Die Welt - 27.08.2019

(Michael S) #1

A


usdem günstigen Zeit-
punkt seines Vorstoßes
macht Thorsten Schäfer-
Gümbel keinen Hehl. Es ist
eine Woche vor den Land-
tagswahlen in Sachsen sowie Branden-
burg, und der kommissarische Partei-
chef der SPD stellt ein neues Konzept
zur Einführung einer Vermögensteuer
vor. Eine solche gibt es in Deutschland
seit 1997 nicht mehr, nachdem das Bun-
desverfassungsgericht die ursprüngli-
che Reglung für ungültig erklärt hatte.
Nun, am Montag vor den Wahlen, prä-
sentiert das Parteipräsidium ein Steu-
ermodell, das Vermögende stärker be-
lasten soll.

VON RICARDA BREYTON UND PHILIP KUHN

Man habe daran seit 2017 gearbeitet,
sagt Schäfer-Gümbel in einem Presse-
gespräch. Seine Partei habe damals ent-
schieden, das Thema ausführlich in ei-
ner Arbeitsgruppe anzugehen und ein
Konzept beim nächsten Bundespartei-
tag Ende 2019 vorzustellen. Auf die Fra-
ge eines Journalisten, ob die Landtags-
wahlen im Osten für das Datum der
Veröffentlichung eine Rolle spielten,
reagiert er unverblümt. „Natürlich
spielen Wahlen immer eine Rolle“, sagt
Schäfer-Gümbel. „Es ist einfach so,
dass die Aufmerksamkeit für Politik
dann höher ist.“
Diese Aufmerksamkeit braucht die
SPD dringend. Zwar sind die Umfrage-
werte der Partei zuletzt etwas gestie-
gen, doch verglichen mit früher sind sie
weiterhin dürftig. Gerade einmal 15 Pro-

zent erreicht die SPD noch auf Bundes-
ebene. Der Vorschlag einer Vermögen-
steuer berühre „einen substanziellen
Teil unseres Profils“, sagt Schäfer-Güm-
bel. Die SPD, der viele Wähler vorwer-
fen, keine klar erkennbare Programma-
tik zu haben, will linker werden. Es ist
eine Kampfansage an die Union, mit der
die SPD auf Bundesebene koaliert und
die eine Vermögensteuer strikt ablehnt.
Und zugleich eine Annäherung an die
Linkspartei, die zeitgleich ganz ähnliche
Vorschläge diskutiert.
Das Eckpunktepapier der SPD sieht
vor, „besonders reiche Teile der Bevöl-
kerung“ stärker in die Pflicht zu neh-
men. Sie sollen künftig ein Prozent Ver-
mögensteuer zahlen, bei besonders gro-
ßen Vermögen seien auch „1,5 Prozent“
denkbar, erläutert Schäfer-Gümbel.
Wer zu den Reichen und besonders Rei-
chen gehöre, konkretisiert er nicht. Das
Papier sieht aber „hohe Freibeträge“
vor, damit nicht Menschen mit kleinen
Vermögen betroffen wären. Außerdem
soll es für Betriebsvermögen „Verscho-
nungsregeln im Krisenfall“ geben.
Bei der Vermögensteuer handele sich
um ein „wirkliches Gerechtigkeitsthe-
ma“, sagt Schäfer-Gümbel. Die 45
reichsten Familien in Deutschland besä-
ßen so viel wie die Hälfte der Bevölke-
rung. Das sorge für ein ausgeprägtes
„Ungerechtigkeitsgefühl“. Es bestün-
den außerdem hohe Investitionsbedar-
fe, die finanziert werden müssten.
Durch die Vermögensteuer erhoffe sich
die SPD Steuereinnahmen von etwa
zehn Milliarden Euro im Jahr.
Mit ihrem Plänen setzen sich die So-

zialdemokraten über den Koalitionsver-
trag hinweg, der eine Erhöhung der
Steuerbelastung nicht vorsieht. Das
Projekt sei „nicht auf den aktuellen Ko-
alitionsvertrag gerichtet“, stellt Schä-
fer-Gümbel dann auch klar. Offenbar
plant die Partei schon für die Zeit nach
der großen Koalition. Schon zuvor hat-
ten mehrere Spitzenfunktionäre er-
klärt, sich künftig auch ein Bündnis mit
Linkspartei und Grünen vorstellen zu
können, darunter die rheinland-pfälzi-
sche Ministerpräsidentin Malu Dreyer
und SPD-Generalsekretär Lars Kling-
beil. Die Einführung einer Vermögen-
steuer, die laut Schäfer-Gümbel „ein-
mütig“ vom Parteipräsidium beschlos-
sen wurde, könnte ein wichtiger Bau-
stein werden für ein künftiges rot-rot-
grünes Projekt.
Denn auch die Linkspartei denkt der-
zeit über ein neues Steuerkonzept nach,
das vor allem Vermögende zur Kasse
bittet. Die Partei fordert, jährlich 120
Milliarden Euro in die öffentliche Da-

seinsvorsorge und Infrastruktur zu in-
vestieren. Außerdem soll der Kampf ge-
gen den Klimawandel mit jährlich 20
Milliarden Euro gefördert werden. Das
Geld für diesen „Zukunftsfonds für so-
zial-ökologische Konversion“, wie die
Linke das Projekt umständlich nennt,
sollen „reiche Menschen und große
Konzerne“ aufbringen. Sie seien es, die
überproportional hohe Klimaschäden
verursachten und von der Ausbeutung
von Ressourcen profitierten.
Entsprechend aufmerksam beobach-
tet man die Pläne der SPD. Schon am
Sonntag hatte sich Fraktionschefin Sah-
ra Wagenknecht in einer E-Mail an ihre
Unterstützer erfreut über die Vorschlä-
ge der Sozialdemokraten gezeigt. „Das
Problem ist daran nur: Mit wem will sie
das umsetzen? Mit der Union wird das
definitiv nichts.“ Es sei an Zeit, Schluss
zu machen mit der großen Koalition
und Mut zu zeigen „für eine sozial ge-
rechte Steuer- und Finanzpolitik“. Ne-
ben der Einführung der Vermögensteu-
er müssten auch hohe Erbschaften stär-
ker besteuert werden.
Am Montag lobte auch Linke-Chefin
Katja Kipping die Vorstöße der SPD. Es
sei gut, wieder stärker über eine Be-
steuerung von Vermögen nachdenken,
sagte sie auf einer Pressekonferenz in
Berlin. Deutschland sei Schlusslicht in
der Euro-Zone, was die Vermögensbe-
steuerung anbelange. „Die Ungleichheit
bei den Vermögen ist in Deutschland
besonders groß im Vergleich zu anderen
Industriestaaten“, sagte Kipping. „Wir
hoffen sehr, dass die Einsatzbereit-
schaft der SPD für eine Vermögensbe-

steuerung nach den Wahlen genauso
groß ist wie vor den Wahlen“, sagte Kip-
ping mit Blick auf die Landtagswahlen
in Sachsen und Brandenburg. „Wir
brauchen eine wirkliche Millionärssteu-
er, nicht eine Vorwahlankündigungs-
steuer der SPD.“
Die Pläne seien zudem zu zaghaft.
„Die geplanten zehn Milliarden Euro
fffüllen ja gerade die Lücke, die die Teil-üllen ja gerade die Lücke, die die Teil-
abschaffung des Solis einreißt“, kriti-
sierte sie das Programm. Dadurch habe
man also keinen „Euro mehr für not-
wendige Investitionen in Bildung,
Breitband, Bus oder Bahnverkehr“. Die
Linke plant eine Besteuerung von fünf
Prozent oberhalb jedes Euros über ei-
ner Million Euro. „Beim ersten Euro
oberhalb einer Million Euro muss man
also tapfer sein“, sagte Kipping. Natür-
lich könne es Härtefallregeln geben.
Dadurch dürften jedoch keine Steuer-
Schlupflöcher entstehen. Doch auch
sie signalisierte Offenheit für eine Ko-
operation mit der SPD. „Wir werden
mit allen zusammenarbeiten, die sich
fffür mehr Steuergerechtigkeit einset-ür mehr Steuergerechtigkeit einset-
zen und dafür, dass niedrige und mitt-
lere Einkommen entlastet werden“,
sagte Kipping.
Olaf Scholz, Bundesfinanzminister
und aussichtsreicher Kandidat für den
SPD-Bundesvorsitz, hat sich ebenfalls
bereits offen gezeigt für ein rot-rot-grü-
nes Bündnis. Die politische Landschaft
in Deutschland sei „bunt geworden“,
sagte er den Zeitungen der Funke-
Gruppe vor Kurzem. Das Konzept der
SPD zur Vermögensteuer hat er maß-
geblich mitentwickelt.

Die SPD stellt ihre Pläne für eine Vermögensteuer vor. Die Linke begrüßt das Vorhaben. Es könnte ein Baustein


für eine künftige Zusammenarbeit auf Bundesebene sein


PICTURE ALLIANCE / GEISLER-FOTOPRESS/ MATTHIAS WEHNERT; JAKOB HOFF; MONTAGE: DIE WELT/ TOM UECKER

Rot-rote


Annäherung


in Zeiten des


Wahlkampfs


NATÜRLICH SPIELEN


WAHLEN IMMER


EINE ROLLE


THORSTEN SCHÄFER-GÜMBEL
kommissarischer SPD-Vorsitzender

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27.08.19 Dienstag, 27. August 2019DWBE-HP



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4 POLITIK *DIE WELT DIENSTAG,27.AUGUST


druck hinterlassen. Das wollte ich aus-
drücklich sagen. Mit sehr präzisen, gu-
ten Vorschlägen. Ich habe da ein echtes
alternatives Konzept empfunden.“ Es
war nicht ganz klar, ob Senftleben stolz
darauf war oder doch eher peinlich be-
rührt. Mehr als ein schüchternes „Dan-
ke dir“ war jedenfalls nicht von ihm zu
vernehmen.
Die Szene war durchaus bezeichnend.
Ohne den Gast aus Bayern wäre die Ver-
anstaltung in der sächsischen Landes-
hauptstadt arg trocken und ohne jeden
politischen und emotionalen Höhe-
punkt verlaufen. Söder übernahm quasi
für einen Tag die Wahlkampfführung im
Osten. Denn eine andere tat genau dies
nicht: Kramp-Karrenbauer. Die CDU-
Chefin brachte es nicht fertig, ihre bei-
den Kandidaten, Kretschmer und Senft-
leben, in den Vordergrund zu rücken.
Noch nicht einmal sich selbst wollte sie
so eindeutig positionieren, dass klar ge-
worden wäre, welche Botschaft von die-
sem Treffen eigentlich ausgehen sollte.
Zwar bekräftigte Kramp-Karrenbau-
er noch einmal, dass die schwarze Null

E


rhat ihn über den Schellenkönig
gelobt“, sagen Bayern, wenn sie
ein etwas dick aufgetragenes,
fast peinliches Lob mitbekommen ha-
ben. Genau ein solches hatte Bayerns
Ministerpräsident und CSU-Chef Mar-
kus Söder am Montag Ingo Senftleben,
dem Spitzenkandidaten der Branden-
burger CDU, verpasst. Söder meinte
nach der gemeinsamen Klausurtagung
der Präsidien von CDU und CSU in
Dresden offensichtlich, dass Senftle-
ben, der neben ihm, CDU-Chefin An-
negret Kramp-Karrenbauer und Sach-
sens Ministerpräsident Michael
Kretschmer auf der Bühne stand, bis-
her viel zu wenig in Szene gesetzt wor-
den war.

VON THOMAS VITZTHUM

Also begann er, ihn plötzlich aus hei-
terem Himmel über den Schellenkönig
zu loben. Man habe ja bisher nicht so
viel miteinander zu tun gehabt, sagte er
bei der Pressekonferenz an ihn ge-
wandt. „Sie haben einen sehr guten Ein-

für die CDU nicht zur Disposition ste-
he. Doch derartige Beteuerungen hatte
sie nach einer missverständlichen Äu-
ßerung vor zehn Tagen, die genau da-
ran Zweifel säten, zuletzt öfter ge-
macht. Das war also nichts Neues. Und
es dürfte im Osten keinen zögernden
Wähler dazu bringen, sein Kreuz am
kommenden Sonntag bei den Christde-
mokraten zu machen. Ansonsten schil-
derte die CDU-Chefin einfach, welche
Experten als Gäste da waren und wie
sie sich einließen; als bekämen politi-
sche Entscheidungen damit eine grö-
ßere Legitimation. Generell sei es bei
den Diskussionen um Sicherheit und
Wirtschaft gegangen.
Da fielen dann Sätze wie dieser: „Das
Sicherheitsthema hat nochmals vor
Augen geführt, wie facettenreich der
Komplex ist – womit etwa Polizistin-
nen und Polizisten konfrontiert sind;
dass mit Blick auf Hasskriminalität im
Internet und Aktivitäten im Darknet
neue Straftatbestände erforderlich
sind, um rechtsextremistische und
linksextremistische Agitation im Netz

mit den Mitteln des Rechtsstaates zu
bekämpfen.“ Kramp-Karrenbauer hät-
te auch einfach sagen können: Wir
brauchen neue Straftatbestände gegen
Hass im Internet.
Gefragt, wie sie zu den Plänen der So-
zialdemokraten stehe, wieder eine Ver-
mögensteuer einzuführen, leistete sie
sich sogar einen Schreckmoment. „Die
Sozialdemokraten schauen auf die Zu-
kunft“, sagte sie also zunächst. Mancher
hatte sich da schon an ihren Lapsus
beim Werkstattgespräch Migration vor
einem halben Jahr erinnert, als sie statt
von Christdemokraten von Sozialdemo-
kraten sprach. Diesmal bekam sie noch
die Kurve: „... und geben Antworten, die
schon in der Vergangenheit nicht funk-
tioniert haben. Und wir schauen auf die
Zukunft und geben Antworten, die für
die Zukunft passen.“ Reichlich verquast
war diese Absage an die Vermögensteu-
er gleichwohl. Anders bei Söder: „Ver-
mögensteuer machen wir nicht.“ Dage-
gen forderte er: „Wir brauchen eine
Steuerreform, die Mitte und Mittel-
stand entlastet.“

Kramp-Karrenbauer ist nach ihren
Patzern in den vergangenen Wochen of-
fenbar unsicher geworden. Zuletzt hat-
te sie Spekulationen über einen Partei-
ausschluss von Ex-Verfassungsschutz-
präsident Hans-Georg Maaßen beför-
dert, was im Osten gar nicht gut ankam.
Einer Frage dazu, wie sie dessen Rück-
zug aus dem sächsischen Landtagswahl-
kampf bewerte, wich sie in Dresden aus.
Generell formuliert sie inzwischen sehr
vorsichtig, länglich, etwaige politische
Pläne werden noch häufiger als früher
zu Fragestellungen abgeschwächt.
Wenige Tage vor den Wahlen lässt sie
Kämpfergeist, Angriffslust und Mut ver-
missen. So überrascht es nicht, dass sie
zur AfD, immerhin die Hauptkonkur-
renz der CDU in Brandenburg und
Sachsen, nichts sagt. Söder scheut die
Konfrontation hingegen nicht. „Zu viele
Parteien beschäftigen sich nur mit dem
Gestern“, sagte er. „AfD und andere re-
den nur, wie es mal hätte sein können.
Wir müssen optimistisch an Probleme
rangehen, nicht ängstlich.“ Dieser letz-
te Satz ist offenbar Söders Grundemp-

fehlung für den Wahlkampfendspurt im
Osten. Denn dem bayerischen Minister-
präsidenten ist zu viel Verzagtheit bei
der CDU am Werk.
Als Aufbruchsignal wollte er auch sei-
nen Vorschlag verstanden wissen, schon
bis zum Jahr 2030 anstatt, wie im Koh-
lekompromiss vorgesehen, erst bis 2038
aus der Kohle auszusteigen. Doch damit
setzte er sich nicht gegen die CDU
durch. Kramp-Karrenbauer, aber auch
Kretschmer machten in Dresden deut-
lich, dass es bei 2038 bleibe. Söder tat
ihnen den Gefallen, dazu nichts zu sa-
gen. Er fügte sich offenbar.
Mit dem Ausstiegsbeschluss, der
nun bald in Gesetzesform gegossen
werden soll, muss aber ein Struktur-
wandel einhergehen. Söder hat dafür
schon Vorschläge gemacht, er erneuer-
te sie in Dresden. Er wolle „Sonderre-
gionen etablieren, Behördenverlage-
rungen machen“. Bei Kramp-Karren-
bauer klang das wiederum nicht ganz
so eindeutig: „Sonderwirtschaftszonen
haben etwas mit der Frage des Struk-
turwandels zu tun.“

Söder übernimmt die Wahlkampfführung für den Osten


Auf den letzten Metern vor den Landtagswahlen wirkt die CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer gehemmt und unsicher. Der bayerische Ministerpräsident muss einspringen


MITTELMEER


Deutsches Schiff


nimmt Migranten auf


Das deutsche Rettungsschiff „Eleono-
re“ hat rund 100 Migranten auf dem
Mittelmeer aufgenommen. Die Men-
schen seien am Montag gerettet wor-
den, während ihr Boot am Sinken
gewesen sei, sagte Axel Steier, Spre-
cher der Dresdner Hilfsorganisation
Mission Lifeline, die die „Eleonore“
unterstützt. Eigner und Kapitän ist
der Deutsche Claus-Peter Reisch. „Ich
bin sehr froh, dass wir alle Menschen
retten konnten. Es war buchstäblich
in letzter Sekunde“, twitterte Reisch.
Die „Eleonore“ ist ein Sportboot, das
als Motorjacht unter deutscher Flagge
fffährt. Seit Samstag war es in derährt. Seit Samstag war es in der
Such- und Rettungszone vor der liby-
schen Küste, wo Hilfsorganisationen
immer wieder Migranten von see-
untauglichen Booten retten und nach
Europa bringen.

RUSSLAND


Radioaktive Isotope bei


Explosion freigesetzt


Bei der Explosion eines Raketenmotors
in Nordrussland sind nach Angaben
des Wetterdienstes kurzzeitig radio-
aktive Isotope ausgetreten. Die Behör-
de habe nach dem Vorfall bei Messun-
gen Strontium 91, Barium 139, Barium
140 und Lanthan 140 mit einer kurzen
Halbwertzeit in der Region Archan-
gelsk nachgewiesen, teilte der russi-
sche Wetterdienst Rosgidromet mit.
Die Strahlenbelastung sei wieder auf
ein normales Niveau zurückgegangen.
Anfang August war es im russischen
Militärhafen Sewerodwinsk zu einer
Explosion gekommen, bei der sieben
Menschen starben. US-Spezialisten
vermuteten, dass Russland in dem
Hafen an einer neuen atomar getriebe-
nen Rakete arbeitet.

NEW YORK


Flaue Winde verzögern


Gretas Ankunft


Die schwedische Klimaaktivistin Greta
Thunberg wird auf ihrer Segelreise
über den Atlantik erst später als von
ihr erwartet in New York eintreffen.
Derzeit sieht es nach einer Ankunft am
Mittwochabend oder gar erst Donners-
tagmorgen (Ortszeit) aus. Zuvor hatte
Thunberg getwittert, kräftiger Wind
treibe die Rennjacht „Malizia“ stark
voran, weshalb sie und ihre Mitreisen-
den davon ausgingen, bereits am
Dienstagnachmittag oder -abend im
Hafen North Cove Marina in Manhat-
tan anzukommen. Mittlerweile erwar-
tet das Team auf der „Malizia“ jedoch
abnehmende Winde. Hinzu kommen
drei weitere Faktoren: Zum einen muss
die Rennjacht noch den Hudson River
bis zum Hafen hochfahren, was etwa
zwei Stunden dauern dürfte. Zum an-
deren hat das Boot einen Tiefgang von
knapp fünf Metern, weshalb es nur
zwei Stunden vor und zwei Stunden
nach Hochwasser einfahren kann. Au-
ßerdem hat der US-Zoll nachts ab 22
Uhr geschlossen.

KOMPAKT


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