Handelsblatt - 22.08.2019

(ff) #1
US-Präsident Trump:
„Wir schauen uns
verschiedene Steuer-
senkungen an.“

ANNA MONEYMAKER/The New York Times

Katharina Kort, Jan Mallien New York, Frankfurt

W


ir schauen uns verschiedene
Steuersenkungen an.“ Mit die-
sen Worten bestätigte US-Präsi-
dent Donald Trump diese Wo-
che, dass seine Regierung neue
Steuergeschenke erwägt. Sie könnte sowohl die
Lohnsteuer als auch die Steuern auf Kapitalerträge
senken, erklärte Trump.
Die Angst vor der Rezession geht um in den
USA, und Trump will das unter allen Umständen
verhindern. Deshalb hat er diese Woche weitere
Steuersenkungen in Aussicht gestellt, um die Kon-
junktur am Laufen zu halten. Außerdem attackier-
te er erneut die Fed und forderte, dass sie die Zin-
sen schneller senken soll. Die neuen Pläne fallen
in eine Zeit, in der die US-Konjunktur zuletzt eini-
ge Warnsignale gesendet hat. Doch Ökonomen ha-
ben ihre Zweifel, ob die Steuergeschenke der rich-
tige Weg sind.
„Die Diskussion um Steuersenkungen zeigt, dass
sich die US-Regierung Sorgen um die Konjunktur
und um ihre Wiederwahl macht“, kommentiert
der Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner
die jüngsten Überlegungen im Weißen Haus. Tat-
sächlich ist die Konjunktur für Trump im Wahl-
kampf enorm wichtig. Schließlich hängen seine Zu-
stimmungsquoten stark von der wirtschaftlichen
Lage des Landes ab: Wenn die Menschen Jobs ha-
ben und die Börse gut läuft, sind die Amerikaner
eher geneigt, den Präsidenten im Amt zu bestäti-
gen. Wenn sie sich Sorgen um ihre Zukunft machen
oder am Ende des Monats nicht genug Geld übrig
bleibt, könnten sie Trump die Schuld geben und
eher jemand anderes wählen.
Trump muss aber auch aufpassen, dass er nicht
selbst die Angst vor einer Rezession schürt, wenn
er die Konjunktur mit neuen Maßnahmen ankur-
beln will. Wohl auch aus diesem Grund betonte er
diese Woche auch gleichzeitig, dass er sich solche
Steuersenkungen immer wieder anschaue: „Das
Wort Rezession ist unangemessen. Wir sind weit
entfernt von einer Rezession“, sagte Trump.

Nicht die Verbraucher, sondern der
Handelsstreit ist das Problem
Tatsächlich fragen sich auch viele Ökonomen, ob
die Steuergeschenke angemessen sind. „Es scheint
nicht der richtige Zeitpunkt, um so eine Politik
durchzusetzen. Die Verbraucherausgaben scheinen
derzeit ziemlich gut zu laufen“, meint etwa Kyle
Pomerleau, Chefökonom der eher konservativen
Tax Foundation. Wenn man sich die aktuelle Kon-
junkturschwäche anschaue, sei dafür nicht die
mangelnde Nachfrage der Verbraucher verantwort-
lich, sondern eher die fehlenden Investitionen. „Ei-
nige Ökonomen vermuten, dass das vor allem an
dem Handelsstreit und den drohenden Zöllen liegt,
die der Präsident angekündigt hat“, bemerkt Po-
merleau. Auch der Commerzbank-Ökonom Wei-
densteiner sieht momentan keinen Grund dafür,
die Wirtschaft durch weitere Steuersenkungen
oder höhere Ausgaben zu stimulieren.
„Dass sich das US-Wachstum verlangsamt, ist das
Ergebnis des Handelskriegs“, sagt auch Torsten
Slok, Ökonom der Deutschen Bank in New York.
Aus dieser Sicht mache eine milde Steuerstimulie-
rung durchaus Sinn. „Aber sie kommt natürlich
mit den Kosten noch höherer Defizit- und Schul-
denniveaus“, mahnt Slok.
Eine Lohnsteuersenkung würde die Wirtschaft
stimulieren, erklärt Gregory Daco, US-Ökonom bei
Oxford Economics. „Aber eine Reduzierung der
Zölle hätte den gleichen Effekt“, gibt er zu beden-
ken. Mehr Klarheit der Regierung in Handelsfragen
würde Unsicherheiten aus dem Weg schaffen, so-
dass Unternehmen wieder investieren können.
„Wenn man nur ein weiteres Paket zur Konjunktur-
förderung zusammenschnürt, besteht das Risiko,

Zweifel an Trumps


Steuerplänen


Der US-Präsident stellt neue Steuersenkungen in Aussicht und teilt


gegen die Fed aus. Doch Ökonomen warnen, das könne die


Verbraucher verunsichern. Wichtiger sei eine Lösung im Handelsstreit.


Wirtschaft

& Politik

DONNERSTAG, 22. AUGUST 2019, NR. 161
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