Die Welt Kompakt - 28.08.2019

(Brent) #1

12 WIRTSCHAFT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,28.AUGUST


M


arianne Grimmen-
stein ist pensio-
nierte Querflöten-
lehrerin aus Lü-
denscheid. Und sie ist das Ge-
sicht des Protests gegen das
Freihandelsabkommens Ceta,
das die EU mit Kanada abge-
schlossen hat. Die 73-jährige
Großmutter führte vor drei Jah-
ren eine Bewegung an, die in der
größten Bürgerklage aller Zei-
ten beim Bundesverfassungsge-
richt mündete. Mehr als 68.
Klage-Vollmachten hatte sie
eingesammelt, als sie in Karls-
ruhe gegen Ceta ins Feld zog.
Das Abkommen trat zwar den-
noch in Kraft, allerdings nur
teilweise. Vermutlich noch in
diesem Sommer oder Herbst
befasst sich das Gericht mit
Grimmensteins 2016 einge-
reichtem Massen-Antrag.

VON HANNELORE CROLLY
AUS BRÜSSEL

Derweil hat sich die Freihan-
dels-Gegnerin einem neuen Ziel
zugewandt: Mercosur. Unmit-
telbar vor dem G-7-Gipfel Ende
vergangener Woche startete sie
eine Online-Petition, die Bun-
deskanzlerin Angela Merkel auf-
fordert, das Abkommen zwi-
schen der EU und den Merco-
sur-Staaten Brasilien, Argenti-
nien, Uruguay und Paraguay
nicht zu ratifizieren. Zudem
werden sofortige wirtschaftli-
che Sanktionen verlangt, etwa
den Importstopp brasiliani-

scher Agrarprodukte. Sie sollen
so lange gelten, bis die Brände
in Brasilien gelöscht sind. „Die
grüne Lunge der Welt brennt,
mir brennt das Herz, und die
Politik tut rein gar nichts! Das
muss ein Ende haben!“, schreibt
Grimmenstein.
20 Jahre hatte die EU verhan-
delt, Ende Juni hatte EU-Han-
delskommissarin Cecilia Malm-
ström Vollzug gemeldet: Das
Freihandelsabkommen war un-
ter Dach und Fach, entstehen
soll die größte Freihandelszone
der Erde. Der gemeinsame
Markt mit 780 Millionen Kon-
sumenten steht für rund ein
Viertel der globalen Wirt-
schaftsleistung. Für den bisher
stark abgeschotteten Mercosur
wäre es das erste bedeutende
Freihandelsabkommen über-
haupt. Vereinbart wurden unter
anderem die Abschaffung von
Zöllen auf Autos, Maschinen
und Chemikalien. Zu den größ-
ten Profiteuren dürfte Deutsch-
land zählen, das auf kräftige
Zollvorteile gegenüber der
Weltmarktkonkurrenz hofft.
Doch zuvor muss der EU-Rat,
die Runde der Staats- und Re-
gierungschefs, zustimmen –
einstimmig. Zudem braucht das
Abkommen grünes Licht in al-
len Parlamenten der Mitglieds-
staaten. Doch dafür sah es
schon nicht gut aus, bevor die
Regenwälder am Amazonas
brannten. Seit den Feuern pro-
testieren nicht länger nur Bau-
ernverbände und Umwelt-

schutzorganisationen, nun
wächst der Widerstand auch in
Politik und der Bürgergesell-
schaft. Damit wird immer un-
wahrscheinlicher, dass das Ab-
kommen je in Kraft tritt. Schon
gleich nach der Vertragsunter-
zeichnung im Juni hatte Frank-
reich das Problem-Thema Kli-
maschutz angesprochen, jedoch
zunächst wohl mehr, um den
heimischen Bauernverbänden
beizuspringen. Sie fürchten un-
faire Wettbewerbsbedingungen,
etwa, weil in Brasilien Aberdut-
zende von Pflanzenschutzmit-
teln zugelassen sind, die in Eu-
ropa unter Bann stehen. Zudem
habe die bäuerliche Landwirt-
schaft gegen die Riesen-Farmen
in Südamerika keine Chance.
Beim G-7-Gipfel kündigte
Präsident Emmanuel Macron
nun aber ganz offiziell an, das
Abkommen in seiner aktuellen

Form nicht zu ratifizieren,
wenn Brasilien beim Umwelt-
schutz nicht umschwenke. Ir-
land schloss sich an, und auch
Luxemburg ist gerade auf die
Linie der Gegner einge-
schwenkt. Außenminister Jean
Asselborn plädiert dafür, das
Abkommen vorerst auf Eis zu
legen. Finnland, das derzeit die
EU-Ratspräsidentschaft inne-
hat, brachte sogar bereits einen
Importstopp auf alle Agrarpro-
dukte aus Brasilien ins Spiel.
Die Agrarsprecherin der neuen
liberalen Fraktion „Renew Eu-
rope“ im EU-Parlament, Ulrike
Müller, rechnet mit einer Ableh-
nung in Straßburg. Selbst EU-
Ratspräsident Donald Tusk ist
mittlerweile skeptisch: Es sei
schwierig, „sich einen harmoni-
schen Ratifizierungsprozess
vorzustellen, solange die brasi-
lianische Regierung die Zerstö-

rung der grünen Lunge des Pla-
neten Erde zulässt“.
Die Bundesregierung stemmt
sich bisher gegen eine Blockade
und verweist auf die Möglich-
keit, mit dem Abkommen viel
mehr Einfluss auf Umweltbe-
lange in Südamerika nehmen zu
können. Das Abkommen enthal-
te schließlich „ein ambitionier-
tes Nachhaltigkeitskapitel mit
verbindlichen Regelungen zum
Klimaschutz“, so ein Sprecher.
Das will Aktivistin Grimmen-
stein als Argument nicht gelten
lassen. Und auf Change.org, der
Plattform für Online-Petitio-
nen, sammelte ihre Forderung
nach Sanktionen binnen vier
Tagen mehr als 92.000 Unter-
schriften ein. Die Brasilianerin
Valeria Magalhaes, die schon
vor vier Wochen eine Amazo-
nas-Petition gestartet hatte,
kommt sogar schon auf 5,1 Mil-
lionen Unterzeichner. Magalha-
es erwähnt das Handelsabkom-
men zwar in ihrem Aufruf nicht.
Aber zumindest in der EU ist es
mittlerweile untrennbar mit
dem Schicksal des Urwaldes
verknüpft.
„Der Amazonas brennt, weil
Brasiliens Agrarmafia das so
will und weil Europa die Absatz-
märkte für ihre Produkte noch
weiter öffnen will“, kritisiert
der Deutsche Naturschutzring
(DNR) und fordert ein Import-
verbot für brasilianische Agrar-
produkte, vor allem für Soja,
Fleisch und Ethanol. Der DNR
ist der Dachverband der deut-
schen Natur-, Tier- und Um-
weltschutzorganisationen.
Auch der WWF sieht im Soja-
Anbau im Regenwald ein großes
Problem, weil Sojabohnen in
riesigen Mengen als Futtermit-
tel für Schweine, Hühner und
Fische nach Europa gelangten.
Tatsächlich importiert die EU
jährlich rund 14 Millionen Ton-
nen Sojabohnen für Tierfutter
und die Sojamilcherzeugung.
Bis vor Kurzem kamen mehr als
zwei Drittel aus Brasilien. Zu-
letzt wurde der Import-Anteil
aus den USA aber massiv er-
höht, um US-Präsident Donald
Trump entgegenzukommen.
Gerade haben auch die
Schweiz und die anderen Efta-
Staaten Norwegen, Liechten-
stein und Island ein Handelsab-
kommen mit dem Mercosur-
Block unterzeichnet. Doch auch
dort droht Ungemach. Die Sozi-
aldemokraten fordern Nachbes-
serungen, die Grünen wollen
ein Referendum anstoßen, soll-
ten der Schutz des Regenwaldes
und der indigenen Bevölkerung
im Vertragstext nicht gestärkt
werden. Bei den Eidgenossen
hat sich sogar bereits eine „Mer-
cosur-Koalition“ formiert, der
knapp ein Dutzend Organisatio-
nen für Entwicklungshilfe, Ver-
braucherschutz und Landwirt-
schaft angehören. Und eine On-
line-Petition gibt es natürlich
auch. Ihr Titel: „Kein Schweizer
Freihandelsabkommen mit
Amazonas-Zerstörer Bolsona-
ro!“ Binnen fünf Tagen kamen
fast 50.000 Unterschriften zu-
sammen.

KKKlimaaktivisten in Brüssel protestieren gegen das Mercosur-Abkommenlimaaktivisten in Brüssel protestieren gegen das Mercosur-Abkommen

REUTERS

/FRANCOIS LENOIR

Mercosur-Deal auf der Kippe


2 0 Jahre hat die EU mit Südamerika verhandelt, dann gelang der Durchbruch. Doch nach


den Bränden am Amazonas schwinden die Chancen, dass der Vertrag jemals in Kraft tritt


Außenminister Heiko Maas
hat Brasilien aufgefordert,
energischer gegen die Brän-
de im Amazonas-Regenwald
vorzugehen. Er habe seinem
brasilianischen Kollegen
deutsche Hilfe angeboten,
sagte Maas auf der Bot-
schafterkonferenz in Berlin.
Brasilien müsse aber auch
daran erinnert werden, dass

es mit dem Mercosur-Han-
delsabkommen mit der EU
zugesagt habe, den Regen-
wald zu schützen.„Viel-
leicht sollten wir das gerade
in diesen Tagen nicht ver-
schweigen“, sagte er in An-
spielung auf Forderungen
etwa aus Irland oder Frank-
reich, das Abkommen vor-
erst nicht umzusetzen.

Maas erinnert Brasilien an Zusagen

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