Der Tagesspiegel - 31.08.2019

(Sean Pound) #1
Ausbildung oder Studium absolviert, da-
nach einige Jahre gearbeitet und Karriere
gemacht. Dann kamen die Kinder. Oder
man entschied sich, für eine Weltreise
länger Pause zu machen: Joballtag ade.
Aber nicht für immer. Irgendwann keimt
bei den meisten das Bedürfnis auf, wie-

der ins Berufsleben zurückzukehren. Mit
dem Wunsch kommen aber nicht selten
auchZweifel.Kannman mit denEntwick-
lungen mithalten, ist man der rasant fort-
schreitenden Digitalisierung an seinem
Arbeitsplatz gewachsen?
Solche Fragen sind ganz normal. Es
hilft, für den Wiedereinstieg ausreichend
Vorlaufeinzuplanen. So lassen sichOptio-
nen in Ruhe ausloten.
Sechs bis zwölf Monate vor dem ge-
planten Wiedereinstieg in die Arbeits-
welt sollten Berufsrückkehrer ihr Vorha-
ben angehen. „So bleibt genügend Zeit,
um sich zu informieren und sich gegebe-
nenfalls in bestimmten Bereichen fortzu-
bilden“,sagt Ute Gietzen-Wieland,sie ar-
beitet als Business- und Mental-Coach in
Bielefeld.
Bevor es ans Bewerben geht, sollten
sich Rückkehrer ein klares Konzept ma-
chen, wie sie Familie und Beruf unter ei-
nen Hut bringen wollen. Wer holt das
Kind vom Kindergarten ab und was ist,
wenn der Sohn krank ist? Wer bringt die
Tochter zum Training? Solche Fragen
müssen geklärt und Aufgaben im Vorhi-
nein verteilt sein, denn das Thema dürf-
ten auch potenzielle Arbeitgeber beim
Vorstellungsgespräch ansprechen.
Und dann ist da noch die grundlegende
Frage: Wo möchte man überhaupt arbei-
ten? Ist die Tätigkeit, die man vor seiner
Pause gemacht hat, heute noch die rich-
tige?Hierkannsich ein Blickauf dieWeb-
seite der Bundesagentur für Arbeit loh-
nen. In der Rubrik „Karriere und Weiter-
bildung“ finden angehende Wiederein-
steiger Checklisten mit verschiedenen
Fragen, die bei der Selbstreflexion hel-
fen, sowieInformationen zuBerufen,Ver-
dienstmöglichkeiten oder Weiterbil-
dungswege.

Außerdem bietet die Arbeitsagentur
mitdem Berufe-Check einSelbsteinschät-
zungstool, das eigene Stärken mit Anfor-
derungen von Berufen abgleicht. „Ge-
rade nach einer längeren Familienphase
ist es sinnvoll, sich eine Vorstellung von
den vorhandenen Fähigkeiten und ihrem
aktuellen Wert für den Wiedereinstieg zu
verschaffen“, sagt Sandra Büchele. Sie ist
Beauftragte für Chancengleichheit amAr-
beitsmarkt bei der Agentur für Arbeit in
Heilbronn.
Unterstützung beim Wiedereinstieg
bietet auch das Aktionsprogramm „Per-
spektive Wiedereinstieg“ an. Das Projekt
wurde in Kooperation mit der Arbeits-
agentur vom Bundesfamilienministerium
ins Leben gerufen. Deutschlandweit gibt
es über 20 Standorte, bei denen sich
Frauen und Männer individuell oder in
Gruppenmodulen dazu beraten lassen
können, wie ihnen der Weg zurück ins
Berufsleben am besten gelingt. Angebo-
ten werden zum Beispiel Workshops zu
den Themen Kompetenzerfassung, Be-
werbung und Gehaltsverhandlungen.
In Münchenwerden solche Workshops
von dem Netzwerk „power_m“ organi-
siert. Monika Wegat ist Teil des Projekt-
teams. „Wir machen mit Teilnehmern
Rollenspiele“,erzähltWegat. Experten lo-

ten dabei soziale, fachliche und methodi-
sche Kompetenzen der mitmachenden
Frauen undMänner aus. Danachsteht ein
individuelles Gespräch auf dem Plan.
„Ziel ist herauszufinden, ob Wiederein-
steiger an ihren alten Job anknüpfen oder
beruflich jetzt etwas Neues wagen wol-
len“, erklärt Wegat.
Stellt sich hier etwa heraus, dass je-
mand in den früheren Beruf zurückkeh-
ren möchte, aber veraltete Fachkompe-
tenzen hat, könnte man sich zum Beispiel
von der Arbeitsagentur mit einem Bil-
dungsgutschein eine Weiterbildung för-
dern lassen. Darüber hinaus gibt es zahl-
reiche,mitunter kostenfreie Online-Lern-
angebote auf dem Bildungsmarkt.
Schließlich geht es an die Stellensuche
und das Schreiben von Bewerbungen.
Wie sind hier gleich noch die Formalien?
Wer sich da unsicher ist, der kann sich

einen Coach an die Seite holen, der Tipps
für die Bewerbung gibt und bei den Vor-
bereitungen auf die Vorstellungsgesprä-
che unterstützt.
Und noch eine Empfehlung: „Die wirk-
lich interessanten Jobs werden selten in
kleiner Teilzeit oder halbtags vergeben“,

erklärt Büchele, die Expertin der Agentur
für Arbeit. Rückkehrer sollten darum gut
überlegen, mit welcher Stundenzahl sie
wieder einsteigen wollen. Und lässt es
sich einrichten, sollten sie mit einer mög-
lichst hohen Stundenzahl in die Arbeits-
welt zurückkehren. dpa

Ich leite eine juristische Abteilung in einer
Kanzlei und bräuchte einen Rat: Vor ein
paar Tagen ist der Mann einer meiner Mit-
arbeiterinnen, der seit längerem krank
war, gestorben. Nun weiß ich nicht so
recht, wie ich damit umgehen soll. Einer-
seits sozial. Soll ich mit meinem Team da-
rüber sprechen? Was soll ich dazu sagen?
Sollte ich die Geschäftsführung informie-
ren? Oder ist das die Sache der Mitarbeite-
rin? Und sollte ich zur Beerdigung gehen?
Andererseits beruflich: Sollte ich ihr anbie-
ten, weniger zu arbeiten, ihr weniger diffi-
zile Fälle übergeben? Wie gehe ich rück-
sichtsvoll vor, ohne aus den Augen zu ver-
lieren, dass wir Arbeit zu erledigen haben?


Der Umgang mit dem Tod stellt wohl für
alle eine enorme Herausforderung dar.
Dazu gehört auch der Tod von Men-
schen, mit denen man in der Arbeitswelt
zu tun hat, oder der Tod eines Menschen,
der, wie hier, einer Kollegin nahesteht,
und durch die Menschen in ihrem Um-
feld mitgetragen werden muss. Als Chef
kommtIhneninsoeinerdramatischenSi-
tuation eine besondere Rolle und Verant-
wortung zu. Sie spüren dies und das ist
gut. Ihre Verunsicherung und damit ver-
bunden Ihre Nachdenklichkeit helfen,
grobeFehler zuvermeiden.
Der schlimmste wäre, sich weg zu du-
cken, zurückzuziehen, so zu tun als ob
man nichts weiß. Im direkten Gespräch
oder auch schriftlich, wenn es nicht an-
ders geht, sollten Sie als Vorgesetzter,
sollte die Geschäftsleitung und sollten
die Kollegen Ihr Mitgefühl zum Aus-
druck bringen. Da dürfen Sie sagen oder
schreiben, dass Sie sich wenig Worte vor-
stellen können, die wirklich Trost spen-
den,undvermitteln,dass Sie alle erschüt-
tert und betroffen sind.
Es ist nicht nur Ihr Recht, es ist Ihre
Pflicht,dieGeschäftsleitungunddieKolle-
gen über die Lage zu informieren. Selbst
wenndiebetroffeneKolleginIhnengegen-
überdenWunschäußert,mitniemandem
darüber zu sprechen. Andererseits: Hän-
genSiedieschlechteNachrichtauchnicht
am Infobrett aus. Wichtig ist abzuspre-
chen,wer inwessenNamenkondoliert.
Wie würden Sie sich in so einem Fall
wünschen, dass man mit Ihnen umgeht?
Sich das vorzustellen könnte Handlungs-
möglichkeiten aufzeigen. Natürlich ist in
den ersten Tagen bis Wochen Rücksicht
angebracht und Sie sollten einkalkulie-
ren,dass dieMitarbeiterin häufigerabwe-
send,wahrscheinlich auchkrankgeschrie-
ben und weniger auf die Arbeit konzen-
triert ist. Darüber sollten Sie nach einer
angemessenen Frist, nach wenigen Wo-
chen,unbedingtmitder Trauernden spre-
chen, initiieren Sie ein solches Gespräch.
Fragen Sie behutsam, mit viel Geduld
undToleranz,wie die Betroffenesich den
weiteren Umgang vorstellt. Das ist sicher
keine leichte Aufgabe für Sie, aber zu
schaffen. Foto: Promo



Wiedereinsteiger sollten
beim Vorstellungsgespräch
selbstbewusst auftreten
ohne zu übertreiben, rät
Sandra Büchele von der Ar-
beitsagentur. Bewerber
können einfließen lassen,
dass sie während der Aus-
zeit wichtigeKompetenzen
erworbenoder verstärkt
haben, die im Berufsalltag
essenziell sind: etwa Orga-
nisationstalent, weil man

während der Elternzeit
viele Termine und Verpflich-
tungen von Familienmitglie-
dern koordiniert hat.
Gleichzeitig gilt es, seinem
Gegenüber das Gefühl zu
geben, die Anforderungen
erfüllen undneue Heraus-
forderungen meistern zu
können. Außerdem sollten
Wiedereinsteiger vermit-
teln, dass die angestrebte
Tätigkeit ihnen mehr als

Geld bringt. „Der Beruf
muss auch Spaß machen“,
sagt die Expertin Monika
Wegat. Sie rät,eine Vision
zu entwickeln,womanin
fünf oder zehn Jahren ste-
hen möchte. Denn sich
selbst Ziele zu stecken mo-
tiviert. Der Wiedereinstieg
sei schließlich gemeinhin
nur der erste Schritt, mit
dem eine neue lange Be-
rufsphase beginne. dpa

KARRIEREFrage


DAS VORSTELLUNGSGESPRÄCH D


Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?


Soll der Chef zur


Beerdigung gehen?


KARRIERE


ANZEIGE

MüssenArbeitnehmer einem Abteilungs-
wechsel oder Wechsel des Arbeitsortes
etwa von Berlin an den Standort der
Firma in München zustimmen? „In der
Regel bedarf es keiner Zustimmung“,
sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeits-
recht in Berlin: „Rechtlich ist eine Verset-
zung eine durch das Direktionsrecht des
Arbeitgebers gedeckte einseitige Verän-
derung, die keine Zustimmung des Ar-
beitnehmers benötigt.“ Eine solche Ver-
setzung könne sich etwa auf die Arbeits-
zeit,denUmfang,denOrt oderdas Aufga-
benportfolio beziehen. Oftmals seiimAr-
beitsvertrag festgelegt, zu welchen ande-
ren Tätigkeiten Arbeitnehmer auch ver-
pflichtet werden können. „Das müssen
aber in der Regel schon Aufgaben sein,
die in der Hierarchie und in der Gehalts-
stufe vergleichbar sind“, sagt Meyer. dpa


an Jürgen Hesse
Büro für Berufsstrategie

Strategien für den Wandel: Kleine Schritte statt großer Innovationen – Seite K6


Unternehmen in Familienhand:
Im Schnitt kleiner und erfolgreicher
Börsennotierte Unternehmen mit einer
Beteiligung oder substanziellem Einfluss
einer Familie sind nach einer Studie er-
folgreicher und profitabler als Konkur-
renten ohne familiären Einfluss. „Famili-
enunternehmen verzeichnen ein höheres
Wachstum bei Umsatz und Beschäfti-
gung“, heißt esin der Studieder TU Mün-
chen. Allerdings sind die Familienfirmen
im Schnitt deutlich kleiner. Untersucht
wurden knapp 500 börsennotierte Fir-
men. Darunter waren etwa 40 Prozent,
an denen eine Familie beteiligt ist, und
ein Fünftel, in denen die Gründerfamilie
noch substanziellen Einfluss ausübt, sei
es durch ein großes Aktienpaket und/
oder Sitze in Vorstand beziehungsweise
Aufsichtsrat. Unternehmen aus der Fi-
nanzbranche und dem Immobiliensektor
warenausgeschlossen.Neben Traditions-
unternehmen wie dem Keramikhersteller
Villeroy & Boch oder der Baumarktkette
Hornbach wurden junge Unternehmen
wie der Online-Händler Zalando unter-
sucht. Im Schnitt hält eine Gründerfami-
lie demnach knapp ein Viertel der An-
teile. Bei Nicht-Familienfirmen hingegen
spielenstrategische Investoren dieHaupt-
rolle, sie halten laut der Studie im Schnitt
28 Prozent des Kapitals. Auftraggeber
derStudiewardie Stiftung Familienunter-
nehmen in München. Nach früheren An-
gaben der Stiftung sind etwa 90 Prozent
aller deutschen Unternehmen familien-
kontrollierte beziehungsweise eigentü-
mergeführte Firmen. dpa

Schlafstörungen durch Stress:
Abends offline gehen
Stress im Beruf ist Ursache Nummer eins
beiSchlafstörungen. DasGedankenkarus-
sell rund um die Arbeit bringt fast jeden
Zweiten von rund 1000 Befragten (41
Prozent) gelegentlich um den Schlaf, wie
eine Forsa-Umfrage der Kaufmännischen
Krankenkasse (KKH) ergab. Als Strate-
gien gegen Schlafprobleme eignen sich
demnach Entspannungstechniken wie
Yoga. Auch sollten Berufstätige mög-
lichst nicht nach Feierabend erreichbar
sein und mindestens eine halbe Stunde
vorm Schlafen offline gehen. KNA

Muss man


einer Versetzung


zustimmen?


Von Sabine Meuter

Eine Frage der Zeit.Irgendwann entscheiden sich die meisten, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. Foto: Saulo Mohan/Unsplash

Wieder da


Weltreise, Elternzeit, Krankheit: Nach einer längeren Pause fangen viele im Job nicht dort an,


wo sie aufgehört haben. Was hilft, sich neu zu orientieren


Will ich den alten Job
wirklich noch machen?

Bundesweit gibt es


20 Beratungsstellen


SONNABEND, 31. AUGUST 2019 / NR. 23 931 WWW.TAGESSPIEGEL.DE/KARRIERE SEITE K 1


EFNACHRICHTEN


Wir sind die führende bundesweit tätige Zertifizierungsstelle in der Baubranche mit europaweit mehr als 6000 Kunden.
Zur Unterstützung unseres Teams in den Geschäftsbereichen Präqualifikation VOB, System-und Personalzertifizierungen,
Zertifizierungen im Tiefbau, Nachhaltiges Bauen, Compliance und weitere branchenspezifische Zertifizierungen suchen wir
zum nächstmöglichen Beginn eine/n

Ingenieur im Bauwesen oder vergleichbare Ausbildung(m/w/d)


Wir bieten:
Ein vielseitiges Aufgabengebiet mit langfristiger Perspektive
Flexible Arbeitszeiten
Weiterbildungsmöglichkeiten
Berücksichtigung der Familiensituation und Übernahme von Kita-Gebühren
Beihilfe zur Altersvorsorge
Unterstützung bei Wohnungssuche und Übernahme von Umzugskosten
Immer ein offenes Ohr für Ihre Belange

Ihr Aufgabenbereich:
Sie betreuen die vielfältigen Aktivitäten unseres Dienstleistungsportfolios und freuen sich auf die aktive Betreuung unserer Kunden.
Auf der Basis unseres Dienstleistungsportfolios unternehmen Sie Aktivitäten, um existierende und neue Geschäftsfelder
auszuweiten und setzen diese in Abstimmung mit der Geschäftsführung wirksam um.
Sie koordinieren den reibungslosen Ablauf in Ihrem Aufgabengebiet mit den Kunden und arbeiten eng und kooperativ
mit unserem Team zusammen.

Ihr Profil:
Sie verfügen über ein abgeschlossenes Studium im Bauwesen oder eine vergleichbare Zusatzausbildung.
Sie haben grundlegende Erfahrungen im Baugewerbe und bewegen sich sicher im Umfeld
mit anspruchsvollen Kunden.
Sie haben gute Kenntnisse in MS-Office und verfügen über einen PKW-Führerschein.

Bitte senden Sie Ihre aussagekräftige Bewerbung unter Angabe Ihrer Verfügbarkeit und Gehaltsvorstellungen an:
Maren Radunz-Kuhn, Tel.: +49 30 20314-121, [email protected]
Absolute Diskretion sowie die Berücksichtigung von Sperrvermerken sichern wir Ihnen selbstverständlich zu.

Teamplayer gesucht!


http://www.zert-bau.de
Free download pdf