Der Tagesspiegel - 31.08.2019

(Sean Pound) #1

Sein Entschluss stand früh fest. Bereits in
der Oberstufe wusste Hamit Canan, dass
er dual studieren möchte. Ein Schulaus-
flugbei Siemenshat ihn inseinem Berufs-
wunsch zusätzlich bestärkt: Ein duales
BWL-Studium mit einer Ausbildung zum
Industriekaufmann sei genau das Rich-
tige für ihn. Nach seinem Abitur vor zwei
Jahren sammelte erzunächst erste Berufs-
erfahrungen, bevor er das duale Studium
bei Siemens startete. Zeitgleich arbeitete
er bereits einige BWL-Inhalte vor, um
sich vorzubereiten: „Man muss sich ge-
nau überlegen, worauf man sich einlässt
und ob es zu einem passt“, sagt der
20-Jährige.
Hamit Canan ist einer von mehr als
100000 dual Studierenden in Deutsch-
land. Nach aktuellen Zahlen des Bundes-
instituts für beruflicheBildung (Bibb)ent-
scheiden sich immer mehr junge Men-
schen für diesen Karriereweg. Zum Ver-
gleich: Im Jahr 2004 waren es noch


knapp 15000. Besonders beliebt sind
laut Silvia Hofmann vom Bibb Ingenieur-
wissenschaften, Wirtschaftswissenschaf-
ten und Informatik. Aber auch der Be-
reich Soziales, Pflege, Erziehung und Ge-
sundheit sei in den vergangenen Jahren
stark gewachsen.
DieVorteile liegen auf der Hand. „Dua-
les Studium bietet die Verzahnung von
Wissenschaft und Praxis und einen frü-
hen Kontakt mit dem Arbeitsleben“, sagt
Claudia Engfeld, Pressesprecherin der
IHK Berlin. Die Übernahmequote liege
beirund 80 Prozent,zudem bietedie Ver-
gütungwährend des Studiums finanzielle
Sicherheit. Die Zielgruppe seien Bewer-
ber mit einem hohen Maß an Motivation
und einer hohen Leistungsbereitschaft.
Zugangsvoraussetzung sei in der Regel
die Fachhochschulreife oder das Abitur.
„Die Bewerbungsfristen für duale Stu-
diengänge sind meistens ein Jahr vor Stu-
dienbeginn“, sagt Hamit Canan. Der Be-
werbungsprozess läuft in der Regel über
den Arbeitgeber. Bei Canan bestand er
aus zwei Teilen: Er durchlief eine Online-
bewerbung mit einstündigem Test und
im zweiten Schritt ein eintägiges Assess-


mentcenter bei Siemens. Er konnte über-
zeugen – und wurde genommen.
Das typische Studierendenleben kennt
der angehende Industriekaufmann nicht,
Semesterferien hat er keine. Dafür je-
doch 30 Urlaubstage in den Praxispha-
sen. Theorie und praktisches Lernen
wechseln sich ab: Acht Wochen lang geht
erindie Hochschule,dannfolgenKlausu-
ren und Hausarbeiten. Anschließend ste-
hen mehrere Wochen Berufsschule an

und die Praxisphase im Unternehmen.
„Die Inhalte sind abgestimmt mit den
Themen aus Uni und Berufsschule“, sagt
der 20-Jährige. Das helfe, die Kenntnisse
unmittelbar im Beruf zu festigen.
Je nachdem, ob er arbeitet oder stu-
diert, sieht Canans Alltag unterschied-
lich aus. In den Uniphasen verbringt er
den Tag in der Hochschule und arbeitet
dann abends die Lehrveranstaltungen
vor und nach. In den drei Monaten werde

der Stoff eines regulären Unisemesters
behandelt. „Du hast jeden Tag zu tun“,
sagt er. Das straffe Pensum motiviert ihn:
„Die Abwechslung aus Theorie und Pra-
xis sorgt dafür, dass du dich permanent
weiterentwickelst und Neues lernst“.
Nach dreieinhalb Jahren Studium kann
Canan bei Siemens übernommen wer-
den. Er schließt dann mit einem Bachelor
of Arts und der Ausbildung zum Indus-
triekaufmann ab. Doch der doppelte Ab-

schluss ist nicht der einzige Pluspunkt:
Im Gegensatz zum klassichen Studenten
erhält er von Anfang an eine monatliche
Ausbildungsvergütung – auch während
der Uniphasen.
Julian Radu (Name geändert) ent-
schied sich nach dem Abitur ebenfalls für
ein duales Studium bei einer deutschen
Großbank. Seine Motivation war klar:
„Ich wollte etwas machen, womit ich
Geld verdienen kann“, sagt der 21-Jäh-
rige.Sein Vaterarbeite in einerBank,des-
halb habe er sich dort beworben.
Ähnlich wie Hamit Canan besteht
Radu einen Online-Test und später das
Assessmentcenter. Trotz der kurzfristi-
gen Bewerbung bekommt er den Platz:
BWL-Bachelor mitSchwerpunktBankwe-
sen. Den Alltag empfindet er von Anfang
an als stressig. „Die Uni ist sehr an-
spruchsvoll“, sagt er. Die Hausarbeiten
müssen in der Praxisphase gemacht wer-
den. Wer eine Prüfung nicht besteht,
muss im nächsten Semester nachschrei-
ben,kanndenKursabernichterneutbesu-
chen. Vorlesungen bis 20 Uhr sind nicht
unüblich,die Anwesenheit istPflicht.
Irgendwann wird Radu der Druck zu
hoch: „Ich habe mich nach acht Stunden
Uni nicht nochmal hingesetzt und drei
Stunden nachbereitet, das hat mirdasGe-
nickgebrochen“. Er besteht nicht allePrü-

fungen. Hinzu kommt, dass er das Stu-
dium nicht verlängern darf. „Es war für
mich ein Problem“, sagt er. Nach vier Se-
mestern bricht er ab und wechselt in die
Ausbildung. Heute sagt er: „Man sollte
ein duales Studium nur dann anfangen,
wenn man sich zu 100 Prozent über die
Branche sicher ist“. Schließlich ziele es
darauf ab, künftig in genau dem Bereich
eingesetzt zu werden.
Die Erkenntnisse der Studie „Duales
Studium – und dann?“ der Hans-Böckler-
Stiftung vom Januar 2019 bestätigen: Die
Mehrzahl der dual Studierenden plane,
nach erfolgreichem Studienabschluss in
ihrem Ausbildungsbetrieb zu bleiben.
Die gut quali fizierten Absolventinnen
und Absolventen werden aber auch teil-
weise gezielt abgeworben. Besonders für
Kindervon Nichtakademikern seidieJob-
sicherheitnach dem Abschlussein wichti-
ges Argument, heißt es in der Studie. Die
Abbruchsquoten im dualen Studium sind
gering und liegen bei sieben Prozent.
Julian Radu ist mit seiner Entschei-
dung trotz allem zufrieden. Er will nach
seiner Ausbildung studieren, in einer
Bank sieht er sich nicht. Er möchte mehr
als 30 Urlaubstage haben – und mehr
Zeit, um sich weiterzubilden.
Hamit Canan plant, an sein duales Stu-
dium einen Master anzuhängen. Für ihn
zählt nur eins: Alles geben, um bestmög-
lich abzuschließen.

Jetzt bloß nicht die Balance verlieren


Wer dual studiert,


wird vergütet –


und doppelt gefordert.


Die Lehrpläne sind straff,


die Urlaubstage rar.


Das erfordert Ausdauer


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Das Studium ist erfolgreich absolviert,
im Job läuft es vielversprechend – aber:
Irgendwie fehlt die Herausforderung.
Wer eine Führungsposition anstrebt und
seine Kompetenzen gezielt im Manage-
ment ausbauen will, kann einen Master
of Business Administration angehen. Die
Studierenden lernen, wie Unternehmen
von innen funktionieren, wie Teams am
besten arbeiten und Aufgaben sinnvoll
verteilt werden. „Der MBA richtet sich
vor allem an Nicht-Wirtschaftswissen-
schaftler, die sich für einen Management-
job fit machen wollen“, sagt Detlev Kran,
Weiterbildungsexperteund Autordes Bu-
ches „MBA-Guide“.
Ein wichtiger Bestandteil des Studi-
ums: Die Absolventen lernen voneinan-
der. Im Idealfall haben sie nicht nur einen
unterschiedlichen fachlichen Back-
ground,sondern kommen aus verschiede-
nen Branchen und Ländern, sagt Kran.
Ein weiterer Schwerpunkt sind Trends in
der Wirtschaftsbranche.
Der Master lässt sich in verschiedenen
Varianten studieren. Am häufigsten läuft
das berufsbegleitend, die Kurse finden an
Wochenenden oder nach Feierabend
statt. Dazu kommen Online-Seminare für
zuHause. Grundsätzlichist vom MBA ab-
zuraten,wenn manihn nurfür den Karrie-
rekick macht und keine Begeisterung da-
fürmitbringt. Einberufsbegleitendes Stu-
dium ist hart, das steht man nur mit ho-
her Eigenmotivation durch, sagt Frank
Ziegele vom Centrum für Hochschulent-
wicklung (CHE). Für das berufsbeglei-
tende Studium sollten etwa zwei bis drei
Jahre eingeplant werden. Alternativ lässt
sich der MBA auch in Vollzeit studieren,
dann dauert es etwa ein bis zwei Jahre.
Ein Uni-Abschluss und Erfahrung im
Job sind grundlegende Bedingung für die
Programme. „Als Voraussetzung sehen
die Richtlinien mindestens eine einjäh-
rige einschlägige Berufserfahrung vor“,
erklärt Kerstin Fink von der FIBAA, einer
Akkreditierungsagentur, die für die Be-

gutachtung von Studiengängen zuständig
ist. Manche Hochschulen verlangen min-
destens fünf Jahre in einer Firma.
Da die Business Schools, an denen man
einenMBA erwerbenkann, meistvonpri-
vaten Unternehmen betrieben werden,
sinddieGebühren ofthoch. In einerErhe-
bung von 2016 wurden durchschnittli-
che Studiengebühren von knapp 17 000
Euro ermittelt. Allerdings gibt es hierbei
eine große Spannweite, und es können
mitunter Beiträge von insgesamt 50 000
Euro entstehen. „Zu den Studiengebüh-
ren kommen aber weitere Kosten, zum
Beispiel Reisekosten und die Unterkunft
am jeweiligen Hochschulstandort dazu“,
gibt Frank Ziegele zu bedenken.
Europäische MBA-Guidelines geben
Standards vor. „Es ist sicher sinnvoll, bei
den Hochschulen nachzufragen, wie sie
diese Richtlinien erfüllen. Das vermei-
det, dass man Mogelpackungen aufsitzt,
die gar nicht den Standards genügen“, so
Ziegele.„InzwischengibtesMBAsmitBe-
zug zu ganz bestimmten Branchen und
Sektoren,beispielsweise Gesundheitsma-
nagement, Tourismus oder Medien“, er-
klärt Ziegele. Für einen solchen MBA
müssen Interessierte aber genau wissen,
dass sie sich in der betreffenden Branche
beruflich spezialisieren wollen – „dann
fördert das die Karrierechancen“.
Und winkt dann auch das Managerge-
halt? Für den Bereich der Digitalwirt-
schaft gilt das nicht unbedingt. „Ein MBA
taugt hier eher zur kurzfristigen Gehalts-
und Karriereoptimierung und auch eher
am Anfang des Berufslebens“, erklärt
Martina van Hettinga von der Personal-
und Organisationsberatung i-potentials.
Für langfristige Aufstiegschancen in der
Digitalwirtschaft zählen die praktische
Erfahrung und eine ausgereifte Persön-
lichkeit. Hohe Gehaltssprünge können
die Absolventen erwarten, „die an einem
MBA an einer der internationalen Top-
Business-Schools in Vollzeitprogrammen
teilnehmen“, ist Krans Einschätzung.
„Hier verdoppeln sich oft Gehälter.“
Meist ist der Abschluss erst der Anfang
auf dem weiteren Berufsweg. Die Absol-
venten müssen durch Leistung zeigen,
dass sie für höhere Positionen geeignet
sind, sagt Kran. „Es werden sicherlich
nicht alle ihr Karriereziel erreichen, aber
der Rückblick zeigt, dass Weiterbildung
und der MBA bei der Masse der Studie-
renden zu entsprechenden Erfolgen ge-
führt haben.“ Maximilian Konrad, dpa

Fitfür den Chefsessel Foto: imago/Westend61

Wann


lohnt sich


ein MBA?


Nicht jedes Programm


erfüllt die Standards


Tendenz steigend.Immer mehr junge Menschen entscheiden sich für ein duales Studium. Vor allem der Bereich Soziales,
Pflege und Gesundheit ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Foto: imago/Westend61

K2 DER TAGESSPIEGEL KARRIERE & BERUF NR. 23 931 / SONNABEND, 31. AUGUST 2019


Von Gabriel Rinaldi

Die Mehrzahl der Studierenden
bleibt nach dem Abschluss
in ihrem Ausbildungsbetrieb

Theorie und Praxis wechseln


sich ab, man lernt an der Uni


und im Unternehmen


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