nieren müssen. Diese Vorgabe hält
das BMF für „einfache“ Produkte wie
Aktien und Anleihen nicht für nötig:
„Das ist sehr aufwendig und kann aus
unserer Sicht entfallen“, sagte Ku-
kies. Verbraucherschützer sehen das
übrigens ähnlich.
Zu wenige Anlegergruppen
Handlungsbedarf sieht die Bundesre-
gierung auch bei der Eingruppierung
der Anleger. Nach Ansicht Kukies gibt
es zwischen Kleinanlegern und pro-
fessionellen, institutionellen Anle-
gern noch Bedarf an einer weiteren
Kategorie: Mittelfristig empfiehlt er
daher, über eine Gruppe „erfahrener
Privatanleger“ nachzudenken, für die
ein eigenes Regelwerk gelten könnte.
Beschäftigt hat die Bundesregie-
rung auch die Tatsache, dass Anlei-
hen von Unternehmen, die noch re-
lativ attraktive Zinsen abwerfen, für
Kleinanleger durch die geringe Stü-
ckelung kaum mehr erschwinglich
sind. Das liege daran, dass die Bonds
unter EU-Vorschriften namens Prips
(Packaged Retail Investment Pro-
ducts) fallen, was es teuer mache, sie
anzubieten. Für einfache Unterneh-
mensbonds sei das aber nicht nötig,
meinte Kukies.
Ob der Vorstoß der Bundesregie-
rung zu einem Erfolg führt, bleibt
abzuwarten. In Hintergrundgesprä-
chen hat beispielsweise Steven Mai-
joor, der Chef der EU-Finanzmarkt-
aufsicht ESMA, die Erwartungen ge-
dämpft. Er sehe die Forderung
kritisch, dass Kunden freiwillig auf
bestimmte Anlegerschutzregeln ver-
zichten können. Schließlich bestehe
die Gefahr, dass Finanzakteure diese
Schutzregeln generell unterlaufen
können. Andererseits wird in Berlin
betont, dass man mit seiner Kritik an
bestimmten Mifid-Regeln keinesfalls
allein dastehe. Viel werde davon ab-
hängen, wie sich die neue EU-Kom-
mission dazu positioniere.
Keinen Korrekturbedarf sieht die
Bundesregierung dagegen an der so-
genannten Geeignetheitsprüfung.
Banken müssen darüber feststellen
und belegen, dass empfohlene Pro-
dukte zum Anlageziel eines Kunden
passen. Der Kunde muss dies außer-
dem nachvollziehen können. Nach
einer Umfrage, die die Bafin in Auf-
trag gab, lesen sich allerdings nur 60
Prozent der Befragten diese Geeig-
netheitserklärung durch. Die Nichtle-
ser begründen ihr Desinteresse mit
der Fülle an Informationen, die ih-
nen dargeboten werde. Drei Viertel
der Befragten halten die Geeignet-
heitserklärung aber dennoch für
überwiegend positiv.
Börsen-Indizes
Springer verlässt den MDax
Der Finanzinvestor KKR
nimmt den Konzern
wahrscheinlich später ganz
von der Börse. Nachrücker ist
der IT-Dienstleister Cancom.
Peter Köhler Frankfurt
D
er erfolgreiche Einstieg des
Finanzinvestors KKR beim
Medienkonzern Axel Sprin-
ger hat auch Folgen für die Zusam-
mensetzung der deutschen Börsen -
indizes. Weil sich der Streubesitz des
Unternehmens auf knapp fünf Pro-
zent verringert hat, werden die Axel-
Springer-Papiere außerplanmäßig
aus dem MDax-Index für die mittel-
großen Unternehmen genommen.
Der Schritt werde an diesem Don-
nerstag mit Handelsbeginn vollzo-
gen, erklärte die Börse.
Die entstehende Lücke füllt das IT-
Unternehmen Cancom, das aus dem
Kleinwertesegment SDax aufsteigt.
Nachrücker im SDax wird wiederum
das Immobilienunternehmen In-
stone Real Estate. Die Anleger hono-
rierten den Aufstieg am Dienstag bis
zum Nachmittag mit Kursgewinnen
von 3,5 Prozent für Cancom und 4,5
Prozent für Instone. Der nächste
Termin für die planmäßige Überprü-
fung der Dax-Indexfamilie ist der 4.
September.
KKR sicherte sich mit seinem
Übernahmeangebot von 63 Euro je
Aktie etwa 42,5 Prozent am größten
Digitalverlag in Europa. Darüber hi-
naus kaufte KKR weitere 1,04 Pro-
zent am Markt. Das gesamte Engage-
ment wird auf etwa 2,9 Milliarden
Euro veranschlagt. Verlegerwitwe
Friede Springer kommt auf etwa
42,6 Prozent der Anteile, Springer-
Chef Mathias Döpfner auf rund 2,8
Prozent und die Enkel von Axel
Springer auf rund 6,1 Prozent. Döpf-
ner hatte wiederholt betont, mit KKR
wolle man Chancen nutzen, um im
digitalen Journalismus und im Ge-
schäft mit Kleinanzeigen im Internet
zu wachsen.
Beobachter gehen davon aus, dass
das Private-Equity-Haus KKR im Zu-
ge eines „Squeeze-outs“ die restli-
chen Kleinaktionäre abfinden könn-
te und dann im Rahmen eines Delis-
tings den Konzern von der Börse
nimmt. Duch die hohe Annahme-
quote der KKR-Offerte sei eine neue
Lage entstanden, sagte ein Beteilig-
ter. Eine Entscheidung steht aber
noch aus. Auch beim Konsumfor-
scher GfK hatte KKR eine Abfindung
durchgezogen.
Beim zwangsweisen Ausschluss
der Minderheitsaktionäre kommt ei-
ne Barabfindung zum Einsatz. Zur
Vermeidung von Kursmanipulatio-
nen ist auf den durchschnittlichen
Kurs der letzten drei Monate abzu-
stellen.
Weltweit betrug das Transaktions-
volumen aus dem Rückzug börsen-
notierter Unternehmen 2018 rund
125 Milliarden Dollar nach 120 Milliar-
den im Jahr zuvor und 81 Milliarden
im Jahr 2016. Ein bekannter Fall in
Deutschland war zuletzt auch der
Arzneimittelhersteller Stada. Die Pri-
vatisierung börsennotierter Firmen
wird nach Ansicht von Investment-
bankern deutlich zunehmen. In den
nächsten zwei Jahren werde es mehr
Fälle geben, als wir je zuvor gesehen
haben, meint ein Bankmanager.
Alternativen zur Börse
Laut einer Studie von Bank of Ameri-
ca Merrill Lynch ging in den USA die
Zahl der börsengehandelten Unter-
nehmen von 7 200 im Jahr 1999 auf
4 400 im vergangenen Jahr zurück.
Die Zahl börsennotierter Unterneh-
men hat in den vergangenen zehn
Jahren sowohl in Deutschland als
auch in den USA stark abgenommen.
Wenn Firmen von Private-Equity-
Häusern gekauft würden, dann kä-
men sie häufig nicht mehr an die Bör-
se zurück, sondern gingen meist di-
rekt an einen strategischen Käufer
oder eine andere Private-Equity-Ge-
sellschaft, erläutert ein Banker.
Zu den Gründen für die geringer
werdende Zahl börsennotierter Un-
ternehmen zählen neben Fusionen
auch die niedrigen Zinsen, die die Be-
schaffung von Fremdkapital zu at-
traktiven Konditionen ermöglichen.
Ein Börsengang zur Kapitalbeschaf-
fung ist nicht mehr zwingend not-
wendig. Außerdem haben die regula-
torischen Vorschriften und die Anfor-
derungen an die Quartalsbilanzen
der Unternehmen zugenommen.
Zentrale von
Axel Springer
in Berlin:
Streubesitz
verringert.
dpa
2,9
MILLIARDEN
Euro lässt sich der
Finanzinvestor KKR seinen
Einstieg beim Medienkonzern
Axel Springer kosten.
Quelle: KKR
Wir sehen
keinen
Bedarf für
eine
umfassende
Deregulierung.
Jörg Kukies
Staatssekretär
im Bundesfinanz-
ministerium
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Private Geldanlage
MITTWOCH, 28. AUGUST 2019, NR. 165
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