Handelsblatt - 28.09.2019

(Axel Boer) #1

Jakob Blume Frankfurt


E


s waren zwei Arbeiter nötig, um den
mit Gold durchsetzten Gesteinsbro-
cken an die Oberfläche zu befördern.
Zahlreiche, bis zu 90 Kilo schwere
Nuggets hatten Geologen im Septem-
ber vergangenen Jahres in der Beta-Hunt-Mine im
Westen Australiens entdeckt. Jeder der Brocken
war Millionen wert. Ein Geologe sagte damals dem
australischen Fernsehsender ABC News: „So einen
Fund macht man nur einmal im Leben.“ Und er
war sich sicher: „Wo das herkommt, da liegt noch
mehr.“ Der Geologe behielt recht: Mitte August kor-
rigierte der Minenbetreiber RNC Minerals die
Schätzungen der Goldreserven für die Mine nach
oben. Insgesamt 1,35 Millionen Unzen vermutet das
Unternehmen nun in der Beta-Hunt-Mine.
Doch der spektakuläre Goldfund kann nicht da-
rüber hinwegtäuschen: Neuentdeckungen von gro-
ßen Vorkommen sind eine Seltenheit geworden.
Stefan Breintner, Fondsmanager und Edelmetallex-
perte beim Vermögensverwalter DJE Kapital, bestä-
tigt: „Es gibt seit zwei Jahren keinen größeren Gold-
fund mehr auf der Welt.“ Die Goldminenbranche
macht einen grundlegenden Wandel durch. Die
Zeiten des ungezügelten Wachstums sind längst
vorbei. Viele der großen Minenbetreiber wie Bar-
rick, Newcrest oder Newmont Goldcorp versuchen
inzwischen vor allem, ihre Produktion konstant zu
halten. Statt neue Minen selbst zu entwickeln und
dafür Millionen zu riskieren, erweitern sie beste-
hende Betriebe oder übernehmen vielversprechen-
de Entwickler.
Für Anleger ist das eine gute Nachricht: Sie kön-
nen darauf hoffen, dass große Abschreibungen we-
gen fehlgeschlagener Minenprojekte der Vergan-
genheit angehören. Der Fokus auf eine stabile Pro-
duktion und sinkende Kosten könnte dazu führen,
dass die Minenkonzerne mehr Mittel für Aktionärs-
geschenke wie Dividenden oder Aktienrückkäufe
haben. Werden Goldminen die neuen Dividenden-
Stars? „Darauf hoffen die Edelmetallfans seit Jah-
ren“, sagt Breintner. „Aber das ist nun deutlich
wahrscheinlicher geworden.“
Aktionäre von Goldminen blicken auf eine jahre-
lange Durststrecke zurück. 2011 hatte der Goldpreis
mit 1900 Dollar pro Unze (rund 31 Gramm) ein All-
zeithoch markiert. Doch danach stürzte der Preis
innerhalb von zwei Jahren um 700 auf unter 1200
Dollar ab. Noch härter traf es die Minenkonzerne.
Der Leitindex der Goldbranche, der NYSE Arca Ex-
change Gold Bugs, brach im selben Zeitraum um
70 Prozent ein. Sechs Jahre lang pendelte der Gold-
preis innerhalb einer Grenze von 1050 und 1350
Dollar pro Unze. Die Minenkonzerne mussten
Sparprogramme auflegen, statt in neue Projekte in-
vestieren zu können.
Doch der sprunghafte Anstieg der Goldpreise
seit Ende Mai hat auch in der geschundenen Mi-
nenbranche neue Euphorie entfacht. Während der
Goldpreis seither um 17 Prozent auf über 1530 Dol-
lar pro Unze gestiegen ist, kletterte der Minenindex
um 37 Prozent. Joe Foster, Manager mehrerer Gold-
minenfonds beim Vermögensverwalter Van Eck,
sagt: „Goldaktien waren lange Zeit deutlich unter-
bewertet. Der aktuelle Höhenflug der Goldminen-
Aktien könnte der Beginn einer längeren Anpas-
sung sein.“ Er erwartet: Sollte der Goldpreis seinen
Aufwärtstrend fortsetzen, dürften davon die Mi-
nenkonzerne überproportional stark profitieren.
Aus Fosters Sicht spricht viel dafür, dass es mit
dem Goldpreis weiter aufwärtsgeht: Bei der Ent-
wicklung der Goldpreise spiele inzwischen das
Zinsniveau in den USA eine größere Rolle als der
US-Dollar. Die Aussicht auf sinkende Zinsen lässt
derzeit die Renditen für Staatsanleihen weltweit
fallen. Das macht Gold als Alternative zunehmend

Hoffen auf die

Golddividende

Der hohe Goldpreis lässt die Kassenbestände der Minenkonzerne


anschwellen. Die Branche profitiert nun davon, dass sie


jahrelang gezwungen war, die Kosten zu drücken. Experten


erwarten, dass die Ausschüttungen für die Aktionäre steigen.


Goldmine in
Argentinien:
Experten geben
einen positiven
Ausblick für die
Branche.

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MITTWOCH, 28. AUGUST 2019, NR. 165


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