Der Tagesspiegel - 31.08.2019

(Sean Pound) #1

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14 DER TAGESSPIEGEL derder kinderspiegelder kinderspiegel kinderspiegel NR. 23 931 / SONNABEND, 31. AUGUST 2019


LIRUM LARUM

LÖFFELSTIEL

Hausfrau und Mutter wird. Sie sollten später vie-
le Kinder bekommen und sie „dem Führer“ (so
wurde Hitler genannt) „schenken“. Aus diesen
Kindern sollten wieder Soldaten oder Mütter von
Soldaten werden. Als die Nazis dann den Zweiten
Weltkrieg anfingen, dachten viele Kinder und Er-
wachsene, dass Deutschland siegen würde.
Es ist ganz anders gekommen. Deutschland griff
ein Land nach dem anderen an, darunter Belgien,
die Niederlande, Frankreich, Großbritannien im
Westen, Norwegen und Dänemark im Norden, Ju-
goslawien und Griechenland im Süden und schließ-
lich die Sowjetunion, deren größtes Mitglied Russ-
land war, im Osten.
In allen diesen Ländern lebten natürlich auch
Kinder. Sie mussten erleben, wie ihre Häuser zer-
stört, ihre Eltern und Geschwister verschleppt
oder getötet wurden. Jahrelang hatten sie zu we-
nig zu essen und mussten Bombenangriffe aushal-
ten, wurden vielleicht dabei verletzt. Die
Väter mussten als Soldaten kämpfen,
viele kamen nie mehr zurück.
Die Nazis verachteten fast alle
Menschen, aber besonders diejeni-
gen, die im Osten Europas lebten,
die Slawen. Und mehr als alle anderen
hassten sie die Juden. Sechs Millionen
brachten sie im Zweiten Weltkrieg um.
Doch der Krieg kam auch nach Deutschland,
weil Großbritannien, die USA, Frankreich und die
Sowjetunion zurückschlugen. Bis der Krieg 1945
vorbei war, wurden fast alle deutschen Städte von
britischen und amerikanischen Bombern in Schutt
und Asche gelegt. Und wieder litten die Kinder.
Manche davon sind heute eure Großeltern. Ihre
Kindheitserinnerungen mussten sie ein Leben
lang mit sich herumtragen. SUSANNA NIEDER

M


orgen vor 80 Jahren, am 1.
September 1939, begann der
Zweite Weltkrieg. Deutsch-
land überfiel sein Nachbarland
Polen, das nicht vorbereitet
war und sich nicht wehren konnte. Adolf Hit-
ler, der damals mit seiner Nationalsozialisti-
schen Partei (kurz: den Nazis) in Deutschland
herrschte, war sogar so gemein zu sagen: „Seit
5 Uhr 45 wird zurückgeschossen“ – gerade so, als
hätte Polen angefangen.
Deutschland unter den Nazis war ein schlim-
mes Land. Hitler war 1933, sechseinhalb Jahre
vor Kriegsbeginn, an die Macht gekommen. Wie
konnte es passieren, dass so viele Deutsche ihn
wählten und selbst dann noch unterstützten, als
der Krieg schon verloren war?
Ein Grund war die Gewalt. Wer anders war oder
dachte als die Nationalsozialisten, wurde erbar-
mungslos verfolgt. Nur wenige trauten sich, et-
was gegen die Nazis zu unternehmen. Wer dabei
erwischt wurde, kam ins Gefängnis und wurde
getötet.
Es gab auch ande-
re Gründe, warum
so viele Deutsche
Adolf Hitler gut fan-
den. Scheinbar hat-
ten die Nazis alles
besser gemacht in
Deutschland. Vor
ihrer Machtüber-
nahme hatten viele
Menschen keine Ar-
beit gehabt, das war
vorbei. Früher hat-
ten die Machthaber
ständig gewechselt,
jetzt gab es mit Hitler
einen, der scheinbar wusste, was er tat. Und
man konnte in den Urlaub fahren! Für arme
Leute, die ihr Leben lang kaum aus ihren engen
Stadtwohnungen kamen, war das sehr wichtig.
Mit Zelten, Lagerfeuer und Abenteuern krieg-
ten die Nazis schon die Kinder dazu, an sie zu
glauben. Alle Kinder und Jugendlichen mussten
zweimal in der Woche in die Jugendgruppen der
Nationalsozialisten gehen, die Mädchen zum
Bund Deutscher Mädel, die Jungen zur Hitlerju-
gend. Die Jungen machten Wettspiele und lernten,
wie man strammsteht, gehorcht und sich wie ein
Soldat verhält.
Die Mädchen machten zwar auch Sport, aber
vor allem übten sie, wie man eine ordentliche

KINDERTIPP

TICKET
Wo es interessante
Theaterstücke, Kon-
zerte oder Ausstellun-
gen für Kinder gibt, könnt ihr jeden
Donnerstag in unserem Ver an stal-
tungsmagazin Ticket nac h lesen. Einen
besonderen Tipp gibt euch jedes Mal
einer unserer Kinderreporter.

Ihr habt das bestimmt schon mal er-
lebt: Jemand in euer Klasse wird für
unsportlich gehalten, weil er eine Brille
trägt, oder für faul, weil er ein bisschen
dick ist. Das nennt man ein Vorurteil.
Aber jemanden nur nicht zu mögen
und auszugrenzen, weil er anders ist
als man selbst, ist nicht in Ordnung.
Ist logisch, oder?
Umso erstaunlicher ist es, dass ei-
nige wichtige Politiker gerade genau
das tun. Der amerikanische Präsident
Donald Trump sagt zum Beispiel, Me-
xikaner verkaufen Drogen, deshalb will
er ihnen verbieten, in die USA einzu-
reisen. Boris Johnson, der Premiermi-
nister von Großbritannien, nennt jeden
einen Volksfeind, der nicht so denkt
wie er. Und Victor Orban in Ungarn
unterdrückt jede Meinung außer seiner
eigenen. Solche Politiker nennt man
Populisten. Um gewählt zu werden,
sagen sie, was viele Leute hören wol-
len – auch wenn sie anderen, die nicht
so sind oder so denken wie sie, damit
schaden. Sie behaupten dann einfach,
sie würden „das Volk“ vertreten.
Auch bei uns in Deutschland gibt es
Politiker und Politikerinnen, die an-
deren die Schuld an Problemen geben
wollen. Sie überlegen nicht, wie wir
es gemeinsam besser machen können,
sondern schimpfen auf Menschen, die
ihnen nicht passen. Das können Ge-
flüchtete sein, Muslime oder Leute
wie Greta Thunberg, die sich für die
Umwelt starkmachen. Die AfD ist da
besonders schlimm. Diese Partei wird
bei den Wahlen in Brandenburg und
Sachsen viele Stimmen bekommen.
Am Sonntag werden dort die neuen
Landesregierungen gewählt, in Bran-
denburg könnte die AfD sogar stärkste
Partei werden.
Aber im deutschen Grundgesetz
steht immernoch, dass niemand wegen
seiner Hautfarbe, Religion, Herkunft
oder aus irgendeinem anderen Grund
benachteiligt werden darf. Das wur-
de nach den schlimmen Erfahrungen
nach dem Nationalsozialsmus extra so
festgelegt (mehr dazu auf dieser Seite).
Grit Thönnissen

Wir und


die anderen


Morgen wählen Sachsen


und Brandenburger


Emil hat 1000 gute Ideen, aber in der
Schule ist er keine Leuchte. In einem
Spiegelkabinett begegnet er einem
Emil, der aussieht wie er und sagt, er
sei die perfekte Version von ihm. Er
holt ihn aus dem Spiegel und schickt
ihn an seiner Stelle in die Schule. Nur
noch gute Noten! Aber dann findet er
langsam heraus, warum „perfekt“ nicht
unbedingt gut ist. Marcus H. Rosen-
müller, „Unheimlich perfekte Freun-
de“, DVD ca. 10 Euro, FSK ab sechs.

Kriegst


du das raus


Was geben euch die Lehrer auf, und ihr
müsst es in eurer Freizeit erledigen?
Schickt die Lösung auf einer offenen
Postkarte an:
Der Tagesspiegel, Berlinredaktion,


Stich wort „Kinderrätsel“
10876 Berlin, oder:
[email protected]
Ein Gewinner wird ausgelost. Er be-
kommt „Unheimlich perfekte Freunde“.
Einsendeschluss: Do, 5. September.
Antwort der letzten Woche:
In der Schule finden Feste und Ver-
sammlungen meistens in der Aula statt.
Gewonnen hat: Philipp Weber aus
Wannsee.
Wir danken allen Kindern, die mit-
gerätselt haben!


Ein Film


Fotos: promo, Staatliche Museen zu Berlin/Valerie Schmidt (1)/David von Becker (1), SWR (6), Bildmitte/Christoph Eckelt (1)

Haus Bastian:


Wo Kunst


Spaß macht


EIN HAUS FÜR ALLE
In Berlin gibt es viele Museen,
in denen sich nicht nur Erwach-
sene Kunst anschauen können.
Vielleicht habt ihr schon mal
einen Workshop im Neuen Mu-
seum, im Pergamon- oder im Bo-
demuseum mitgemacht. Diese
und viele andere gehören zu den
Staatlichen Museen zu Berlin.
Damit Erwachsene und Kinder
sich im Museum nicht langwei-
len, besser verstehen, was sie
dort sehen und selbst Künstler
sein können, gibt es ab heute
das Haus Bastian, Am Kupfer-
graben 10, direkt an der Muse-
umsinsel.

IN DEN HIMMEL STEIGEN
Wenn ihr in diesem Haus die
Treppen hochgeht, habt ihr das
Gefühl, ihr steigt in den Himmel,
so groß sind die Fenster. Auf
drei Etagen gibt es helle Räu-
me, in denen ab jetzt Aktionen
für Kinder und Erwachsene
angeboten werden. Der Raum
im Erdgeschoss heißt „Verstär-
ker“, dort könnt ihr euch immer
ein halbes Jahr lang mit einem
bestimmten Thema aus den Mu-
seen beschäftigen. Zum Start
sind das Gipsabdrücke – und die
sind interessanter, als ihr denkt.

EINS ZU EINS?
In den Workshops im Haus
Bastian könnt ihr mit eurer Fa-
milie oder Schulklasse richtig
einsteigen in die Kunst. Wie ist
das mit so einem Gipsabdruck,
ist der genauso schön wie das
Kunstwerk, von dem er abge-
nommen wurde? Oder wie eure
Hand, von der ihr einen Abdruck
gemacht habt? Denn ihr guckt
nicht nur. Ihr geht gegenüber in
die James-Simon-Galerie, schaut
euch dort die Abgüsse in der
Gipsformerei an, und dann legt
ihr selbst los.

MORGEN IST EUER TAG
Zur Eröffnung gibt es morgen
14–17 Uhr einen Aktionstag für
Familien im Haus Bastian. Da
könnt ihr Ton formen und – rich-
tig! – Abgüsse machen oder der
schönen Nofretete einen neuen
Hut verpassen. Es werden Bo-
ten, Kuriere und Lotsen unter-
wegs sein, um das Haus Bastian
mit den Museen außenherum
zu verbinden. Ihr könnt sogar ei-
nem Kurier eine Zeichnung von
euch geben, die er rausbringt,
wo ein Künstler sie vor dem Fen-
ster viel größer nachzeichnet
und ausstellt. Susanna Nieder
— http://www.smb.museum

Wie der Krieg


zu den Kindern kam


Vor 80 Jahren begannen


die Deutschen den


Zweiten Weltkrieg.


Was hieß das für Familien?


Und wie haben die Nazis


es geschafft, dass so viele


an sie glaubten?


Die Nazis sahen
anfangs für viele aus
wie Gewinner. So
cool, dabei zu sein!
Falls Papa dagegen
war, hatte er nicht
viel zu sagen, die
Hitler-Jugend war
stärker.

Ein Stockwerkbett aus Metall,
im Schrank eine Uniform mit
Hakenkreuzbinde: So sieht das
Zimmer von Anton aus. Es ist in
einem Container am S-Bahnhof
Friedrichstraße aufgebaut, ihr
könnt reingehen und euch alles
anschauen. Auch das Zimmer
von Sandrine aus Frankreich
könnt ihr betreten. In ihrem
Schrank ist genug Platz, um ein
jüdisches Kind zu verstecken.

Die beiden Kinder werden in
der Serie „Der Krieg und ich“
vorgestellt. Antons Film könnt
ihr euch heute ab 19 Uhr in der
Ausstellung anschauen. Zur
Langen Nacht der Museen gibt
es ab 18.30 Uhr auch Gesprä-
che mit Zeitzeuginnen, die den
Krieg als Kinder erlebt haben.
In einem dritten Container
könnt ihr mehr über Kinder
erfahren, die im Krieg auf der

Flucht waren – aber den sollten
sich nur die Größeren ab zwölf
anschauen.
Die Container stehen bis 6.9.
auf dem Dorothea-Schlegel-
Platz, 14.9.–13.11. sind sie im
FEZ an der Wuhlheide zu sehen.
Susanna Nieder

http://www.lange-nacht-der-museen.
de/museum/wanderausstel-
lung-der-krieg-und-ich-

„Der Krieg und ich“ – eine Wanderausstellung


So einen wie


dich brauchen


wir hier.


Lass
dich nicht mit
denen ein!

Im Krieg leiden alle
Kinder, egal, wo.
Besonders schlimm
hat es im Zweiten
Weltkrieg die Juden
getroffen.

Die Bilder zu diesem Artikel stam-
men aus der Serie „Der Krieg und
ich“, die heute bei Kika startet.
Mehr dazu können die Größeren
auf Seite 27 lesen. Teil 5 (Ro-
mek, Warschau) und Teil 8 (Eva,
Auschwitz) solltet ihr erst anschau-
en, wenn ihr über zwölf seid.

Der Krieg im Kika


Ich weiß nicht,
ob meine Eltern
noch leben ...

Und wenn sie
uns erwischen?
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