat Volkswagen
zu einem der führenden Automo-
bilkonzerne gemacht. Unter
Piëchs Regie wurde der in
den 1980er-Jahren strauchelnde
Sportwagenbauer Porsche geret-
tet und zum Maßstab in der Auto-
branche. Nun ist Ferdinand Piëch
gestorben, einer der großen In-
dustriellen, die im Deutschland
der Nachkriegszeit gewirkt ha-
ben. Aber groß war auch der Ab-
gasskandal, der Volkswagen wie
nichts zuvor erschütterte. Und
groß war zuletzt auch die Dimen-
sion seines Scheiterns.
VON NIKOLAUS DOLL
UND PHILIPP VETTER
Seine Ehefrau Ursula Piëch be-
stätigte den Tod ihres Mannes
und kündigte eine Beisetzung im
engsten Familienkreis an. Ferdi-
nand Piëch sei am Sonntag im Al-
ter von 82 Jahren „plötzlich und
unerwartet verstorben“, hieß es
in einer Mitteilung. „Das Leben
von Ferdinand Piëch war geprägt
von seiner Leidenschaft für das
Automobil und für die Arbeitneh-
mer“, schrieb die Witwe. Er sei
bis zuletzt ein begeisterter Inge-
nieur und Autoliebhaber gewe-
sen. Piëch soll in einem Restau-
rant im oberbayerischen Rosen-
heim vor den Augen seiner Frau
kollabiert und noch am Sonntag-
abend um 21.45 Uhr im Klinikum
Rosenheim verstorben sein.
Ferdinand Piëch, der Enkel des
Käfer-Konstrukteurs Ferdinand
Porsche, hatte großen Anteil da-
ran, dass Volkswagen zum größ-
ten Autobauer der Welt aufstieg.
Doch die Kultur, die der frühere
Patriarch von Wolfsburg hinter-
ließ, machte auch einen der größ-
ten Wirtschaftsskandale der
Nachkriegszeit möglich, den mil-
lionenfachen Betrug mit Diesel-
motoren. Am Schluss überwarf
er sich nicht nur mit seinem Kon-
zern und verkaufte fast alle seine
Aktien, sondern brach auch mit
dem Rest des Familienclans der
Porsches und Piëchs. Im Verlauf
des Montags konnten nicht mal
sein Cousin Wolfgang Porsche
oder Vertreter der beiden Auto-
bauer Volkswagen und Porsche
die Nachricht von seinem Tod
bestätigen.
In der VW-Welt war Ferdinand
Piëch zuletzt isoliert. In den letz-
ten Monaten hatte er zurückge-
zogen in Österreich gelebt. So
blieben in den ersten Stunden
nur unbestätigte Berichte, dass
Ferdinand Piëch am Sonntag
überraschend verstorben sein
soll. Sein Leben endete, wie er es
gelebt hatte: mit Überraschungen
und geheimnisumwittert.
„Auf Distanz“ war Piëch 2015
zunächst nur zum damaligen
Vorstandschef von Volkswagen,
Martin Winterkorn, gegangen.
Lange hätten diese beiden Worte
gereicht, um Winterkorns Kar-
riere zu beenden. Macht und Ein-
fluss Piëchs waren über Jahr-
zehnte praktisch allumfassend.
Ferdinand Piëch war ein Mann
der leisen Töne, beim Sprechen
senkte er oft die Stimme. Man
musste konzentriert zuhören,
um mitzubekommen, was der
Aufsichtsratschef mitteilen woll-
te. Die Folge: Wenn er sprach,
herrschte atemlose Stille um ihn.
Und je wichtiger das war, was er
zu sagen hatte, desto leiser wur-
de er. So baute sich eine Atmo-
sphäre angespannter Sprachlo-
sigkeit in der Blase um den Allge-
waltigen auf – oder von Furcht,
wie manche sagen.
Der Satz, zu Winterkorn auf
Distanz zu sein, reichte, um den
damaligen Vorstandsvorsitzen-
den und den gesamten Konzern
zu erschüttern. Noch brisanter,
weil noch kürzer und folgenrei-
cher, war sein Urteil über den da-
maligen Porsche-Chef Wendelin
Wiedeking im Mai 2009. Am Ran-
de einer Autopräsentation auf
Sardinien hatte Piëch wie beiläu-
fig Wiedeking mit einem Satz er-
ledigt. Gut gelaunt saß der Auf-
sichtsratschef damals in einem
Restaurant mit seinen Getreuen,
umgeben von einem Pressetross,
als ein Journalist wissen wollte,
ob Wiedeking in der Übernahme-
schlacht von Porsche gegen VW
noch sein Vertrauen habe. „Zur-
zeit noch“, sagte Piëch. Und er-
gänzte. „Das ,Noch‘ können Sie
streichen.“ Sieben Worte. Und
Wiedeking war demontiert. Der
Porsche-Kurs brach ein, die Zuf-
fenhausener verloren die Über-
nahmeschlacht, Wiedeking sei-
nen Job. Gewinner war nur einer:
Piëch. Erst seitdem herrschen die
Familien Piëch und Porsche
mehrheitlich über Porsche und
Volkswagen.
Doch schon vor seinem Abgang
und dem im April 2015 angezet-
telten Machtkampf mit Winter-
korn war der Einfluss des einst
übermächtig scheinenden VW-
Aufsichtsratschefs geschwunden.
Die Mehrzahl der Kontrolleure
stellte sich gegen Piëch. Am Ende
des Ringens musste nicht Win-
terkorn, sondern der Patriarch
selbst weichen. Es dauerte nur
wenige Monate, bis das VW-Im-
perium ohne ihn am Rand des Ab-
grunds stand, als im September
2015 der Dieselbetrugsskandal
öffentlich wurde.
Piëch sagte später bei den Er-
mittlungen aus, er habe gewusst,
was vor sich ging, andere Kon-
trolleure gewarnt und sich des-
halb von Winterkorn distanziert.
Ob das wirklich stimmte oder
Piëch nur eine Gelegenheit ge-
kommen sah, Rechnungen zu be-
gleichen – die Frage wird nun
wohl ungeklärt bleiben.
Am Ende vollzog „der Alte“,
wie sie ihn in Wolfsburg noch im-
mer ehrfurchtsvoll nennen, auch
die Trennung von seinem Le-
benswerk so radikal und konse-
quent, wie er als Manager ent-
schieden hat. Piëch verkaufte sei-
ne Anteile an die Verwandtschaft,
mehr als eine Milliarde Euro er-
hielt er für seine Aktien und zog
sich vollständig aus der Öffent-
lichkeit zurück. Dass nun auch
der Skandal und der Abgang im
Streit in Erinnerung bleiben und
so seine zahlreichen Erfolge min-
destens teilweise überlagern,
konnte er nicht mehr ändern. Da-
bei kann man die Leistung kaum
hoch genug bewerten, die Piëch
in seinem Berufsleben vollbrach-
te. Der „größte Automanager al-
ler Zeiten“ wurde er genannt,
aber der VW-Grande war mehr
als das. Mit Piëch tritt einer der
letzten großen Wirtschaftslenker
ab – und der letzten Patriarchen.
Ein Mann, der Techniker, Mana-
ger und Unternehmer war, Groß-
aktionär und Visionär.
Aber eben auch einer, der hart
mit sich und anderen ins Gericht
BLOOMBERG NEWS
/ADRIAN MOSER
Der letzte
Patriarch
Ferdinand Piëch hat aus Audi einen
Top-Autohersteller und aus Volkswagen
einen Weltkonzern gemacht. Sein
Führungsstil war die Basis des Erfolgs –
trug aber auch den Keim für einen
riesigen Industrieskandal in sich.
Jetzt ist er mit 82 Jahren gestorben
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