Frankfurter Allgemeine Zeitung - 28.09.2019

(Tina Sui) #1

NR. 199·SEITE 7


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschland und die Welt MITTWOCH, 28. AUGUST 2019


kön. MÜNCHEN, 27. August. Nach ei-
nem Zwischenfall mit einem Fluggast
am Flughafen München sind am Diens-
tagvormittag das Terminal 2 und Teile
des Terminals 1 gesperrt worden. Die
Abfertigung wurde für fast vier Stun-
den eingestellt. Dadurch mussten –
nach dem Kenntnisstand vom späten
Nachmittag – 190 Flüge annulliert wer-
den. Zudem verspäteten sich viele Ab-
flüge erheblich. Nach groben Schätzun-
gen dürften allein von den Annullierun-
gen mehr als 20 000 Passagiere betrof-
fen gewesen sein. Es wurde erwartet,
dass sich die Sperre bis in den späten
Abend oder sogar noch bis Mittwoch
auf den Flugbetrieb auswirken könnte.
Der ankommende Fluggast aus ei-
nem „nicht sicheren Drittstaat“, also
einem Staat außerhalb des Schengen-
Raums, soll am Dienstagmorgen vor
der Einreisekontrolle durch eine Not-
ausgangstür in einen Bereich gelangt
sein, in den nur kontrollierte Passagie-
re dürfen. Die Bundespolizei räumte
Terminal 2 sowie die Bereiche B und C
des Terminals 1. Die betreffende Per-
son wurde nach Angaben des Flug-
hafens im Terminal 1 aufgegriffen.
Der Vorfall erinnert an das Chaos zu
Beginn der Sommerferien vor einem
Jahr. Die Bundespolizei ließ Terminal 2
räumen, nachdem eine Frau unkontrol-
liert durch eine Sicherheitsschleuse
gelangt war. 330 Flüge wurden gestri-
chen, mehr als 31 000 Passagiere waren
betroffen. Der Schaden summierte sich
auf einen zweistelligen Millionen-
betrag. Das Amtsgericht Erding ent-
schied, dass Fluglinien nicht zum Aus-
gleich verpflichtet sind, sollten Passa-
giere wegen einer Anti-Terror-Maßnah-
me betroffen sein (Az.: 4 C 3819/18).


hcr. MADRID, 27. August. Teile des Sü-
dens von Madrid sind am Montag-
abend unter Wassermassen und Bergen
von Hagelkörnern versunken. In der
Vorstadt Arganda del Rey mussten Ein-
wohner Straßen mit Schaufeln vom
meterhohen Hagel befreien. Mancher-
orts waren die Körner groß wie Tennis-
bälle. Andernorts verwandelten sich
Straßen in reißende Flüsse und rissen
Fahrzeuge, Müllcontainer und Parkbän-
ke mit sich. Die Feuerwehr musste zahl-
reiche Menschen aus ihren Autos befrei-
en und überflutete Keller und Erdge-
schosse leer pumpen. Aus einem Möbel-
geschäft in Arganda del Rey schaufelte
man eine Tonne Hagel hinaus..
Am Dienstag gingen die Aufräum-
arbeiten weiter. Die Rettungskräfte
mussten mehr als 300 Mal ausrücken.
Verletzt wurde laut offiziellen An-
gaben vom Dienstag niemand. Der Ver-
kehr auf den Autobahnringen M-
und M-30 musste gestoppt werden.
Sechs U-Bahn-Linien wurden unter-
brochen oder konnten nicht die gesam-
te Strecke befahren. Auf dem inter-
nationalen Flughafen in Barajas kam
es bis in die Nacht zu Verspätungen;
einige Flüge wurden auf andere Flug-
häfen umgeleitet.
Der staatliche Wetterdienst zählte
innerhalb von sechs Stunden 9300 Blit-
ze, bis die letzten Gewitter in der
Nacht zum Dienstag abzogen. Zum
Teil gingen 50 Liter Regen pro Quadrat-
meter nieder. Der Norden der Stadt
und der Region war von dem Unwetter,
das laut Meteorologen nicht untypisch
für die Jahreszeit ist, weniger stark be-
troffen. Ein Tiefdruckgebiet zieht seit
Montag über ganz Spanien. In Segovia
fiel so viel Regen wie noch nie an
einem Tag im August. Am Dienstag
gab es noch Unwetterwarnungen für
14 Provinzen, darunter in Valencia, Ali-
cante und die Balearen.

Harvey Weinstein hat sich nach weite-
ren Anklagepunkten für unschuldig er-
klärt. Der frühere Hollywood-Produ-
zent erschien am Montag abermals vor
Gericht in New York, nachdem die
Staatsanwaltschaft ihn wegen angeb-
licher Übergriffe auf zwei Frauen in
den Jahren 2006 und 2013 jetzt in bei-
den Fällen auch wegen ungewöhnlich
heftigen sexuellen Missbrauchs anklag-
te. Das ermöglicht es den Staatsanwäl-
ten, auch die Schauspielerin Annabel-
la Sciorra („The Sopranos“) vorzu-
laden. Sciorra hatte dem „New Yorker“
im Oktober 2017 von einer – juristisch
verjährten – Vergewaltigung durch
Weinstein im Jahr 1993 berichtet. Ihre
Aussage soll nun zeigen, dass Wein-
stein bei dem angeblichen Missbrauch
einem Muster folgte. Gegen den Sie-
benundsechzigjährigen werden neben
Sciorra auch drei weitere angebliche
Opfer aussagen. Um der Verteidigung
Zeit zu geben, auf die erweiterte Ankla-
ge zu reagieren, wurde der für den


  1. September geplante Prozess auf den

  2. Januar 2020 verschoben. (ceh.)
    Paulo Coelho hat sich peinlich berührt
    über die Tiraden seines Präsidenten ge-
    gen Frankreichs Staatschef Emmanuel
    Macron geäußert und um Entschuldi-
    gung gebeten. „Entschuldigung, tau-
    sendfach Entschuldigung“, schrieb der
    brasilianische Bestseller-Autor auf
    Twitter über das Benehmen des Präsi-
    denten Jair Bolsonaro. In einem Video
    sagt der Autor des Buchs „Der Alche-
    mist“: „Das ist ein etwas trauriges Vi-
    deo, um meine französischen Freunde
    für die Krise um Entschuldigung zu bit-
    ten, ich würde von Hysterie Bolsona-
    ros gegenüber Frankreich, dem Präsi-
    denten Frankreichs, der Frau des Präsi-
    denten Frankreichs sprechen.“ (AFP)
    Antonio de la Rosa , ein Spanier mit
    Faible für Abenteuer, hat als erster
    Paddleboarder die Strecke von San
    Francisco nach Hawaii zurückgelegt.
    Nach 76 Tagen auf dem Board „Ocean
    Defender“ erreichte der Fünfzigjähri-
    ge am Samstag die Küste vor Hono-
    lulu. Während der knapp 4700 Kilo-
    meter langen Reise auf dem Pazifik,
    die er ohne Begleitboot und Motor an-
    trat, war er nachts jede Stunde aufge-
    standen, um den Kurs zu korrigieren.
    Den Computer an Bord des teilweise
    überdachten Paddleboards speiste er
    durch Sonnenenergie. Der Spanier hat-
    te die Reise über den Pazifik nicht nur
    aus Ehrgeiz angetreten. Er wollte auch
    auf die Verschmutzung der Ozeane
    durch Plastik aufmerksam machen.
    Wie de la Rosa der „Hawaiian News
    Now“ sagte, sah er an jedem Tag seines
    Abenteuers Netze, Flaschen und ande-
    ren Plastikmüll vorübertreiben. (ceh.)


mwe. BERLIN, 27. August. Im Berliner
Zoo herrscht Freude: Panda-Dame
Meng Meng ist nachweislich trächtig.
Sie war am Dienstagmorgen mit Kek-
sen, Honigwasser und Apfelstückchen
angelockt worden, so dass es gelang, an
dem Pandaweibchen eine Ultraschallauf-
nahme zu machen. Und siehe da: Die
Aufnahme zeigt einen Embryo und zu-
gleich „den schönsten Herzschlag Ber-
lins“, wie der Zoo am Dienstag mitteil-
te. Mit der Geburt eines kleinen Pandas
wird schon in zwei Wochen gerechnet.
Es wäre der erste Panda, der in der
Hauptstadt zur Welt kommt. Ob die
sechs Jahre alte Meng Meng von ihrem
drei Jahre älteren Partner Jiao Qing
trächtig wurde oder aufgrund einer
künstlichen Befruchtung im April, ist
ungewiss. Bei bedrohten Tieren wie den
Pandas sei jeder Nachwuchs „ein großes
Geschenk“, sagte Zoodirektor Andreas
Knieriem am Dienstag. Pandaweibchen
können nur einmal im Jahr in einem
Zeitraum von 24 bis zu 72 Stunden träch-
tig werden. Jungtiere werden nach vier
bis sechs Wochen Tragzeit blind und
kaum behaart geboren. Die beiden Pan-
das Meng Meng und Jiao Qing kamen
im Sommer 2017 aus China nach Berlin



  • als Leihgabe für zunächst 15 Jahre.


FRANKFURT, 27. August. Irgendwann
muss die Staatsanwältin dann doch kurz
grinsen. Minutenlang hat ihr der Verteidi-
ger Hans Wolfgang Euler im Frankfurter
Landgericht Vorwürfe gemacht: Teile ih-
rer Anklageschrift gegen den ehemaligen
Gastwirt Jan M. seien „abenteuerlich“,
„geradezu willkürlich“ und „reine Erfin-
dungen“. „Da gibt es nichts zu lachen“,
ruft ihr Euler zu. Der Richter hat da gera-
de den Antrag der Verteidigung zurück-
gewiesen, die Verhandlung zu unter-
brechen. Auch er hat sich von dem for-
schen Verteidiger vorher einiges anhören
müssen, etwa: „Wie die Anklage so zuge-
lassen werden konnte, ist uns ein Rätsel.“
Dabei kann man nicht behaupten, dass
die Staatsanwaltschaft sich die Sache in
dem spektakulären Mordprozess einfach
gemacht hätte: Mehr als 100 Personen wur-
den im Laufe der monatelangen Ermittlun-
gen vernommen, fünf Sachverständige und
mehr als 30 Zeugen sind geladen, 49 Sei-
ten umfasst die Anklageschrift. Darin wer-
den dem 51 Jahre alten Jan M. Mord, Raub
mit Todesfolge, Betrug und Verstoß gegen
das Waffengesetz vorgeworfen.
Am Abend des 8. Mai 2018 soll er seine
Geschäftspartnerin Irina A. in den Frank-
furter Niddapark gelockt und sie mit min-
destens 21 Messerstichen in Brust, Kopf
und Nacken heimtückisch getötet haben.
M. soll der Moldauerin, die Mutter von
zwei Kindern war, viel Geld geschuldet
haben, nachdem er die gemeinsam be-
triebene Bar „First In“ verkauft hatte,
ohne die Neunundzwanzigjährige auszu-
zahlen. Nach dem Mord soll er ihr noch

eine teure Uhr, einen Diamantring und
den Autoschlüssel geraubt haben.
Wie Jan M. sich gegen diese Vorwürfe
verteidigen will, war bis Dienstag unklar.
Bisher hatte er sich bei der Polizei nur vor
seiner Verhaftung geäußert und seitdem
geschwiegen. Jetzt aber verliest Rechts-
anwalt Euler im Auftrag seines Mandan-
ten eine Einlassung, die mit den Worten
beginnt: „Ich habe Irina nicht um-
gebracht.“ Ihn habe mit der Frau viel-
mehr eine Freundschaft verbunden, seit
er sie vor sieben oder acht Jahren kennen-
gelernt habe. Geschäfte habe man zwar
gemeinsam gemacht, er habe aber keine
Schulden bei ihr gehabt. Auch der im Mai
2018 bevorstehende Prozess um die „Sex-
mob-Affäre“ habe ihn nicht darüber nach-
denken lassen, Irina A. zu töten. Im Febru-
ar 2017 hatten M. und A. über die „Bild“-
Zeitung die später aufgedeckte Lüge ver-
breitet, dass an Silvester 50 nordafrikani-
sche Männer im „First In“ Frauen beläs-
tigt hätten. So wollten sie ihre Bar offen-
bar ins Gespräch bringen. „Wir waren
beide entschlossen, unsere Fehler einzu-
gestehen. Sie waren ja offensichtlich“,
heißt es in der Erklärung von M.
Vor Gericht gibt M. zu, dass er im Mai
2018 zusammen mit Irina A. im Nidda-
park war – allerdings in der Nacht vor der
Tat. Sie habe ihn gebeten, ihn zu einem
Treffen an der „Gaststätte Niddapark“ zu
begleiten und bei einer geschäftlichen
Frage zu beraten. Näheres wollte sie ihm
angeblich nicht sagen. M. verweist an die-
ser Stelle auf ein Treffen, zu dem ihn
Irina A. im Herbst 2017 mitgenommen
habe. Damals habe ihm ein Geschäfts-
partner von ihr vorgeschlagen, in Frank-
furter Gaststätten in großem Stil
500-Euro-Scheine zu waschen. Er habe
das abgelehnt und sei deswegen auch we-
gen des neuen Treffens skeptisch gewe-
sen. Trotzdem habe er Irina A. an dem
Abend vor der Bluttat spontan zur „Gast-
stätte Niddapark“ begleitet, dort sei aber
niemand gewesen. Irina A. habe ihm ge-
sagt, dass sie wahrscheinlich zu spät sei-

en. Zusammen spazierten beide nach An-
gaben von Jan M. kurz in den Park und
setzten sich auf eine Parkbank, auf der
später Blut von M. gefunden wurde.
Als ihn Irina A. am nächsten Tag gebe-
ten habe, noch mal mit in den Park zu kom-
men, habe er das abgelehnt. Erst als er mit-
ten in der Nacht sein Motorrad umparken
wollte, weil ihm eingefallen sei, dass es
am nächsten Morgen Handwerker stören
würde, habe er sich Sorgen gemacht, weil
sich Irina A. gar nicht mehr bei ihm gemel-
det habe. Er sei zuerst zu ihrer Wohnung
und schließlich zum Niddapark gefahren,
wo er ihre Leiche entdeckt habe. Er habe
an ihrem Knöchel gerüttelt und festge-
stellt, dass sie keinen Puls mehr gehabt
habe. Schockiert habe er sich daraufhin
auf eine der Parkbänke gesetzt – und sich
dann dazu entschieden, abzuhauen, um
nicht mit dem Tod von Irina A. in Verbin-
dung gebracht zu werden. Seine Blut-
spuren am Tatort, so sagt M. es heute, rühr-
ten wohl von einer Handverletzung her,
die er sich bei einem Sturz in seiner Woh-
nung kurz vorher zugezogen habe. Ein
Polizist, der damals am Tatort war, sagt
am Dienstag dagegen aus, dass die Spuren
schnell so eingeschätzt wurden, dass ein
Täter sich bei der Tat verletzt habe.
Nachdem der Anwalt von Jan M. am
Dienstag die Einlassung vorgelesen hat,
gibt er selbst noch eine Erklärung ab, die
viel über seine Verhandlungsstrategie ver-
rät: Er will vor allem die Glaubwürdigkeit
einer Zeugin in Zweifel ziehen, die aus-
gesagt hat, dass ihre Freundin Irina A. am
Tatabend mit Jan M. im Niddapark ver-
abredet war. Einen entsprechenden Anruf
von A bei der Zeugin habe es ausweislich
der Handyauswertung nicht gegeben, sagt
Euler. Auch den genauen Tatort, den To-
deszeitpunkt und den angeblichen
Schmuck- und Autoschlüsselraub zweifelt
Euler an. Und er verweist darauf, dass die
Schuhe, an denen Suchhunde geschnup-
pert hatten, um den Weg von Irina A. in
den Niddapark zu rekonstruieren, gar
nicht ihr gehörten, sondern der besagten

Zeugin, die sie ihr geliehen habe. Die von
den Hunden verfolgte Spur müsse von der
Zeugin gelegt worden sein, vermutet
Euler, und die Staatsanwaltschaft habe sie
nicht mal nach einem Alibi gefragt.
Seinen Antrag, diese Zeugin deswegen
sofort zu laden, lehnt der Richter aber ent-
schlossen ab. Trotzdem wird die Frau
wohl eine zentrale Rolle in dem Prozess
spielen. Der Polizist sagt am Dienstag
aus, dass Jan M. schon in der ersten Ver-
nehmung von ihr berichtet habe. Über sie
habe er Irina A. kennengelernt, sie sei
eine Prostituierte gewesen und habe mit
Kriminellen zu tun gehabt.
Auch von Irina A. zeichnet M. kein po-
sitives Bild: Sie habe fast täglich Kokain
konsumiert und immer wieder versucht,
an das große Geld zu kommen. Er selbst
habe früher zwar mit den Hells Angels zu
tun gehabt, sei aber zu intelligent ge-
wesen, um wirklich Mitglied zu werden,
soll M. bei der Polizei ausgesagt haben.
Auch die Gerüchte, dass der Vater von
Irina A. seinen Reichtum nicht nur mit
friedlichen Mitteln erreicht habe, nährte
Jan M. in dieser Vernehmung. Kurz vor
der Tat soll sie sich besorgt darüber
geäußert haben, ihr Vater könne er-
fahren, dass sie kein Geld mehr habe:
„Mein Vater schlachtet mich.“ Allerdings
könnte deswegen auch Jan M. unter
Druck gestanden haben – wenn er Irina
A. viel Geld schuldete, das sie von ihrem
Vater hatte. Und genau so schildern
Freundinnen von ihr die Lage.
All das wird jetzt in dem langen Pro-
zess zu klären sein, 17 Verhandlungstage
sind bis Januar angesetzt. Die Staats-
anwältin zeigt sich von dem forschen
Auftritt der Verteidigung zum Prozess-
beginn unbeeindruckt. Sie werde nicht in
dieselbe Falle wie die Verteidigung tap-
pen, das Plädoyer schon vorwegzu-
nehmen. Mit Blick auf die Argumentation
der Verteidigung kann sie sich eine kleine
Spitze dann aber doch nicht verkneifen:
„Ich weiß nicht, welche Anklageschrift
die gelesen haben.“

hcr. MADRID, 27. August. Auf Mallor-
ca mehren sich die Hinweise darauf,
dass die Kollision in der Luft am Sonn-
tag auf menschliches Versagen und
nicht auf technische Probleme zurück-
geht. Bei dem schwersten Flugunglück
auf der Insel waren sieben Menschen
ums Leben gekommen, unter ihnen
eine Familie aus Bayern. Nach Informa-
tionen der „Mallorca-Zeitung“ haben
sich offenbar die Piloten des Kleinflug-
zeugs und des Hubschraubers zunächst
nicht gesehen, als sie auf 250 Meter
Höhe zusammenprallten. Nach Informa-
tionen des „Diario de Mallorca“ hatten
beide Fluggeräte keine gemeinsame
Funkfrequenz eingeschaltet. Sie kom-
munizierten nur mit den Flugplätzen,
von denen sie gestartet waren. Augen-
zeugen berichten, beide Piloten hätten
in letzter Minute versucht, nach rechts
auszuweichen. Ein Pilot sagte der spani-
schen Lokalzeitung, dass die Vorschrif-
ten für Hubschrauber beim Start wesent-
lich strenger seien als für Kleinflugzeu-
ge, bei denen immer wieder „ein Auge
zugedrückt“ werde. Die Ermittlung der
Unfallursache kann noch mehrere Mo-
nate in Anspruch nehmen.


LOS ANGELES, 27. August. Wenn ameri-
kanische Schüler und Studenten in diesen
Wochen zum „Back-to-School“-Einkauf
aufbrechen, steht bei vielen neben Ring-
büchern, Stiften und einer Brotdose auch
ein Schüsse hemmender Rucksack auf der
Einkaufsliste. Seit Anschlägen auf Schu-
len wie Sandy Hook in Newtown (Connec-
ticut) und Marjory Stoneman Douglas in
Parkland (Florida) sind die Verkaufs-
zahlen der mit kugelhemmenden Kunst-
fasern verstärkten Rucksäcke merklich
gestiegen. Sie sollen im Ernstfall Schutz
bieten.
Nach einer Umfrage des Senders NBC
machen sich vier von zehn amerikani-
schen Eltern „sehr große Sorgen“ über ei-
nen eventuellen Anschlag. Jeder zweite
Befragte gab an, sein Kind durch einen
speziell verstärkten Rucksack schützen zu
wollen. Die bis zu 500 Dollar teuren Exem-
plare finden sich inzwischen in den Rega-
len fast aller Warenhäuser. „Die Rucksä-
cke sind sehr beliebt. In diesem Jahr wa-
ren sie schon ein paarmal ausverkauft“,
sagte Yasir Sheikh, Chef des Unterneh-
mens Skyline USA, das die Rucksäcke der
Marke Guard Dog Security herstellt.
Ob die Rucksäcke im Ernstfall tatsäch-
lich schützen, bleibt allerdings umstritten.
Hersteller wie Skyline USA und Bullet Blo-

cker werben damit, dass sie Produkte der
Sicherheitsklasse IIIA des National Insti-
tute of Justice (NIJ) verkaufen. Wie die
Beipackzettel der Rucksäcke zeigen, hal-
ten sie aber nur Kugeln von Handfeuerwaf-
fen mittleren Kalibers ab. Bei vielen soge-
nannten School Shootings greifen die
Schützen jedoch zu Sturmgewehren. Mit
einem Gewehr des Typs AR-15 tötete ein
Neunzehnjähriger vor eineinhalb Jahren
in Parkland 17 Personen und verletzte 15
weitere. Bei dem Schützen von Newtown,
der fünf Jahre zuvor an der Sandy Hook
Elementary School 20 Schüler und sechs
Erwachsene erschoss, hatte man ein
Sturmgewehr ähnlichen Typs gefunden.
Das Los Angeles Police Department
prüfte gerade erst die Widerstandskraft
der kugelhemmenden Bestseller und ließ
einen Schützen auf eine Puppe mit Ruck-
sack schießen. Wie erwartet, durchstieß
die Kugel eines Sturmgewehrs die Puppe
und den Rucksack. Nur der Pistolenschuss
ließ sich durch die Verstärkung aufhalten.
„Um sich gegen die Munition eines Sturm-
gewehrs zu schützen, braucht man eine di-
cke, schwere Einlage aus Keramik. Für
den täglichen Gebrauch ist so eine Platte
ungeeignet, besonders für Kinder und jun-
gen Erwachsene“, teilt der Rucksackher-
steller Skyline USA dazu mit. Das Ge-
schäft mit den vermeintlich kugelsicheren

Produkten begann 2007. Damals nähte
Joe Curran, ein ehemaliger Soldat und
Sheriff aus Massachusetts, seinen Kindern
Keramikplatten in die Schulrucksäcke. Ei-
nige Monate zuvor hatte ein Student auf
dem Campus der Universität Virginia
Tech in Blacksburg (Virginia) mit zwei
halbautomatischen Pistolen das Feuer er-
öffnet. Bei dem Anschlag, der zu den töd-
lichsten „School Shootings“ der Ver-
einigten Staaten zählt, kamen 32 Perso-
nen ums Leben. Als Eltern Curran nach
dem Massaker um einen selbstgenähten
kugelhemmenden Rucksack baten, brach-

te er „My Child’s Pack“ auf den Markt.
Sein Unternehmen Bullet Blocker gehört
heute zu den Marktführern. Zum Sorti-
ment zählt auch das Modell „Junior Pack“,
ein schusshemmender Rucksack für Kin-
dergartenkinder.
Kritiker der „Bulletproof Backpacks“
warnen derweil vor einem falschen Ge-
fühl der Sicherheit. In vielen Schulen wür-
den die Rucksäcke vor dem Klassenzim-
mer zurückgelassen. Zudem sei es eher un-
wahrscheinlich, dass Kinder und Jugend-
liche während eines Anschlags Ruhe be-
wahrten, um sich wie vorgesehen hinter
dem Rucksack zu verstecken. Viele Ameri-
kaner werten den Trend zu kugelhemmen-
den Rucksäcken auch als Zeichen der
Resignation. Obwohl nach jedem An-
schlag Forderungen nach strengeren Waf-
fengesetzen laut werden, schreckt der
Gesetzgeber in Washington vor einer Ver-
schärfung zurück.
„Es ist falsch, dass wir Kinder mit unter-
fütterter Kleidung schützen müssen und
Schulbezirke Geld für Sicherheitseinrich-
tungen ausgeben, die sie am liebsten nie
nutzen würden“, wetterten die Heraus-
geber der Zeitung „The Blade“ aus Toldeo
(Ohio). „Und es ist falsch, dass die ameri-
kanische Öffentlichkeit immer stärker
überwacht wird, weil sich der Kongress
nicht überwinden kann, sich gegen die
Waffenlobby zu stellen.“

Meng Meng ist trächtig,


und Berlin freut sich


Stiche in Brust, Kopf und Nacken


Mallorca: Hinweise auf


menschliches Versagen


Nur dicke Keramik könnte schützen


Schusshemmende Rucksäcke sind in Amerika beliebt – und umstritten / Von Christiane Heil


20 000 Fluggäste


in München


gestrandet


Hagel setzt


Großraum Madrid


unter Wasser


Kurze Meldungen


Angeklagt: Mit 21 Messerstichen soll der Gastronom Jan M. (Mitte) seine frühere Geschäftspartnerin Irina A. getötet haben. Foto Helmut Fricke


Hat der Gastronom


JanM. seine frühere


Geschäftspartnerin


brutal ermordet?


Von Sebastian Eder


Bedingt abwehrbereit: Gegen die Patro-
nen von Sturmgewehren schützen die
Rucksäcke nicht. Foto AP

Hagelschippen im August: Helfer räu-
men in Arganda del Rey bei Madrid
einen U-Bahn-Eingang frei. Foto EPA

Guter Hoffnung: Meng Meng Foto AFP

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