Die Welt - 27.08.2019

(Michael S) #1

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27.08.19 Dienstag, 27. August 2019DWBE-HP



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DIE WELT DIENSTAG,27.AUGUST2019 FORUM 3


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er ehemalige Präsident des
Bundesamtes für Verfassungs-
schutz, Hans-Georg Maaßen,
will in Sachsen keinen Wahlkampf
mehr für die CDU machen. Damit
reagiert er auf schroffe Kritik von Mi-
chael Kretschmer. Der Ministerprä-
sident hatte in einem Interview mit
dem „Spiegel“ erklärt, Maaßen habe
„Sachsen geschadet“. Er, Kretschmer,
hätte Maaßen „nicht eingeladen“. Das
sind harte Worte, die der Erklärung
bedürfen – zumal es den Anschein
hatte, dass Maaßens Auftritte zumin-
dest bei einem Teil der sächsischen
Union gern gesehen wurden. Wie kaum
ein anderer verkörpert der ehemalige
Spitzenbeamte eine Law-&-Order-
Politik, die früher von Christdemokra-
ten wie Manfred Kanther oder Hein-
rich Lummer vertreten wurde. Die
Sehnsucht nach solchen Gestalten ist
in Sachsen sehr groß, weil mit ihnen
eine alte Herrlichkeit assoziiert wird.
Aber ob Maaßens Auftritte in Radebeul
oder Plauen der CDU wirklich geholfen
haben, darf man bezweifeln. Er zog
viele Besucher an, darunter nicht weni-
ge Anhänger der AfD. Die sahen in

Maaßen weniger den CDU-Wahlkämp-
fer als ein Opfer der Kanzlerin – und
insofern vor allem eine personifizierte
Bestätigung ihrer politischen Präferenz
und Wahlentscheidung.
Doch Kretschmers klare Worte ha-
ben wohl einen noch wesentlich länge-
ren Vorlauf. Die bisher härtesten Tage
seiner Amtszeit liegen nun ein Jahr
zurück. Es waren die Tage, in denen
Deutschland, ja die Welt, auf Chemnitz
blickte. Straßenschlachten, Krawalle,
Hitlergrüße und ein bisher in dieser
Form noch nicht da gewesener neo-
nazistischer Angriff auf ein jüdisches
Restaurant prägten das Bild der Stadt.
Kretschmer wurde in einen Spagat
gezwungen. Er verteidigte einerseits
die Bürger vor pauschalen Verunglimp-
fungen – und verurteilte andererseits
einen sich radikalisierenden, rechts-
extremen Mob. Ein politischer Härte-
test, wie ihn bisher kaum ein Minister-
präsident in Deutschlands Geschichte
durchstehen musste. Und was machte
Maaßen? Er brach eine Debatte über
die Authentizität eines Videos vom
Zaun, als ob es die Hitlergrüße und den
Überfall auf das koschere Restaurant
„Schalom“ nicht gegeben hätte.
Kretschmer setzt im Endspurt ganz auf
sich selbst. Auf ihm lastet eine tonnen-
schwere Verantwortung. Dass er kurz
vor dem Ziellauf Ballast abwirft, ist
ihm nicht zu verdenken.
[email protected]

Maaßen ist Kretschmers Last


KOMMENTAR


CLAUS CHRISTIAN
MALZAHN

D


ie Flugscham grassiert, Fleisch-
konsum wird verteufelt, und
wer sich noch schwere Autos
und großzügige Wohnungen
leistet, steht am Pranger. Der
Zeitgeist fordert im Namen der
Klimarettung einen totalen
WWWandel der Konsumgewohnheiten. Verzicht bis hinandel der Konsumgewohnheiten. Verzicht bis hin
zur Askese, lautet das Motto. Schrumpfung und
Rückbau sollen die Welt retten. Immer lauter wird
in der Klimadebatte die Systemfrage gestellt. Die
wachstumsorientierte Marktwirtschaft zerstöre
unweigerlich den Planeten, so heißt es. Deshalb sei
der radikale Wandel der einzig mögliche Weg zu
einem nachhaltigen Wirtschaftssystem.
Was für ein Irrtum! Wer Ökologie und Öko-

inem nachhaltigen Wirtschaftssystem.
as für ein Irrtum! Wer Ökologie und Öko-

inem nachhaltigen Wirtschaftssystem.
WWas für ein Irrtum! Wer Ökologie und Öko-
nomie als natürliche Feinde betrachtet, hat ein
völlig falsches Verständnis von Wachstum. Und er
unterschätzt die Anpassungsfähigkeit der Markt-
wirtschaft an neue politische Ziele und veränderte
VVVerhältnisse. So wenig wie der Sozialismus in dererhältnisse. So wenig wie der Sozialismus in der
Praxis jemals eine bessere Gesellschaft hervor-
gebracht hat, so wenig kann eine Ökodiktatur den

raxis jemals eine bessere Gesellschaft hervor-
ebracht hat, so wenig kann eine Ökodiktatur den

raxis jemals eine bessere Gesellschaft hervor-


Umweltschutz voranbringen. Denn die Ökologie
ist viel zu komplex, um sie staatlicher Lenkung zu
überlassen. Die Politik kann die (erreichbaren)
Ziele vorgeben und Rahmenbedingungen setzen.
Doch es braucht die Fantasie, den Erfindungsgeist
und den Unternehmergeist vieler Millionen Men-
schen, um dann die richtigen Wege und Techniken
zu finden. Wachstum ist dafür unverzichtbar. Denn
jeder Einzelne, jedes Unternehmen und jeder Staat
strebt in aller Regel nach wirtschaftlicher Verbes-
serung – und genau das bedeutet Wachstum.
Die erbitterten Kapitalismuskritiker haben noch
gar nicht begriffen, dass sich der Kapitalismus
schon längst grün zu färben beginnt. Die Hersteller
von Windkraft und Solaranlagen sind schließlich
ebenso Unternehmen wie die Betreiber von her-
kömmlichen Kohle- oder Atomkraftwerken – und
ihre Lobby ist hierzulande mittlerweile mindestens
ebenso stark. Anbieter von Mietfahrrädern sind
genauso Geschäftsmacher wie die Autohersteller.
Und Biobauern kämpfen wie traditionelle Land-
wirte um Marktanteile. „Öko“ birgt enorme Ge-
schäftschancen – und damit Wachstumspotenzial.
Denn anders als viele Grünbewegte glauben,
beschränkt sich wirtschaftliche Dynamik eben
nicht darauf, dass die Menschen immer mehr Au-
tos, Kleider und Fernreisen konsumieren. Auch
wenn wir künftig lieber weniger und dafür nach-
haltig – also teurer – produziertes Fleisch oder
T-Shirts einkaufen und unter dem Strich mehr
Geld dafür ausgeben, ist das, ökonomisch betrach-
tet, Wachstum. Und das Gleiche gilt, wenn wir in
den Städten für bislang kostenlose Parkplätze
Gebühren zahlen. In wohlstandsgesättigten Gesell-
schaften wie der deutschen verlagert sich zudem
der Konsum immer mehr in Richtung Dienstleis-
tungen, ein Prozess, der infolge des demografi-
schen Wandels noch enorm an Tempo gewinnen
wird. Der Anteil der Wirtschaftsleistung, die für
Gesundheitsdienste oder Pflege, aber auch für
Kinderbetreuung und Bildung aufzuwenden ist,
steigt. Auch das sind Wachstumsbereiche, die ver-
gleichsweise umweltverträglich sind und noch
riesiges Potenzial für Qualitätsverbesserungen
beinhalten und damit auch wieder Wachstum-
schancen.

WWWer dagegen die wirtschaftliche Schrumpfkur alser dagegen die wirtschaftliche Schrumpfkur als
einzig möglichen Weg in eine bessere Zukunft pre-
digt, sollte ehrlich sagen, welche schmerzhaften Fol-
gen damit verbunden wären. Denn dann geht es
schon bald um ganz andere Fragen als den Verzicht
aaauf neue Kleider oder die nächste Fernreise. Wennuf neue Kleider oder die nächste Fernreise. Wenn
Deutschland wirtschaftlich nicht mehr in der ersten
Liga spielt, dann führt das zwangsläufig auch zu Kür-
zungen im Sozialsystem. Zumal das Gros der anderen
Länder uns auf diesem masochistischen Trip kaum
fffolgen wird. In einer dynamischen Welt bedeutetolgen wird. In einer dynamischen Welt bedeutet
wirtschaftlicher Stillstand automatisch Abstieg. Denn
im Vergleich zu den anderen Regionen werden wir
sukzessive immer ärmer. Und das hat dann Aus-
wirkungen, die weit über den alltäglichen Konsum
hinausgehen. Ob medizinischer Fortschritt oder
neueste Technik: Die Deutschen werden lediglich
zuschauen können, wie in anderen Ländern die Ent-
wicklung weiter voranschreitet. Wie in den 50er-
Jahren des vergangenen Jahrhunderts fliegen die
WWWohlhabenden dann womöglich wieder in die USA,ohlhabenden dann womöglich wieder in die USA,
wenn sie eine lebensrettende Operation benötigen,
fffür die hierzulande die Geräte fehlen. Während dieür die hierzulande die Geräte fehlen. Während die
WWWestdeutschen dank des Wirtschaftswunders solcheestdeutschen dank des Wirtschaftswunders solche
medizinischen Reisen damals bald nicht mehr nötig
hatten, blieb in der DDR bis zur Wiedervereinigung
die Lebenserwartung deutlich hinter dem Westen
zurück. Wachstum hat eben viele Dimensionen.
In einer alternden Gesellschaft wird die künftige
Finanzierung der Sozialversicherungen ohnehin
eine große Herausforderung. Nur mit weiter stei-
gendem Wohlstand wird die junge Generation
überhaupt in der Lage sein, die stark steigende
Zahl an Älteren zu alimentieren. Wer sich nach der
angeblich heilen Welt der vorindustriellen Zeit
zurücksehnt, sollte sich klarmachen, dass es da-
mals für den Großteil der Bevölkerung keinerlei
soziale Absicherung gab. Ausbeutung prägte auch
noch den frühen Kapitalismus. Doch vor allem in
Europa ist es gelungen, Wachstum mit einem so-
zialen Ausgleich zu verbinden, was die Gegner der
Marktwirtschaft nie für möglich gehalten hatten.
Und es spricht vieles dafür, dass der Kapitalismus
auch in der Lage ist, ökologische Parameter in sein
System einzubauen. Die Unternehmer können sich
auf staatlich gesetzte Rahmenbedingungen wie
Umweltschutzstandards oder CO 2 -Bepreisung
einstellen. Allerdings brauchen sie Berechenbarkeit
statt immer neuer Knüppel, die ihnen von der
Politik zwischen die Beine geworfen werden.
Die radikalen Wachstumsskeptiker hadern nicht
nur mit dem technischen Fortschritt, der Industrie
oder der Mobilität. Auch die Globalisierung ist
ihnen ein Gräuel. Was man braucht, soll regional
hergestellt werden. Zumal nur diese Produktion
unter vollständiger Ökokontrolle laufen kann. Der
VVVerzicht auf die internationale Arbeitsteilung hätteerzicht auf die internationale Arbeitsteilung hätte
einen gigantischen Wohlstandsverlust zur Folge.
Und zwar keineswegs nur im Inland. Gerade auch
die ärmeren Regionen der Welt wären um ihre
einzige Chance auf eine bessere Zukunft gebracht.
WWWenn Deutschland überzeugende Konzepte zumenn Deutschland überzeugende Konzepte zum
Umweltschutz präsentiert, kann es international
VVVorreiter werden. Gelingen aber wird die Klimaret-orreiter werden. Gelingen aber wird die Klimaret-
tung nur, wenn die Weltgemeinschaft zur Zusam-
menarbeit findet. Wohlstandsfeindliche Ökospin-
nerei ist hierfür kontraproduktiv.
[email protected]

Grüner


Kapitalismus


In der Klimadebatte


wird der Ruf nach


einem radikalen


Systemwechsel lauter.


Doch wer Ökologie und


Ökonomie als natürliche


Feinde betrachtet, hat


ein völlig falsches


Verständnis von


Wachstum


„Öko“ birgt enorme


Geschäftschancen – und


damit Wachstumspotenzial


LEITARTIKEL


ǑǑ


DOROTHEA SIEMS

**


Gden Vorsitz der SPD beworbenhat, und zwar mit einer Frauaus Ostdeutschland, da gehenerade erst hat OlafScholz begriffen, dasser sich anscheinend um
die Zustimmungswerte für dieSozialdemokraten durch dieDecke. Scholz steht wie kaumein anderer für Stillstand, und
damit stemmt er sich erfolg-reich gegen den Abwärtstrend.Die Partei legt in Umfragen um
ein Prozent zu, es hilft nichts,man muss von einem regelrech-ten Scholz-Hype sprechen. DerScholz-Zug nimmt Fahrt auf,
dabei ist der Mann, der mor-gens als Finanzminister undabends als Vizekanzler arbeitet,
noch nicht mal gewählt. Unddas ist auch gut so, sonst müss-te er die Wahlergebnisse inOstdeutschland verantworten.
nicht mit Martin Schulz ver-wechselt, er soll sich daher beiFototerminen nicht in der NäheWichtig ist nur, dass man ihn
von U-Bahn-Eingängen auf-halten. Die SPD überlegt, wiesich die Scholz-Hysterie noch
steigern ließe. Entweder be-wirbt er sich noch mit eineranderen Frau, oder Scholz trittmit sich selbst an, dann müss-
ten sich die Umfragewerteeigentlich verdoppeln.

Zippert zappt

Erichtete, könnte es sich dabei um den ersten Vorwurf einer Straftatvom Weltraum aus handeln. Demnach gab Anne McClain, die im Juniine Nasa-Astronautin soll von der „Internationalen Raum-station“ (ISS) aus illegalerweise auf das Bankkonto ihrer Ex-Partnerin zugegriffen haben. Wie die „New York Times“ be-
nach einem sechsmonatigen Aufenthalt im All auf die Erde zurück-gekehrt war, gegenüber Ermittlern zu, auf das Konto mit dem ihrbekannten Passwort zugegriffen zu haben.Der Fall ist Teil einer Art Rosenkrieg zwischen McClain und ihrer
Ex-Partnerin. Die beiden hatten laut „New York Times“ 2014 gehei-ratet. Vier Jahre später reichte die Ex-Partnerin die Scheidung ein.McClain habe sich eigenen Angaben zufolge vergewissern wollen,dass mit den – noch immer miteinander verwobenen – Finanzen des
Ex-Paares alles in Ordnung ist, schrieb das Blatt. Die Sache flog dannauf, weil die Bank auf Nachfrage der Ex-Partnerin herausfand, dassZugriffe auf das Konto von einem Nasa-Netzwerk vorgenommen

worden waren. Und zwar in der Zeit, in der McClain sich im All be-funden hatte.ganz normal im Netz surfen, wie Andreas Schütz, Sprecher des Deut-Astronauten auf der ISS können in ihrer Freizeit grundsätzlich
schen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, am Sonntag erläuterte.Auch Videotelefonate mit der Familie seien möglich. Auf dem Außen-posten der Menschheit gebe es rund um die Uhr Empfang. Die Ver-
bindung werde genutzt, um Betriebs- und Forschungsdaten zur Erdezu übertragen, sagte Schütz. Die ISS-Besatzung bekomme bestimmteZeiten vorgegeben, in denen sie das Internet privat nutzen kann.Der „New York Times“ zufolge gibt es keine Anhaltspunkte, dass
Geld von dem Konto abhandengekommen ist. Die ehemalige Part-nerin McClains aber beschuldigte die Astronautin den Behördengegenüber des Identitätsdiebstahls. In einer anderen Beschwerde
gegenüber der Nasa heißt es, dass McClains Zugriff auf das Kontovielmehr dazu gedient habe, Argumente dafür sammeln zu können,

ihrer Ex das Sorgerecht für deren Sohn streitig zu machen. Die Un-tersuchungen dauern an.der beteiligten Raumfahrtorganisationen unter Schirmherrschaft derDie Rechtslage im All wird durch eine Reihe von Vereinbarungen
Vereinten Nationen geregelt. Für die „Internationale Raumstation“gelten spezielle Regeln, auf die sich die Betreiberländer aus der Eu-ropäischen Union, den USA, Russland, Kanada und Japan geeinigthaben. Die Gerichtsbarkeit auf der ISS leitet sich unter anderem
davon ab, zu welchem Land entsprechende Module auf dem Außen-posten der Menschheit gehören. In einer entsprechenden Passage derzwischenstaatlichen Vereinbarung heißt es: „Jeder Partner behält die
Gerichtsbarkeit und Kontrolle über die von ihm registrierten Ele-mente und über das Personal in oder auf der Raumstation, die seineStaatsangehörigkeit besitzen.“ So können nationale Gesetze nachAngaben der Europäischen Raumfahrtorganisation (Esa) auch bei
Strafsachen angewandt werden. dpa

Eine US-Astronautin soll von der ISS aus illegal auf ein Konto zugegriffen haben. Wird sie verurteilt, wäre sie die erste Weltraum-KriminelleDie erste Straftat im All

KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9358537 MONTAG,26.AUGUST

DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410Telefon 030 / 25 91 0 Fax030 / 25 91 71 [email protected] Anzeigen Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. 030 / 58 58 90
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D


iplomatische Sensationbeim G-7-Gipfel in Biar-ritz: Vor dem Hintergrund
ßenminister des Iran, Dschawad Sarif,am Sonntag überraschend in dem fran-steigender internationalerSpannungen ist der Au-
zösischen Seebad eingetroffen, wo zudem Zeitpunkt das Gipfeltreffen der gro-ßen Industriestaaten stattfand. Sarif seidort mit Frankreichs Außenminister Je-
an-Yves Le Drian zusammengekommen,teilte das französische Präsidialamt mit.Direkte Gespräche mit der US-Gipfelde-
legation waren demnach nicht geplant. Aus Elyséekreisen hieß es, Sarif sei nurfür das Treffen mit Le Drian und nichtals Gipfelgast nach Biarritz eingeladen
Macron zustande gekommen sein und inZusammenhang mit seinen Bemühungenworden. Der Besuch soll auf Initiativevon Frankreichs Staatschef Emmanuel
stehen, die Krise um die Aufkündigungdes Iran-Atomabkommens durch US-Präsident Donald Trump zu entschärfen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte,Sarifs Besuch sei „ein Parallelereignis amgleichen Ort, aber keine G-7-Bewegung“.Man sei sich einig, dass jeder Versuch ei-
ner Deeskalation in dem Atomkonfliktwertvoll sei. „Ich finde es absolut richtig,alles Mögliche auszuloten.“
mit den USA in Biarritz kategorisch aus.Außenamtssprecher Abbas Mussawi er-klärte: „Es wird auf dieser Reise keineDer Iran schloss direkte Gespräche
Treffen oder Gespräche mit der amerika-nischen Delegation geben.“ Trump woll-

te sich in Biarritz zunächst nicht zu Sa-rifs Besuch äußern. Sein FinanzministerSteven Mnuchin wies darauf hin, dass
sich Trump in der Vergangenheit zu Ge-sprächen mit dem Iran bereit erklärt ha-be, „falls der Iran sich hinsetzen und ver-handeln“ wolle. Trumps Regierung hatte
gegen Sarif erst Ende Juli Sanktionenverhängen lassen. Ob Trump seine offi-zielle Zustimmung zur Einladung nachBiarritz gab, blieb zunächst unklar.
Macron und Irans Präsident HassanRuhani hatten zuletzt mehrfach telefo-nisch beraten. Dabei ging es um die Fra-
ten hatten die Spannungen zwischen denUSA und dem Iran deutlich zugenom-ge, wie das Atomabkommen zu rettensein könnte. In den vergangenen Mona-
men. Paris schwebt laut Diplomaten vor,dass die Amerikaner einen Teil ihrerWirtschaftssanktionen gegen den Iranzeitweise aussetzen und es dem Land ge-
statten, eine bestimmte Menge von Öl zuexportieren. Gleichzeitig soll Teheranseine Verpflichtungen aus dem Atomab-
kommen wieder einhalten.stand sonst die Debatte über die Welt-wirtschaft im Zentrum. Kanzlerin AngelaAm Sonntag, dem zweiten Gipfeltag,
Merkel, Frankreichs Präsident und Gast-geber Emmanuel Macron und der briti-sche Premierminister Boris Johnson
wirtschaft auch Schleifspuren in Europawarnten nach Angaben aus Teilnehmer-kreisen, dass die US-Sanktionen gegenChina wegen der Verflechtung der Welt-
hinterließen. Trump hatte als Reaktionauf chinesische Zollerhöhungen die An-

hebung der Abgaben auf Einfuhren ausChina im Wert von 250 Milliarden Dollarvon 25 auf 30 Prozent angeordnet.
vor allem die Rettung der Welthandels-organisation (WTO) gestanden, hieß es.Weil die Trump-Administration Richter-Im Zentrum der Diskussionen habe
stellen nicht nachbesetzt, droht Endedes Jahres der Mechanismus zur Kon-fliktlösung zusammenzubrechen. DieEuropäer argumentieren, dass die WTO
der Durchsetzung gemeinsamer Regelnim Umgang mit der aufstrebenden Su-permacht China eine wichtige Rolle bei
spiele. Trump sieht die multilaterale Or-ganisation kritisch. Doch hat es hier of-fenbar Fortschritte gegeben.

britischen Premiers – vertraten auf demGipfel eine einheitliche Haltung. ItaliensMinisterpräsident Giuseppe ConteDie EU-Vertreter – einschließlich des
warnte vor Protektionismus und forder-te die USA auf, keine Strafzölle gegendeutsche Autos zu verhängen. Trump äu-
China – und bezeichnete die amerika-nisch-chinesischen Spannungen sogarßerte sich entspannt über negative Wir-kungen der neuen US-Sanktionen gegen
als nützlich für den Abschluss eines Frei-handelsabkommens der USA mit Japan.Sowohl er als auch Abe verkündeten eine
Grundsatzeinigung auf einen Vertrag. gig einen britisch-amerikanischen Han-delsvertrag unterzeichnen. Man werdeTrump und Johnson wollen zudem zü-
einen „sehr großen“ Pakt vereinbaren,sagte Trump. „Es gibt riesige Gelegen-heiten für Großbritannien auf dem US-Markt“, fügte der der britische Premier
hinzu. Er räumte allerdings ein, dass dieVerhandlungen schwierig würden. Ungeachtet der Spannungen in vielen
eingekommen, den betroffenen StaatenFragen konnten sich die G-7-Staaten inBiarritz auf einen Gegner einigen: dieFeuer im Amazonasgebiet. Man sei über-
„so schnell wie möglich“ Unterstützungzukommen zu lassen, sagte Macron. Ersprach von einem „internationalen Mo-bilisierungsmechanismus“, über den fi-
nanzielle und technische Hilfe an dieStaaten im Amazonasbecken fließen sol-le. In der ökologisch wichtigen Region lo-
dern Tausende Waldbrände, vor allemBrasilien ist betroffen. RA/AFP/dpaSeite 4

Blitzbesuch – Iran plötzlich
Top-Thema beim G-7-Gipfel
Teherans Außenminister reist überraschend nach Biarritz. Industriestaaten einigen sich auf Hilfe fürAmazonas-Brandgebiete. Europäer warnen Trump vor den Folgen seiner Handelskriegsstrategie

seine G-7-Gipfel-Kollegen in BiarritzImmer ein Gespür für die Kamera: US-Präsident Donald Trump und
DPA/ MICHA

EL KAPPELER

ISSN 0173-8437 198-35ZKZ 7109

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Der britische Premier Boris John-son will einem Medienbericht zu-folge im Falle eines Brexits ohneAbkommen Zahlungen an die EU
kürzen. Sollte es zu einem No-Deal-Brexit kommen, könnteGroßbritannien nur neun statt der
geplanten 39 Milliarden Pfundzahlen, berichtete der Nachrich-tensender Sky News. Die unterseiner Vorgängerin Theresa May
vereinbarte Brexit-Schlussrech-nung verliere im Falle eines fehlen-den Abkommens an Gültigkeit.

Johnson: Weniger Geld anEU bei No-Deal-Brexit?

DDeutschlands deutlich schärfer ausfälltals im Westen, sorgt auf dem Territori-um der alten Bundesrepublik noch im-ass die Kritik an der westli-chen Sanktionspolitik gegen-über Russland im Osten
mer für Erstaunen, bisweilen auch Ent-setzen. Doch mit schlichter Moralisie-rung wird man diesen Konflikt nicht
begreifen, geschweige denn auflösen.Wenn sich die Ministerpräsidentenvon Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thürin-gen und Brandenburg parteiübergrei-
fend eine „Normalisierung“ der Bezie-hungen zu Moskau wünschen, hat dasauch nichts mit dem Wunsch zu tun,der Kanzlerin in Biarritzeins auszuwi-
schen. Diese Regierungschefs haben al-lerdings in den vergangenen Jahren be-griffen, dass sie ostdeutsche Interes-
senpolitik am effektivsten im Chorvortragen. Denn darum geht es zualler-erst: Eine weitere Verschlechterungdes deutsch-russischen Verhältnisses
schadet objektiv den Belangen Ost-deutschlands. Einer der wenigen Vor-teile, die ostdeutsche Betriebe gegen-
über westdeutschen Unternehmennach der Wiedervereinigung hatten,waren ihre Kontakte in den sowjeti-schen Wirtschaftsraum. Aber es geht
nicht nur um Ökonomie, es geht auchum Kultur und Erinnerung, um Verklä-rung – und auch um Angst.Die größte öffentlich ausgetragene
politische Differenz zwischen Ost undWestmacht sich in diesen Tagen amVerhältnis zu Russland fest. Die Sow-
große militärische Gegner, in der DDRwar Russland der große Bruder, mitdem man sich besser nicht anlegenjetunion war für Westdeutschland der
sollte. Dass die Friedliche Revolution1989/90 tatsächlich friedlich blieb, lagdaran, dass die etwa 500.000 in derDDR stationierten Soldaten der Roten
Armeein ihren Kasernen blieben, alsdie Bürger in Leipzig, Berlin, Rostock,Erfurt oder Dresden demokratische
Rechte und Freiheit einforderten. Dieletzten Rotarmisten zogen 1994 ausOstdeutschland ab. Niemand weinteihnen eine Träne nach.
Dennoch wurden sie mit Blumenverabschiedet, keiner warf mit Stei-nen. Die Russen wurden in der DDR
Vor den Russen nahm man sich inAcht. Dazu kommt: Drei ostdeutscheMinisterpräsidenten stehen mittennicht geliebt. Aber auch nicht gehasst.
im Wahlkampf; ohne Übertreibungder bisher schwierigste in der Ge-schichte des wiedervereinigtenDeutschlands. Den größten Applaus
gibt es – parteiübergreifend – immerdann, wenn Dialog und Frieden mitMoskau gepredigt wird.
als unrealistisch. Der regressiv-ängst-lich befeuerten Sehnsucht im Osten,mit dem großen Bruder keinen HändelDas kann man als naiv kritisieren,
zu beginnen, tut das freilich keinen Ab-bruch. Diese Differenz lebt weiter.

KOMMENTAR
Der großeBruder

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CLAUS CHRISTIAN MALZAHN

**D2,80EUROBNr. 198

26.08.19/1/TIBE PKRUEGE1??/DW/DWBE-HP
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Atans Provinz Sindh wegen „kri-mineller Diffamierung“ ver-m 9. Januar 2017 wurdeder Journalist Ahmed JokhioIkhlaquein Pakis-
klagt. Zwei Wochen späterwurde Jokhio, der für die in derSindhi-Sprache erscheinendeWochenzeitung „Saahiti Awaz“
arbeitete, ebenso wie einerseiner Kollegen schuldig ge-sprochen und noch am selben
Tag zu fünf Jahren Haft undeiner Strafe von 50.000 Rupien(281 Euro) verurteilt.Laut Prozessprotokollen und
Medienberichten stand dieVerurteilung der beiden Journa-listen im Zusammenhang miteiner ganzen Serie von Artikeln
und anderen Medienberichtenim Jahr 2015, in denen sie einenBauunternehmer bezichtigten,
einen Friedhof wissentlichentweiht zu haben. Zunächsthieß es zudem noch, Jokhiohabe den Geschäftsmann mit
der Pistole bedroht und ver-sucht, ihn zu erpressen, dochdiese Anschuldigungen wurden
an Beweisen wieder fallen ge-lassen.im Prozessverlauf aus MangelZwei weitere Redakteure von
„Saahiti Awaz“ wurden eben-falls angeklagt, ihnen jedochgelang es, rechtzeitig unter-zutauchen. „Journalisten soll-
ten wegen ihrer Berichterstat-tung niemals ins Gefängnisgeschickt werden“, sagte Ste-
ven Butler vom Committee toProtect Journalists (CPJ). Erfordert von Pakistans Justiz diesofortige Freilassung von Jo-
khio und seinem Kollegen,bislang ohne Erfolg. Pakistan liegt im Pressefrei-heitsindex von Reporter ohne
Grenzen derzeit auf Rang 142von 180 Ländern.

#themallFree
Ikhlaque Ahmed JokhioGETTY IMAGES

LOTTO:Superzahl: Super6: I87 3 8 0 9 1 hre Post an: – 5 Spiel77: 29 – (^9) ohne Gewähr–92 0 5 6 0 3 38 – 42 44 –
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Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser
wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen
uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das
Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der
sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei
uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage,
jede einzelne Zuschrift zu beantworten.
Marion Freisler, die Frau des berüchtig-
ten Präsidenten des nationalsozialisti-
schen Volksgerichtshofs Roland Freisler
bis zu ihrem Tod 1997 eine stattliche
Rente. Diese wurde 1974 sogar um mo-
natlich 400 DM erhöht, weil ihr ver-
storbener Mann auf Grund seiner fach-
lichen Qualifikation im Erlebensfall
nach dem Krieg vermutlich „als Rechts-
anwalt oder Beamter des höheren
Dienstes tätig geworden wäre“. Die
Rechtslage wurde erst nach 1997, 52
Jahre nach Kriegsende, durch eine No-
velle geändert, als kaum noch jemand
davon betroffen war. Der gleiche Geist
herrschte auch in der Rechtsprechung
schon lange vor Filbingers Sentenz, dass
heute nicht Unrecht sein könne, was
damals Recht war. Nicht gegen einen
einzigen NS-Richter ist ein Urteil wegen
Rechtsbeugung ergangen. Erst am 16.
November 1995, als der letzte Betroffe-
beugung ausdrücklich oder implicite
rechtskräftig geahndet worden sind“.
Und jetzt diese Einbürgerungspraxis,
fffür die ich mich als früherer Leiter desür die ich mich als früherer Leiter des
Einbürgerungsreferats im Innenminis-
terium BW schäme. Ralph Giordano
hatte Recht, als er einem seiner zahlrei-
chen Bücher den Titel gab „Die zweite
Schuld oder Von der Last ein Deutscher
zu sein.“
RAINER GRELL, LEITENDER MINISTERIALRAT
A.D., STUTTGART
Ein ganz Großer
Zu: „Das ist ihre Natur“
vom 24. August
Ich halte Josef Reichholf, diese zierliche
und zurückhaltende Gestalt, im deut-
schen Naturschutz für den Wort- und
Wirkungsmächtigsten. Seine Bücher
sind für mich ähnlich prägend und er-
hellend wie die des international so
geschätzten und deutlich älteren E.O.
Wilson. Nicht zufällig kommen sie zu
den gleichen Ergebnissen, nämlich nicht
Natur ohne Mensch, sondern Mensch
MIT UND INder Natur zu begreifen. Nur
ein Naturschutz MITden Menschen hat
üüüberhaupt Zukunft und ist der Politikberhaupt Zukunft und ist der Politik
vermittelbar, die eben diesen Konflikt
der Gesellschaft überall zu lösen hat. Da
möge die Mehrzahl der Naturschützer
in den Verbänden über Reichholf als
liebenswürdigen Naturonkel lästern,
dem der Mumm fehle, scharfe Verbote
von der Politik einzufordern. Für mich
ist er wegweisend. Und ganz nebenbei:
Niemand geißelt unsere Agrar- und
Forstpolitik so fundiert und messer-
scharf wie Reichholf. Danke!!
WILHELM BODE, STRALSUND
LESERBRIEFE
ne entweder gestorben oder haftunfähig
war, rechnete der 5. Strafsenat des BGH
mit der nazifreundlichen Rechtspre-
chung der Nachkriegszeit ab: „Die Er-
kenntnis, daß eine Todesstrafe nur dann
als nicht rechtsbeugerisch anzusehen
ist, wenn sie der Bestrafung schwersten
Unrechts dienen sollte, hätte in einer
Vielzahl von Fällen zur Verurteilung von
Richtern und Staatsanwälten des na-
tionalsozialistischen Gewaltregimes
ffführen müssen. Derartige Verurtei-ühren müssen. Derartige Verurtei-
lungen gibt es trotz des tausendfachen
Missbrauchs der Todesstrafe, nament-
lich in den Jahren 1939-1945, nur in sehr
geringer Zahl“. Noch deutlichere Worte
fffand der Würzburger Professor Günterand der Würzburger Professor Günter
Spendel im Leipziger Kommentar zum
Strafgesetzbuch (10. Aufl. 1988): „Es ist
eine Bankrotterklärung der Rechtspre-
chung, wenn die vielen rechtswidrigen
Todesurteile nur selten als Rechts-
Der alte Ungeist
Zu: „Heute gilt meine Familie als
nicht mehr jüdisch genug“
vom 26. August
Henryk M. Broder hat in seiner Lauda-
tio anlässlich der Verleihung der Lud-
wig-Börne-Medaille an Marcel Reich-
Ranicki im Juni 2010 gesagt: „Sie und
ich, wir alle leben in einem Deutsch-
land, in dem tote Juden über alles ge-
liebt, während die überlebenden und
ihre Nachkommen als Störer empfun-
den werden.“ Dies zeigt sich erneut
beim bürokratischen Vollzug des Ar-
tikels 116 des Grundgesetzes. Es scheint
immer noch der gleiche Geist zu herr-
schen, wie ihn Christian Pross in sei-
nem Buch „Wiedergutmachung. Der
Kleinkrieg gegen die Opfer“ (2001)
beschrieben hat. Gleichzeitig erhielt
V
or 26 Jahren, im Februar 1993,
erschien im „Spiegel“ ein Essay
des Schriftstellers Botho Strauß.
Unter dem irrlichternden Titel „An-
schwellender Bocksgesang“ sah Strauß
Konflikte heraufziehen, „die sich nicht
mehr ökonomisch befrieden lassen; bei
denen es eine nachteilige Rolle spielen
könnte, dass der reiche Westeuropäer
sozusagen auch sittlich über seine
Verhältnisse gelebt hat ...“ Daran hät-
ten auch „Intellektuelle“ ihren Anteil,
die „freundlich zum Fremden (sind),
nicht um des Fremden willen, sondern
weil sie grimmig sind gegen das Unsere
und alles begrüßen, was es zerstört ...“
Heute würden solche Sätze ihren Urhe-
ber als „Rechtspopulisten“ entlarven.
Der „anschwellende Bocksgesang“
freilich geht weiter. Er hat nur einen
anderen Namen: „Eskalierende Hoch-
zeitskorsos“.
Die Polizei in Nordrhein-Westfallen
wurde zwischen dem 1. April und dem



  1. August dieses Jahres 266 Mal zu
    Einsätzen gerufen, bei denen „Hoch-
    zeitsfeiern“ in Gestalt von Autokorsos


befriedet werden mussten. In einer
Lageanalyse, die gerade bekannt wur-
de, behauptet nun der zuständige LKA-
Abteilungsleiter, die Korsos hätten
nichts mit den Feiern zu tun, sie seien
vielmehr „eine übersteigerte Männlich-
keitsinszenierung“, das „Bekunden von
Patriotismus“, oder auch „das Demons-
trieren von Macht und Einfluss“. Au-
ßerdem wären sie nicht nur in einem
speziellen Milieu beliebt, in einem Fall
hatte „nur einer von elf Tatverdächti-
gen die türkische Staatsangehörigkeit“.
Es gäbe auch eine Anzeige gegen den
Chef eines Rockerclubs, der es „in
Hagen ordentlich krachen ließ“.
Das wiederum ist empirische Sozial-
forschung auf höchstem Niveau. Man
stellt die Staatsangehörigkeit der Betei-
ligten fest. Die Statistik will es so. Auf
dem langen Weg vom „anschwellenden
Bocksgesang“ zu „eskalierenden Hoch-
zeitskorsos“ kommt es maßgeblich auf
„kulturelle Sensibilität“ an. „Das Fah-
ren im Konvoi ohne Überschreiten von
Verkehrsregeln oder das gelegentliche
Hupen als Ausdruck überschwänglicher
Freude lösen in der Regel keine polizei-
lichen Maßnahmen aus“, stellte der
LKA-Abteilungsleiter klar.
So sieht die Null-Toleranz-Strategie
der Polizei aus. Und wenn mal zu viel
gehupt wird, kommt die Polizei und
verteilt Knöllchen.

Anschwellender Hupgesang


PLATZ DER REPUBLIK


HENRYK M. BRODER

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