Die Welt Kompakt - 27.08.2019

(Nora) #1

G


anz am Ende war An-
gela Merkel wieder in
ihrem Element: „Uns
stehen arbeitsreiche
Wochen ins Haus“, verabschiede-
te Merkel die Presse, nachdem sie
zuvor aufgezählt hatte, woran sie
vorher gearbeitet hatte: eine liby-
sche Friedenskonferenz unter
Führung der Vereinten Nationen,
eine gemeinsame Haltung der G
gegenüber dem Iran, koordinierte
Hilfe für den brennenden Regen-
wald im Amazonas, ein baldiges
Treffen im Normandie-Format,
um im Ukraine-Konflikt weiter-
zukommen, und – übrigens – dem
US-Präsidenten habe sie vorge-
schlagen, einmal eine Wirt-
schaftskonferenz für kleine und
mittlere Unternehmen in
Deutschland auszurichten. Die
Weltpolitik als Ansammlung von
Tausenden von Schräubchen, an
denen man mit viel Fleiß und gro-
ßer Vorsicht immer wieder dre-
hen muss.
Deutschland hat sich an die
Methode Merkel gewöhnt. Aber
auf diesem G-7-Gipfel fiel so
deutlich wie lange nicht mehr
auf, dass Weltpolitik anderswo
anders geht: mit großen Gesten,
überraschenden Einladungen,
mit Risiko und Pathos. Davon gab

es beim Gipfel im französischen
Biarritz reichlich: Der Gastgeber,
Emmanuel Macron, und sein
schwierigster Gast, Donald
Trump, führten einen dreitägigen
Paartanz auf, indem sie von Nähe
zu Distanz und wieder zu Nähe
wechselten, nicht ohne einander
ständig der gegenseitigen Begeis-
terung zu vergewissern.

VON ROBIN ALEXANDER
AUS BIARRITZ

Eine ganz große Show, in der
für die deutsche Kanzlerin nur
eine Nebenrolle vorgesehen war:
Merkel interpretierte sie als
amüsierte Zuschauerin, die fast
spöttisch den Tanz der großen
Egos zu verfolgen schien. Bis
Trump sie am Montagmorgen
doch noch hineinzog. Ein „Bilate-
ral“ – also ein Gespräch zwischen
zwei Ländern am Rande des Gip-
fels – war angekündigt, wurde
einmal verschoben und fand
dann gegen elf Uhr doch noch
statt. Das Besondere: Die eigent-
lich nur für Auftaktbilder und als
Zeuge weniger Begrüßungsworte
dazugebetene Begleitpresse blieb
mehr als 20 Minuten im Raum
und erlebte einen sehr redseligen
US-Präsidenten.

6 POLITIK DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,27.AUGUST


FLÜCHTLINGSRETTUNG


Rackete spricht auf


Kapitänstag


Die Sea-Watch-Seenotretterin
Carola Rackete kommt am 6.
September zum 55. Bremer
Kapitänstag. Die 31-Jährige
aus Niedersachsen werde die
sogenannte Kapitänsrede
halten. Damit solle aber nicht
Stellung bezogen werden im
Streit über die Rettung schiff-
brüchiger Flüchtlinge im
Mittelmeer durch Nichtregie-
rungsorganisationen. Das
sagte Christoph Bruns von
der Bremischen Hafenver-
tretung. „Wir haben sie einge-
laden, weil sie für die Qualitä-
ten steht, die ein Kapitän
heute braucht.“ Es gehe um
VVVerantwortung für die Sicher-erantwortung für die Sicher-
heit aller Menschen auf einem
Schiff. Die Kapitänsrede wer-
de immer von einer Kapitänin
oder einem Kapitän mit ei-
nem besonders interessanten
beruflichen Werdegang ge-
halten, sagte Bruns.


LIBANON


Präsident wirft Israel


„Aggression“ vor


Der libanesische Präsident
Michel Aoun hat den angeb-
lichen Einsatz israelischer
Drohnen in der Hauptstadt
Beirut scharf verurteilt. Der
Vorfall sei eine „israelische
Aggression“ und komme einer
„Kriegserklärung“ gleich, teilte
Aoun mit. Diese erlaube es
dem Libanon, von dem Recht
auf Verteidigung seiner Souve-
ränität Gebrauch zu machen.
Der Präsident warnte, Israels
Angriffe ließen die Lage zu-
spitzen. Am Sonntag war im
Süden Beiruts nahe dem Me-
dienbüro der Schiitenmiliz
Hisbollah eine israelische
Drohne abgestürzt, wie ein
Sprecher der Gruppe erklärte.
Eine zweite Drohne sei in der
Luft explodiert. Am Montag
bombardierte eine israelische
Drohne nach libanesischen
Angaben im Osten des Landes
die Basis einer Iran-treuen
Gruppe.


KOMPAKT


Weil er sich morgens um 4.
Uhr in seiner Nachtruhe ge-
stört fühlte, hat ein Anwohner
im Kreis Borken den Fahrer
eines Kühlwagens beim Aus-
laden eingesperrt – der Fahrer
konnte die die Kühlung aber
von innen abstellen. Doch erst
nach 30 Minuten hörte ein
Passant die Hilferufe und be-
freite ihn aus seiner kalten
Gefangenschaft. Gegenüber
der Polizei gab der Anwohner
alles zu, sah sein Handeln laut
Polizei allerdings „als gerecht-
fertigt an“.


SACK REIS


Die Show von Biarritz –


und wo war Merkel?


Auf dem G-7-Treffen dominieren Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und


US-Präsident Donald Trump die Agenda, die Kanzlerin spielt nur eine Nebenrolle.


Am Ende des Gipfels kommt überraschend Bewegung in den Iran-Atomkonflikt


„Familienfoto“ von Biarritz: Justin Trudeau, Melania und Donald Trump, Brigitte und Emmanuel Macron sowie Angela Merkel (v.l.) in der ersten Reihe

AFP

/ LUDOVIC MARIN;

REUTERS

/ CARLOS BARRIA
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