Die Welt Kompakt - 27.08.2019

(Nora) #1

POLITIK DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,27.AUGUST2019 SEITE 4


nochmals vor Augen geführt, wie
facettenreich der Komplex ist –
womit etwa Polizistinnen und
Polizisten konfrontiert sind; dass
mit Blick auf Hasskriminalität im
Internet und Aktivitäten im Dar-
knet neue Straftatbestände er-
forderlich sind, um rechtsextre-
mistische und linksextremisti-
sche Agitation im Netz mit den
Mitteln des Rechtsstaates zu be-
kämpfen.“ Kramp-Karrenbauer
hätte auch einfach sagen können:
Wir brauchen neue Straftatbe-
stände gegen Hass im Internet.
Gefragt, wie sie zu den Plänen
der Sozialdemokraten stehe, wie-
der eine Vermögensteuer einzu-
führen, leistete sie sich sogar ei-
nen Schreckmoment. „Die Sozi-
aldemokraten schauen auf die
Zukunft“, sagte sie also zunächst.
Mancher hatte sich da schon an
ihren Lapsus beim Werkstattge-
spräch Migration vor einem hal-
ben Jahr erinnert, als sie statt
von Christdemokraten von Sozi-
aldemokraten sprach. Diesmal
bekam sie noch die Kurve: „...
und geben Antworten, die schon
in der Vergangenheit nicht funk-
tioniert haben. Und wir schauen
auf die Zukunft und geben Ant-
worten, die für die Zukunft pas-
sen.“ Reichlich verquast war die-
se Absage an die Vermögensteuer

E


rhat ihn über den Schel-
lenkönig gelobt“, sagen
Bayern, wenn sie ein et-
was dick aufgetragenes, fast
peinliches Lob mitbekommen
haben. Genau ein solches hatte
Bayerns Ministerpräsident und
CSU-Chef Markus Söder am
Montag Ingo Senftleben, dem
Spitzenkandidaten der Branden-
burger CDU, verpasst. Söder
meinte nach der gemeinsamen
Klausurtagung der Präsidien von
CDU und CSU in Dresden offen-
sichtlich, dass Senftleben, der
neben ihm, CDU-Chefin Anne-
gret Kramp-Karrenbauer und
Sachsens Ministerpräsident Mi-
chael Kretschmer auf der Bühne
stand, bisher viel zu wenig in
Szene gesetzt worden war.

VON THOMAS VITZTHUM

Also begann er, ihn plötzlich
aus heiterem Himmel über den
Schellenkönig zu loben. Man ha-
be ja bisher nicht so viel mitei-
nander zu tun gehabt, sagte er
bei der Pressekonferenz an ihn
gewandt. „Sie haben einen sehr
guten Eindruck hinterlassen. Das
wollte ich ausdrücklich sagen.
Mit sehr präzisen, guten Vor-
schlägen. Ich habe da ein echtes
alternatives Konzept empfun-

den.“ Es war nicht ganz klar, ob
Senftleben stolz darauf war oder
doch eher peinlich berührt. Mehr
als ein schüchternes „Danke dir“
war jedenfalls nicht von ihm zu
vernehmen.
Die Szene war durchaus be-
zeichnend. Ohne den Gast aus
Bayern wäre die Veranstaltung in
der sächsischen Landeshaupt-
stadt arg trocken und ohne jeden
politischen und emotionalen Hö-
hepunkt verlaufen. Söder über-
nahm quasi für einen Tag die
Wahlkampfführung im Osten.
Denn eine andere tat genau dies
nicht: Kramp-Karrenbauer. Die
CDU-Chefin brachte es nicht fer-
tig, ihre beiden Kandidaten,
Kretschmer und Senftleben, in
den Vordergrund zu rücken.
Noch nicht einmal sich selbst
wollte sie so eindeutig positio-
nieren, dass klar geworden wäre,
welche Botschaft von diesem
Treffen eigentlich ausgehen soll-
te.
Zwar bekräftigte Kramp-Kar-
renbauer noch einmal, dass die
schwarze Null für die CDU nicht
zur Disposition stehe. Doch der-
artige Beteuerungen hatte sie
nach einer missverständlichen
Äußerung vor zehn Tagen, die ge-
nau daran Zweifel säten, zuletzt
öfter gemacht. Das war also

nichts Neues. Und es dürfte im
Osten keinen zögernden Wähler
dazu bringen, sein Kreuz am
kommenden Sonntag bei den
Christdemokraten zu machen.
Ansonsten schilderte die CDU-
Chefin einfach, welche Experten
als Gäste da waren und wie sie
sich einließen; als bekämen poli-
tische Entscheidungen damit ei-
ne größere Legitimation. Gene-
rell sei es bei den Diskussionen
um Sicherheit und Wirtschaft ge-
gangen.
Da fielen dann Sätze wie die-
ser: „Das Sicherheitsthema hat

MITTELMEER

Schiff nimmt 100
Migranten auf

Das deutsche Rettungsschiff
„Eleonore“ hat rund 100
Migranten auf dem Mittel-
meer aufgenommen. Die
Menschen seien am Montag
gerettet worden, während ihr
Boot am Sinken gewesen sei,
sagte Axel Steier, Sprecher
der Dresdner Hilfsorganisati-
on Mission Lifeline, die die
„Eleonore“ unterstützt. Eig-
ner und Kapitän ist der Deut-
sche Claus-Peter Reisch. „Ich
bin sehr froh, dass wir alle
Menschen retten konnten. Es
war buchstäblich in letzter
Sekunde“, twitterte Reisch.
Die „Eleonore“ ist ein Sport-
boot, das als Motorjacht un-
ter deutscher Flagge fährt.
Seit Samstag war es in der
Such- und Rettungszone vor
der libyschen Küste, wo Hilfs-
organisationen immer wieder
Migranten von seeuntaug-
lichen Booten retten und
nach Europa bringen.

RUSSLAND

Radioaktive Isotope
freigesetzt

Bei der Explosion eines Rake-
tenmotors in Nordrussland
sind nach Angaben des Wet-
terdienstes kurzzeitig radio-
aktive Isotope ausgetreten.
Die Behörde habe nach dem
Vorfall bei Messungen Stron-
tium 91, Barium 139, Barium
140 und Lanthan 140 mit
einer kurzen Halbwertzeit in
der Region Archangelsk nach-
gewiesen, teilte der russische
Wetterdienst Rosgidromet
mit. Die Strahlenbelastung
sei wieder auf ein normales
Niveau zurückgegangen.
Anfang August war es im
russischen Militärhafen Se-
werodwinsk zu einer Ex-
plosion gekommen, bei der
sieben Menschen starben.

GRETA THUNBERG

Flaue Winde
verzögern Ankunft

Die schwedische Klimaakti-
vistin Greta Thunberg wird
auf ihrer Segelreise über den
Atlantik erst später als von
ihr erwartet in New York
eintreffen. Derzeit sieht es
nach einer Ankunft am Mitt-
wochabend oder gar erst
Donnerstagmorgen (Ortszeit)
aus. Zuvor hatte Thunberg
getwittert, kräftiger Wind
treibe die Rennjacht „Mali-
zia“ stark voran, weshalb sie
und ihre Mitreisenden davon
ausgingen, bereits am Diens-
tagnachmittag oder -abend
im Hafen North Cove Marina
in Manhattan anzukommen.

KOMPAKT


Spitzentreffen der Union in Dresden: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer,
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (v.l.)

Söder übernimmt die


Wahlkampfführung für den


Auf den letzten


Metern vor den


Landtagswahlen


wirkt die


CDU-Chefin


Kramp-Karrenbauer


gehemmt und


unsicher.


Der bayerische


Ministerpräsident


muss einspringen

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