Handelsblatt - 28.09.2019

(Axel Boer) #1

Fintechs


Raisin übernimmt Wettbewerber


Das Berliner Fintech Raisin


ergänzt sein Produktportfolio


und kauft ein Unternehmen,


das auf Altersvorsorge-


produkte spezialisiert ist.


Frank M. Drost Berlin


D


as Fintech Raisin, im deut-
schen Sprachraum eher un-
ter dem Namen „Weltspa-
ren“ geläufig, ist weiter auf Einkaufs-
tour: Es übernimmt den Wettbewer-
ber Fairr, der sich auf Anlage- und Al-
tersvorsorgeprodukte spezialisiert
hat. „Fairr hat Produkte wie Riester
und Rürup ins digitale Zeitalter über-
führt“, lobt Raisin-Chef und Mitbe-
gründer Tamaz Georgadze im Ge-
spräch mit dem Handelsblatt. Und
das Thema Vorsorge sei für die Kun-
den ein elementarer Bestandteil der
Geldanlage.
Anfang des Jahres sorgte Raisin mit
dem Erwerb der Frankfurter MHB-

Bank für Aufsehen. In der Regel ko-
operieren Fintechs mit Kreditinstitu-
ten oder werden von Banken über-
nommen. Im Fall der MHB-Bank,
einem Kooperationspartner, drehte
Raisin den Spieß um.
Raisin startete mit einer simplen
Geschäftsidee. Bei Banken in
Deutschland gibt es seit Jahren für
Festgeld nur äußerst geringe Zinsen.
Das sieht in anderen EU-Staaten auf-
grund der unterschiedlichen lokalen
Zinsmärkte anders aus. Raisin ermög-
licht es Kunden, Geld bei ausländi-
schen Banken anzulegen. Dabei
macht es sich das Unternehmen zu-
nutze, dass die Einlagen der Sparer
EU-weit bis zu 100 000 Euro abgesi-
chert sind. Seit 2013 konnte das Un-
ternehmen Einlagen in Höhe von
15 Milliarden Euro an mehr als 80
Partnerbanken vermitteln. Mittler-
weile haben rund 15 Finanzdienstleis-
ter die Festgeldangebote von Raisin
eingebunden. Im Zuge der Debatte
über mögliche Negativzinsen für Ein-

lagen rechnet Georgdaze damit, dass
sich mehr Kunden über Anlagealter-
nativen Gedanken machen.
Neben Tages- und Festgeld bietet
Raisin seinen Kunden auch die Mög-
lichkeit, in Indexfonds (ETF) zu in-
vestieren. Mit Fairr haben die rund
200 000 Kunden nun auch die Mög-
lichkeit, ihr Geld in Altersvorsorge-
produkte zu stecken. „Wir schließen
eine Lücke bei Raisin. Jetzt besteht
die Möglichkeit, kurz-, mittel- und
langfristig Geld anzulegen, so Fairr-
Gründer Jens Jennissen. Er nimmt
den Markt der Altersvorsorge noch
als „sehr verstaubt, intransparent
und kostenintensiv“ wahr. Fairr sei
angetreten, die Ansprüche aus ge-
setzlicher, betrieblicher und privater
Altersvorsorge digital zu opti-
mieren. Man sieht sich dabei
als kostengünstige Alternative
zu den klassischen Angebo-
ten im Banken- und Versi-
cherungsbereich, die man
als stark provisionsgesteu-

ert wahrnimmt. Bislang konnte Fairr
eine fünfstellige Zahl von Kunden ge-
winnen, deren Verträge auf eine Ab-
laufleistung von rund zwei Milliarden
Euro kommen.
Über die konkreten Finanzierungs-
bedingungen hüllt sich Raisin in
Schweigen. Das Unternehmen wird
vollständig erworben – im Gegenzug
erhalten die drei Fairr-Gründer Antei-
le an Raisin und eine Barkomponen-
te. Ausgezahlt wurde ein Ankerinves-
tor. Bislang war die Beteiligungs -
gesellschaft der Investitionsbank
Berlin mit 15 Prozent beteiligt. „Wir
freuen uns, dass Raisin und Fairr
jetzt gemeinsam den Berliner Fin-
tech-Standort weiter stärken“, so Be-
teiligungsmanager Clemens Kabel.
Die Übernahme nimmt Raisin zum
Anlass, den Bereich Anlage- und Al-
tersvorsorgeprodukte zu etablieren,
in den die bestehende Investment -
sparte aufgehen soll. In diesem Be-
reich sollen die Fairr-Gründer leiten-
de Funktionen übernehmen.

Versicherungen


Onlinemakler Clark


expandiert in Europa


Der digitale Versicherungs-


makler Clark plant seinen


Markteintritt in Österreich.


Weitere europäische Länder


sollen folgen.


Susanne Schier Frankfurt


D


er bislang nur in Deutschland
tätige Online-Versicherungs-
makler Clark startet seine Ex-
pansion ins europäische Ausland. An-
fang 2020 soll die App des Frankfur-
ter Versicherungsmanagers auch in
einer Version für österreichische Kun-
den verfügbar sein. In den nächsten
zwei Jahren ist der Markteintritt in
weiteren Ländern geplant, langfristig
will das Unternehmen die App euro-
paweit anbieten. Das geht aus einer
Mitteilung von Clark hervor, die dem
Handelsblatt vorab vorliegt. „Wir se-
hen jetzt den richtigen Zeitpunkt ge-
kommen, um unseren digitalen Versi-
cherungsservice auch in anderen
Ländern anzubieten“, sagt Clark-Chef
Christopher Oster.
Seit der Gründung im Juli 2015 sei
Clark stark gewachsen, heißt es wei-
ter. Mittlerweile hat das Unterneh-
men rund 150 000 Kunden. Über die
App können Versicherte ihre beste-
henden Verträge digital auf dem
Smartphone oder am Computer ver-
walten, Tipps zu Optimierungsmög-
lichkeiten erhalten sowie neue Versi-
cherungen online anfragen und ab-
schließen. Clark durchsucht dabei das
Angebot von mehr als 160 Versiche-
rungsunternehmen. Zum Wachstum
des Unternehmens beigetragen ha-
ben unter anderem Kooperationen
mit den Direktbanken DKB und
1822direkt sowie mit der Smartphone-
Bank N26.
Mit der Internationalisierung er-
wartet das Start-up, zusätzliche
Kunden für seine App gewinnen zu
können: „Wir wollen in Österreich
ähnlich schnell wachsen, wie in

Deutschland“, betont Oster. Für den
Markteintritt gründet Clark eine Ge-
sellschaft mit Sitz in Wien, die dort
als digitaler Versicherungsmakler tä-
tig sein wird. Dazu baut das Unter-
nehmen ein Serviceteam vor Ort
auf, das den österreichischen Kun-
den zur Seite steht.
Warum gerade Österreich als erstes
Land für die Auslandsexpansion von
Clark interessant ist, erklärt Oster so:
„Wir sehen im österreichischen Markt
großes Potenzial. Die Branche steht,
zumindest was den Onlineabschluss
von Versicherungen angeht, noch am
Anfang.“ Es gebe eine Lücke, die ein
neuer Marktteilnehmer wie Clark er-
schließen könne. Man arbeite in der
Alpenrepublik mit führenden Versi-
cherungsgesellschaften zusammen.
Konkrete Namen will Clark bislang
noch nicht nennen.

Nur ein erster Schritt
Längerfristiges Ziel des Insurtechs ist
es, Marktführer unter den digitalen
Versicherungsmaklern in Europa zu
werden. Die Expansion nach Öster-
reich sei nur der erste Schritt auf
dem Weg zur Internationalisierung,
betont das Unternehmen. Besonde-
res Augenmerk liege danach auf
Frankreich, Spanien, Italien und den
Niederlanden.
Clark ist mit seinen Auslandsplänen
eher noch die Ausnahme unter den
jungen deutschen Versicherungsun-
ternehmen. Im Insurtech Radar 2019,
einer Studie von Oliver Wyman und
Policendirekt, heißt es, dass fast alle
Versicherungs-Start-ups in Deutsch-
land noch auf den Heimatmarkt fo-
kussiert seien oder Geschäftsmodelle
hätten, die sich nur schwer auf andere
Versicherungsmärkte übertragen las-
sen. Das einzig wirklich international
tätige deutsche Insurtech sei Simple-
surance. Das Berliner Unternehmen
betreibt eine Plattform, die Kunden,
Onlineshops und Versicherungen zu-
sammenbringt.

Tamaz Georgadze:
Altersvorsorge
als elementarer
Bestandteil
der Geldanlage.

Lukas Schramm


Finanzen & Börsen
MITTWOCH, 28. AUGUST 2019, NR. 165

31


  




 
 






   


   



   



  

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