Der Spiegel - 24.08.2019

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DER SPIEGEL Nr. 35 / 24. 8. 2019 3


Besuche in seiner thüringischen Heimat bringen
Redakteur Steffen Winter mitunter um den
Schlaf. Die Angst vieler vor Flüchtlingen und
die Diskussionen über die AfD als vermeint -
lichen Heilsbringer sind ständig präsent. Ein
Schulfreund, politisch nie aktiv, ist plötzlich
Fraktionschef der AfD im Stadtrat. Der befreun-
dete Dachdecker sitzt für die Partei im Kreistag.
Kurz vor den Landtagswahlen im Osten sieht
es nun so aus, als könnte die fremdenfeindliche
AfD tatsächlich ausgerechnet dort zur stärksten
Kraft aufsteigen, wo es bis heute kaum Aus -
länder gibt. Winter, langjähriger Korrespondent
in Dresden, wollte wissen, warum der Osten so anders tickt. In Görlitz traf er den
Soziologen Raj Kollmorgen, der die Ursachen für die latente Unzufriedenheit in den
Folgen der DDR-Diktatur und in der teils brachialen Wiedervereinigung verortet.
Ein SPIEGEL-Team reiste durch Ostdeutschland, um die Abgehängten, aber auch die
Gewinner der Wende zu befragen. Winters Fazit: »Viele Ostdeutsche sehen sich bis
heute als Bürger zweiter Klasse, fühlen sich zurückgesetzt und vom ignoranten Westen
unverstanden.« Die Wahlen nutzten sie als Abrechnung. Seite 12


Redakteurin Barbara Hardinghaus lernte
im Frühsommer eine Familie aus Detmold
kennen. Deren neunjähriger Sohn war
von einem Auto erfasst worden und in
den Armen der Eltern gestorben. Die Frau
am Steuer war 85 Jahre alt. Viele Fragen
treiben seitdem die Familie um, vor allem
diese: In fast allen europäischen Ländern
wird die Fahrtüchtigkeit älterer Autofah-
rer geprüft – warum nicht in Deutschland?
Hardinghaus machte sich auf den Weg,
um eine Antwort zu finden, und sprach
mit Experten, die sich für einen Gesundheitscheck für autofahrende Rentner aus-
sprechen. Politisch jedoch, so erfuhr sie in Berlin, scheinen solche Forderungen bis
heute tabu. »Deutschland ist in der Hinsicht immer noch ein Autoland; an Themen
wie Tempolimit oder Gesundheitschecks für Senioren gehen Politiker aus Angst nicht
ran«, sagt Hardinghaus. Und noch etwas lernte sie: »Viele alte Menschen auf dem
Land fahren tatsächlich nur deshalb noch Auto, weil sie so abseits wohnen, dass kein
Bus fährt, der sie zum Arzt bringt.« Seite 52


Im Frühjahr plünderten die Bewohner der
venezolanischen Zwei-Millionen-Metropole
Maracaibo während eines sechstägigen
Stromausfalls in ihrer Not über 500 Geschäf-
te. Dabei war die einstige Ölmetropole ein-
mal eine der reichsten Städte Venezuelas.
Um den Kollaps der Megacity nachzuzeich-
nen, reiste Redakteurin Katrin Kuntz nach
Maracaibo, sie besuchte ein Krankenhaus,
sprach mit ehemaligen Ölarbeitern und ei-
nem lokalen Regierungsvertreter. Oft ging
die Recherche bis in den Abend. In einigen Stadtvierteln, in denen der Strom ausge-
fallen war, arbeitete Kuntz bei Kerzenschein. »Für die Bewohner Maracaibos geht es
nur noch ums Überleben«, sagt die Redakteurin, »scheitert ein politischer Wandel,
könnte so die Zukunft des ganzen Landes aussehen.«Seite 76


JENS GYARMATY / DER SPIEGEL
Kollmorgen, Winter in Görlitz

ADRIANA L. FERNANDEZ / DER SPIEGEL
Kuntz (M.) in Maracaibo

Hausmitteilung
Betr.: Titel, Seniorenführerschein, Venezuela

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JOANNA NOTTEBROCK / DER SPIEGEL
Eltern des Unfallopfers, Hardinghaus
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