Handelsblatt - 22.08.2019

(ff) #1

Cybersicherheit


Fake News sind die größte Gefahr


Falschinformationen


manipulieren die öffentliche


Meinung. Für Wirtschaft und


Demokratie sind sie ein


wachsendes Risiko, zeigt eine


neue Allensbach-Studie.


Torsten Riecke Berlin


E


rstmals schätzen deutsche
Führungskräfte in Wirtschaft
und Politik gezielte Falschin-
formationen (Fake News) als das
größte Cyberrisiko ein. Drei Viertel
der Befragten sehen hier die meisten
Gefahren. „Rund 40 Prozent der Be-
völkerung halten Fakten inzwischen
für Ansichtssache“, sagt Renate Kö-
cher, Geschäftsführerin des Instituts
für Demoskopie Allensbach in Berlin,
„damit ist der Boden für Fake News
bereitet.“ Allensbach hat zusammen
mit der Beratungsgesellschaft Deloit-
te mehr als 500 repräsentativ ausge-
wählte Topentscheider aus Unterneh-
men und Parlamenten befragt und
daraus den Cybersecurity Report
2019 erarbeitet.
Das Ergebnis deckt sich mit Trends
in anderen Ländern. Nach einer Um-
frage des amerikanischen Pew Re-
search Centers haben Fake News bei
70 Prozent der US-Bürger das Ver-
trauen in die demokratischen Institu-
tionen erschüttert. Grund für dieses
Misstrauen sind unter anderem die
Erfahrungen mit russischen Manipu-
lationsversuchen bei den Präsident-
schaftswahlen 2016.
Vor allem die Parlamentarier se-
hen in dem zunehmenden Einfluss
der sozialen Medien auf die öffentli-
che Meinungsbildung „eher ein Risi-
ko für die Demokratie als eine Chan-
ce“. Ganz konsistent sind die Politi-
ker allerdings nicht: Obwohl zwei


Drittel der Vertreter von SPD und
CDU/CSU die Plattformen von Face-
book, Twitter und Co. als Bedrohung
einstufen, sehen sie die sozialen Me-
dien für die eigene Partei eher als ei-
ne Chance. Die kleineren Parteien
sind weniger skeptisch und verspre-
chen sich mehr vom Einsatz sozialer
Medien. Interessant ist auch,
dass rund ein Viertel der Unterneh-
mensvertreter ebenfalls über Versu-
che berichtet, den Ruf ihrer Firmen
durch Fake News zu schädigen.
Die Cyberrisiken für die deutschen
Unternehmen sind insgesamt weiter
gestiegen. 85 Prozent aller mittleren
und großen Firmen werden regelmä-
ßig aus dem Internet attackiert, 28
Prozent sogar täglich. „Die Frequenz
der Angriffe hat im Vergleich zu den
Vorjahren weiter zugenommen. Bei
rund jedem fünften Unternehmen
haben solche Angriffe bereits spürba-
re – in einigen Fällen sogar massive –
Schäden verursacht“, schreiben die
Autoren der Studie. Die Gefahrenab-
wehr lässt aber immer noch zu wün-

schen übrig. Bei einem Viertel der
befragten Firmen gibt es noch immer
keine systematischen Prozesse zur
Identifikation und Abwehr von Cy -
ber attacken. Die Gefahrenabwehr
müsse „viel systematischer in das Ri-
sikomanagement integriert werden“,
fordert Peter Wirnsperger, Partner
bei Deloitte und Leiter Cyber Risk.
Insbesondere, da die Digitalisierung
durch die Vernetzung der Produktion
(Industrie 4.0) schnell voranschreite.
Zwar ist die Aufmerksamkeit der
Führungskräfte für Cybersicherheit
gestiegen, aber nur weniger als ein
Drittel der befragten Firmenvertreter
beschäftigt sich „intensiv“ mit den Ri-
siken aus dem Internet. Kein Wun-
der, dass 42 Prozent sagen, ihre Fir-
ma sei nur „teilweise“ vorbereitet,
die Folgen von Cyberangriffen einzu-
dämmen.
Einen bessern Schutz versprechen
sich die Führungskräfte von einem
intensiveren Austausch zwischen
Wirtschaft und Politik. Nur neun Pro-

zent der Topmanager kennen die
staatlichen Stellen, die sich um die
Cybersicherheit kümmern. Und um-
gekehrt weiß nur etwa die Hälfte der
Parlamentarier, welche Schutzbe-
dürfnisse die Unternehmen haben.
Rund drei Viertel aller Befragten for-
dern zum Beispiel eine aktivere Ge-
fahrenabwehr durch das Bundesamt
für Sicherheit in der Informations-
technik (BSI). Mehr Schutz verspre-
chen sich die Topentscheider zudem
von einer größeren Unabhängigkeit
in Schlüsseltechnologien.
Fast 90 Prozent der Abgeordneten
und 75 Prozent der Wirtschaftsführer
fordern, dass wichtige Schlüsseltech-
nologien von deutschen oder europäi-
schen Unternehmen hergestellt wer-
den sollten. Aber auch hier liegen
Wunsch und Wirklichkeit weit ausei-
nander: Weniger als zehn Prozent aller
Befragten sehen zum Beispiel für den
Aufbau des neuen Mobilfunkstandards
5G ernsthafte Alternativen zu den An-
bietern aus China und den USA.

Hackerangriffe:
85 Prozent aller
großen und mittleren
Firmen werden
regelmäßig attackiert.

Patrick Lux/Getty Images

Markus Söder


Keine Strafzinsen für


kleine Guthaben


Bayerns Regierungschef


Söder will Strafzinsen auf


kleinere Bankguthaben


verbieten lassen. Bei den


Banken regt sich Widerstand.


B


ayerns Ministerpräsident Mar-
kus Söder will Guthaben von
Kleinsparern vor Strafzinsen
schützen. „Wir werden als Freistaat
Bayern einen Vorstoß im Bundesrat
starten, dass Beträge bis 100 000
Euro grundsätzlich von solchen Straf-
zinsen ausgenommen werden“, sagte
der CSU-Chef der „Bild“-Zeitung. Not-
wendig sei ein gesetzliches Verbot,
dass die Negativzinsen auf Kleinspa-
rer umgelegt würden. Die Banken
müssten ihre Kosten anders ausglei-
chen. Negativzinsen entsprächen
nicht der deutschen Finanzkultur.
„Sparen muss belohnt und darf nicht
bestraft werden“, sagte Söder.
Verbraucherschützer halten wenig
von dem Vorstoß. „Ein Gesetz gegen
Negativzinsen ist gut gemeint, hätte
aber vor allem Symbolcharakter“,
sagte Klaus Müller, Chef des Verbrau-
cherzentrale Bundesverbands der


„Augsburger Allgemeinen“. Die Deut-
sche Kreditwirtschaft, die Interessen-
vertretung der Spitzenverbände von
Banken und Sparkassen, äußerte sich
zunächst nicht. Kreditinstitute im
Euro-Raum müssen aktuell 0,4 Pro-
zent Strafzinsen zahlen, wenn sie
Geld bei der Europäischen Zentral-
bank (EZB) parken. Bislang geben
nur einige wenige Geldhäuser diese
Zinsen an Privatkunden für beson-
ders hohe Guthaben auf dem Giro-
oder dem Tagesgeldkonto weiter.
Kritik kommt aus der Kreditwirt-
schaft. „Es wird für Banken immer
schwerer, bei anhaltenden Negativ-
zinsen eine angemessene Profitabili-
tät im Kundengeschäft sicherzustel-
len“, sagte beispielsweise die Präsi-
dentin des Bundesverbands der
Deutschen Volksbanken und Raiffei-
senbanken (BVR), Marija Kolak. „Ins-
besondere, wenn auf die Weitergabe
der negativen Zinsen im Mengenge-
schäft verzichtet wird.“
Die EZB hatte angedeutet, der Ne-
gativzins könnte verschärft werden.
Damit wollen die Währungshüter die
Kreditvergabe und die schwächelnde
Wirtschaft ankurbeln. dpa

'+' % %% 
!# 



    
  $ !

!# !
 


& %&'% )!  !)') %&'! "'
*%  '% %&'   )%&'' "%% 
(  ' '% +( &'' $


 
 


  

  
    

 " 

 %   !)'!   '&' (
 & ' )%&'' (   (&'%#%' % $
&% (&'(& (&& &'' "%%' *% $

   

 
 
   $


% %( %  !)')  '*!%' ( 
%(&!%%(  ( &%%
' *  * 
(   &&!(%  ##'$  & " 

'%'(#& (  '%  & % $




 




Wirtschaft & Politik
DONNERSTAG, 22. AUGUST 2019, NR. 161
11


Anzeige
Free download pdf